P. Rothfuss: Königsmörder-Chronik
Die geheime poetische Ader der Nerds
Patrick Rothfuss ginge mit seinem grau melierten Rauschebart als Softwareentwickler oder Linux-Guru durch. Er ist keines von beidem, aber er legt gegen die Zuschreibung Nerd auch keinen Widerspruch ein. Und er bedient mit seinen Geschichten ein Genre, das zwar mit Technik nichts zu tun hat, bei den Nerds nichtsdestotrotz hoch im Kurs steht: Fantasy nämlich.
Seine «Kingkiller Chronicle»-Reihe ist bestens geeignet, die Entzugserscheinungen zu lindern, wenn alle Folgen von George R. R. Martins «Das Lied von Eis und Feuer» ausgelesen sind. Abgesehen davon ist die Hauptfigur, die den sperrigen Namen Kvothe trägt, ein Nerd im eigentlichen Wortsinn – also ein Streber, der sich als Waisenkind und Zauberschüler zum viel besungenen Helden aufschwingt. Dazu muss sich Kvothe an der Magier-Uni behaupten, wo er seine Professoren mit besserwisserischen Reden gegen sich aufbringt, sich mit Mitstudenten anlegt und seine Herzensdame Denna mit seinem Flötenspiel bezirzt.
Natürlich erinnert das auch sehr an Joanne K. Rowlings Harry Potter. Allerdings hat es Rothfuss geschafft, sich von seinen Vorbildern zu befreien und ein unverwechselbares Universum zu schaffen – eines, das stark vom Kapitalismus unserer Zeit geprägt ist.
Die Zauberei gründet bei Rothfuss auf physikalischen Regeln. Die Energie, die ein Arkanist für seine Magie aufwendet, muss irgendwoher kommen. Wenn man keine Energiequelle zur Hand hat, zapft man seinen Körper an – was dramatische Wendungen ermöglicht und in Erinnerung ruft, dass alles seinen Preis hat. Das manchmal langatmige Werk hat grossartige poetische Momente und beweist allen Nerds, dass auch introvertierte Helden lernen können, über ihren Schatten zu springen.
1. Teil: Der Name des Windes, Klett-Cotta 2007. 864 S., ca. 36 Fr.; 2. Teil: Die Furcht des Weisen 1 & 2. Klett-Cotta Taschenbuch 2011, 1440 Seiten, ca. 42 Fr.