Immer mehr Aufgaben fallen dem Webbrowser zu

Droht dem Betriebssystem die Bedeutungslosigkeit? Inzwischen gibt es Webdienste für fast alle Einsatzgebiete.

Von Matthias Schüssler

Das Surfprogramm mausert sich zur Universal-Software. Neue Webdienste nehmen sich Aufgaben an, für die bisher das Betriebssystem oder ein Anwendungsprogramm zuständig war. Der Browser ersetzt Office, verwaltet Musik und Fotos, behält den Überblick bei den Dokumenten und ist auch sonst für viele Zwecke gut.

Das geht so weit, dass manche Internetenthusiasten einen Abgesang auf Windows und andere Betriebssysteme anstimmen und das Ende des PC für greifbar halten. Wenn der Browser die Alltagsaufgaben beherrscht, dann kann man statt eines ausgewachsenen Computers auch ein Handy oder eine Spielkonsole benützen.

So weit ist es zwar noch nicht. Die Webanwendungen sind den klassischen Anwendungsprogrammen noch unterlegen. Doch neue Webtechnologien treten an. AIR (Adobe Integrated Runtime) wird, mag man dem Hersteller glauben, die Gräben zwischen Internetanwendung und klassischer Anwendungssoftware zuschütten. Und auch heute gibt es Webdesktops, die beweisen, dass der «Computer im Browser» kein Hirngespinst ist.

EyeOS ist ein Vertreter der Webbetriebssysteme. Es verwaltet nicht nur Dateien und Dokumente, sondern auch Kontakte und Termine. Auch ein Taschenrechner, ein Schach- und ein Mailprogramm sind zur kostenlosen Benutzung vorhanden. Der Office-Bereich bestreiten ein Kalender, eine Textverarbeitung, Präsentation und Tabellenkalkulation. Diese Programme sind, verglichen mit Microsoft Office, rudimentär.
www.eyeos.info

MyBoo hat eine vom Mac inspirierte Oberfläche. Es gibt eine Datenverwaltung, Textverarbeitung, Spiele, Mail, ein Adressbuch und einen Kalender. Das beste ist die Tabellenkalkulation: Sie ist für einfachere Aufgaben bestens geeignet und öffnet auch Excel-Dateien.
www.myBooo.com

Oos erinnert optisch an Windows. Es gibt Startmenü und Taskleiste. Die Stärke ist die Dateiverwaltung, Dokumente lassen sich einfach hochladen.
www.oos.cc

Goowy hat einen optisch ansprechenden Desktop und eine magere Softwareausstattung. Die grösste Stärke von Goowy ist die Dateiverwaltung. Sie wird über den Dienst box.net abgewickelt, bei dem ein Gigabyte gratis ist. Der User kann seine MP3-Dateien auf dem Web-Desktop deponieren und sie via Goowy-Musikplayer an jedem Internet-Computer weltweit abspielen.
www.goowy.com

Jooce ist der Youtube-und MySpace.com-Generation auf den Leib geschnitten: Dieser Dienst verwaltet online Musik und Videos und ermöglicht Kommunikation über Instant Messaging (AIM, ICQ oder MSN Messenger). Daten können online mit «Freunden», das heisst mit anderen Jooce-Benutzern, ausgetauscht werden. Besonders chic: Die anverspielte Oberfläche lockt mit vielen Animationseffekten.
www.jooce.com

Die geballte Office-Power

Desktoptwo führt im Browser die Programme von OpenOffice aus: Diese steht Microsoft Office in nichts nach. Die Onlinenutzung der Büroprogramme ist nicht über jeden Zweifel erhaben – mitunter dauert der Start lange. Der zweite negative Punkt ist die permanent auf dem Desktop eingeblendete Werbung.
www.desktoptwo.com

Ulteo liefert den umfangreichsten Onlinedesktop. Hier gibt es, ohne Werbung, nicht nur die ganze OpenOffice-Büroumgebung, sondern auch den Outlook-Rivalen Evolution, einen Webeditor, Firefox und Thunderbird. Um diese geballte Softwareladung anbieten zu können, greift Ulteo zu einem Trick: Die Programme laufen auf Linux-Systemen beim Anbieter. Deren Anzeige wird an den Browser des Nutzers umgeleitet.
www.ulteo.com

Damit beweist Ulteo eines: Leistungsfähige Webanwendungen sind nur mit Hilfe herkömmlicher PC-Anwendungen möglich. Ein Punkt ist trotzdem bemerkenswert: Via Browser genutzt, ist das System für den User komplett wartungsfrei. Dieses Argument wird, angesichts der immer grösseren Komplexität von Windows und Co., zunehmend wichtig werden.

SCREEN TA

Excel erhält Konkurrenz aus dem Netz.

Quelle: Tages-Anzeiger, Montag, 25. Februar 2008

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