John Scalzi: Das Syndrom
Wenn Körper und Geist getrennte Wege gehen
John Scalzi schreibt nicht nur für die digitalen Immigranten. Er ist selber ein Kind des Internets. Er verzahnt seine schriftstellerische Arbeit eng mit seinem Blog und kennt die Memes seines Publikums aus dem Effeff. Er hat mit «Redshirts» eine turbulente Weltallodyssee verfasst, die mit Humor und Liebe zum Detail den «Star Trek»-Kult auf die Schippe nimmt. In «Das Syndrom» (englisch «Lock In») geht er der Frage nach, wie es wäre, wenn sich der Geist vom Körper loslösen und in humanoide Systeme für Telepräsenz versetzt werden könnte – und manche sich gleich in die Agora verabschieden. Das ist eine virtuelle Parallelwelt, so wie das Metaversum aus Neal Stephensons wegweisendem Roman «Snow Crash». Oder die von einem Game-Programmierer geschaffene Oasis in Ernest Clines Liebeserklärung an den Lifestyle der Gamer-Fanboys.
Ausgelöst wird die Trennung von Körper und Geist durch das «Haden-Syndrom». Diese grippeähnliche Krankheit sperrt einen Teil der Patienten in ihrem Körper ein – ohne Möglichkeit zur Interaktion mit der Umwelt. Diese Krankheitsfolge lässt sich nicht beheben, aber dank grosser Forschungsanstrengungen auf technischem Weg überwinden. Die Patienten ersetzen ihre nutzlosen Körper durch die «Threeps»-Roboter. Die Reichen haben auch die Möglichkeit, durch die «Integration» in andere, speziell dafür ausgebildete Menschen zu schlüpfen. Chris Shane, selbst ein Haden-Patient, muss als FBI-Ermittler feststellen, dass die Aufklärung von Morden und Verbrechen gar nicht so einfach ist, wenn Identitäten austauschbar sind.
Scalzi hat von Übervater Heinlein gelernt, dass Technologie in Science-Fiction-Büchern am besten wirkt, wenn sie als selbstverständliche Nebensache behandelt wird.
Heyne-Taschenbuch 2015. 448 Seiten, ca. 15 Fr. Bereits erhältlich ist die englische Originalfassung: Gollancz-Verlag 2014, ca. 29 Fr.