Totgesagte Technologien leben länger
Was lange währt, wird endlich brauchbar: Jetzt leistet WAP gute Dienste, etwa für mobiles E-Mail.
Von Matthias Schüssler
WAP, das Wireless Application Protocol, soll Webseiten aufs Handy bringen. Als diese Technologie 1999 an der CeBIT vorgestellt wurde, lancierten Handyhersteller und Netzbetreiber einen Hype von erster Güte: Man versprach sich eine Traumhochzeit zwischen der boomenden Mobiltelefonie und dem rasant wachsenden Internet. WAP war ein Flop – schwer zu konfigurieren, langsam und teuer und von fragwürdigem Nutzen. Die Mobilfunkanbieter räumen ein, dass WAP falsch eingeführt worden ist. Laut Carsten Roetz, Sprecher von Swisscom Mobile, sind damals Erwartungen geweckt worden, die WAP nicht erfüllen konnte. Nach einem Dornröschenschlaf von drei Jahren findet WAP inzwischen seine Anwender. Swisscom verzeichnet 80 000 Zugriffe täglich. Bei Sunrise und Orange will man keine Zahlen preisgeben; Mik Häfliger, Portal-Manager bei Orange, ergänzt, der WAP-Service werde «rege benutzt».
Drei Gründe haben zum Sinneswandel geführt: Durch neue Datenübertragungstechniken wie GPRS erscheinen WAP-Seiten in annehmbarer Zeit auf dem Handydisplay – und obendrein zu günstigen Kosten. Swisscom lockte im Mai mit Gratis-GPRS-Zugang, bei Orange kostet das Handyinternet fünf Franken im Monat ohne Zeit- oder Volumengebühr. Die Netzbetreiber ermöglichen inzwischen eine automatische Konfiguration von WAP und gegebenenfalls auch von GPRS: Der Benutzer muss nichts weiter unternehmen, als auf der Anbieter-Website sein Endgerät auszuwählen, und erhält dann ein SMS, welches die Einstellungen überträgt. Der dritte Grund liegt in den inzwischen brauchbaren WAP-Diensten.
E-Mail am Handy
Seit einem Monat ist die Swisscom mit dem Portal gomobile.ch online und bietet damit den Service, den sich Poweruser von Anbeginn gewünscht haben dürften. Beispiel mobiles E-Mail: Über gomobile.ch können am Handy bis zu fünf Mailboxen abgefragt werden, ohne dass man sich durch eine Unzahl von WML-Seiten kämpfen müsste (WML ist das Format, in dem die Inhalte ans Handy geschickt werden, und lehnt sich an die Internetseitensprache HTML an). Je nach Browser ist man nach sechs Zwischenstufen am Ziel; mit dem «vereinfachten Anmelden» ist nicht einmal die Eingabe von Benutzername und Passwort nötig, die Zugriffsberechtigung wird anhand der Mobilfunknummer erteilt.
Die Mailkonten müssen nicht mühselig am Mobiltelefon eingerichtet werden; die Konfiguration erfolgt am Heim- oder Bürocomputer. Auf gleichem Weg erfolgt die Synchronisation von Outlook-Adressen mit dem Gomobile-Organisator. Gomobile zeigt sich auch gegenüber Nicht-Swisscom-Kunden offen; in unserem Test liessen sich über ein Orange-Abo Mails bearbeiten und andere Funktionen nützen.
Sunrise bietet seinen Kunden die Möglichkeit, E-Mails von einem externen Maildienst abzurufen und zu schicken. Orange gestattet im Moment erst Zugriff auf Orangemail, wer seinen Nachrichtenverkehr über ein anderes Konto abwickelt, wird dies ab Ende Juni auch vom Orange-WAP-Portal aus tun können.
BILD NOKIA/SCREENS TA
Mit wenigen Schritten E-Mails am Handydisplay lesen.
SCREEN TA
Die mobile Mail-Bearbeitung wird via Computer eingerichtet.