Penetrante Werbung: Das nervt an Youtube

Googles Videoplattform hat an Benutzerfreundlichkeit eingebüsst. Das liegt an der konsequenten Ausrichtung als Werbeplattform.

Matthias Schüssler

Youtube sorgt bei den Nutzern oft für Erzürnung, weil Google den Dienst nun mit allen Mitteln auf Rentabilität trimmt.

Lange Jahre hat man sich gefragt, warum sich Google ein so teures Hobby wie Youtube leistet. Die Plattform, die Google 2006 für 1,65 Milliarden US-Dollar gekauft hatte, war mutmasslich mindestens zehn Jahre lang defizitär. Doch das Blatt hat sich gewendet: 2020 hat Youtube 19,8 Milliarden US-Dollar Umsatz generiert, mit einem frappanten Wachstum: 2019 waren es noch 15 Milliarden, 2018 erst 11 Milliarden gewesen. 2023 wird Youtube den gesamten TV-Werbemarkt hinter sich lassen, prophezeien Marktforscher.

Wie lukrativ Youtube ist, bekommt man als Nutzer auf Schritt und Tritt zu spüren. Die Werbedichte nimmt laufend zu: Seit gut einem Jahr dürfen auch Clips von mindestens acht Minuten mit Werbung, sogenannten Mid Rolls unterbrochen werden. Ende 2020 hat Youtube die Nutzungsbedingungen so geändert, dass Werbung auch bei den Kanälen möglich ist, die zu klein sind, um an Youtubes Partnerprogramm teilzunehmen, und bisher werbefrei waren. Doch anders als die grossen Kanäle werden die kleinen Produzenten nicht an diesem Umsatz beteiligt – sie gehen schlicht leer aus.

Aggressive Promotion für Youtube Premium

Nebst der Werbung verdient Youtube auch über das Premium-Abo Geld. Gemäss Bloomberg zahlen inzwischen 50 Millionen Nutzer bzw. 2,5 Prozent eine monatliche Gebühr, um keine Werbung sehen zu müssen, Videos herunterladen und im Hintergrund abspielen zu dürfen. Diesen Premium-Dienst promotete Youtube bisweilen so aggressiv, dass die Nutzer protestierten. Inzwischen gibt es in den Einstellungen der App bei «Benachrichtigungen» die Option «Produktupdates»: Ist sie abgeschaltet, bleibt die Werbung in eigener Sache aus.

Robert Kyncl, hier an der CES-Messe 2012 in Las Vegas, ist Chief Business Officer bei Youtube und mitverantwortlich für Youtubes erfolgreiches Partnerprogramm, das die grossen Youtuber an den Werbeeinnahmen beteiligt.
Foto: Dan Gluskoter (Keystone)

Für das Wachstum von Youtube Premium hat Google auch Apps von Drittherstellern den Garaus gemacht. Ein Beispiel ist die Protube-App, die 2014 auf den Markt kam. Wie deren Entwickler, Jonas Gessner, erläuterte, hat Apple Apps wie seine 2017 auf Aufforderung seitens Youtube aus dem Store geworfen. Für die Nutzer ist das ein Rückschritt: Protube hat Funktionen geboten, die nun nur noch via Youtube-Premium-Abo zur Verfügung stehen und zum Teil auch überhaupt nicht mehr vorhanden sind, insbesondere die Möglichkeit, nur die Tonspur eines Videos zu laden.

Youtube promotet Videos, die gegen die eigenen Regeln verstossen

Das grösste Problem der Videoplattform ist indes nicht neu: Das ist der Algorithmus, der den Nutzern automatisch weitere Videos vorschlägt und im Verdacht steht, Verschwörungstheorien, Hassrede und Desinformation zu befördern. Die Zeitung «The Guardian» hat das 2018 ausführlich erläutert. Eine neue Studie der Mozilla-Stiftung zeigt, dass dieses Problem allen Beteuerungen zum Trotz nicht gelöst ist: Der Algorithmus empfiehlt Videos, die gegen die Firmen-eigenen Richtlinien verstossen, zeigt die breit angelegte Untersuchung.

Quelle: Newsnetz, Mittwoch, 8. September 2021

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