Neue Kunststücke in der Acrobat-Arena

Die Trapeznummer des Adobe-Acrobaten, hoch über den Eigenheiten verschiedener Betriebssysteme und proprietärer Dokumentformate, könnte dank den neuesten Verbesserungen zur Zugnummer im Publisher-Zirkus werden. Wir testeten die neuen Funktionen im Praxiseinsatz und nahmen im speziellen die Zusammenarbeit von Acrobat Exchange und PageMaker 6.5 unter die Lupe.

Das Konzept von Adobe Acrobat ist bestechend und der Erfolg bei den elektronisch Publizierenden gibt dem digitalen Hochseiltänzer recht. Dennoch fehlte bis anhin insbesondere für grössere Projekte häufig die eine oder andere Programmfunktion. Die Version 3 von Acrobat Exchange verheisst Besserung und optimiert auch die Zusammenarbeit mit anderen Adobe-Programmen.

Plug-Ins soweit das Auge reicht

Viele der neuen Funktionen für Exchange 3.0 sind als Plug-Ins realisiert. Somit kann die Programmdatei einigermassen schlank gehalten werden (obwohl man angesichts der 2,5 MByte, welche AcroEx32.exe mit sich schleppt, kaum guten Gewissens von «schlank» sprechen kann) und andererseits müssen anspruchsvolle Anwender auf nichts verzichten. Doch all die Plug-Ins machen den Programmstart zur Geduldsprobe – deshalb ein Tip gleich vorweg: Installieren Sie nur die benötigten Plug-Ins. Oder lagern Sie selten benötigte Plug-Ins in das Verzeichnis «Optional» im Exchange-Ordner aus. Dieses wird vom Installationsprogramm extra für diesen Zweck angelegt.

Jedes Programm, welches über eine Druckfunktion verfügt, kann zur Generierung von PDFs herangezogen werden – darin liegt ja gerade die Stärke von Acrobat. Dennoch werden die Programme aus dem Hause Adobe ein bisschen «gleicher» behandelt als die anderen. Wie man sich eine Menge Arbeit spart, in dem man die Version 6.5 von PageMaker gezielt einsetzt, beschreiben wir auf der nächsten Seite unter dem Titel «‹Linkisches› für PageMaker 6.5».

Präsentations-Funktionen

Wo man nun schon einen Grossteil der Arbeit im PageMaker erledigen kann, muss Exchange seine Daseinsberechtigung umso nachdrücklicher unter Beweis stellen. Dies gelingt ihm auch. Beispielsweise mit dem Plug-In «Menu Executor», das es nun ermöglicht, jeden Menübefehl an einen Button im PDF-Layout zu knüpfen. Man kann nun also nach Herzenslust Druck-, Programm-Beenden-, Export- und Zurückblättern-Knöpfe im Layout unterbringen. Wieso also nicht ein ästhetisch gestaltetes PDF-Dokument im Vollbildmodus ablaufen lassen? Alle jeweils notwendigen Funktionen lassen sich jetzt über Buttons realisieren und es stehen zudem diverse Überblend-Effekte bereit. Auch lassen sich Aktionen definieren, die jeweils beim Aufruf oder beim Schliessen einer Seite ablaufen. Sound-Berieselung? Start eines Films oder eines Programms? Alles problemlos machbar.

Nicht zwingend notwendig sind meines Erachtens die elektronischen Formulare, die mit Version 3 ins PDF-Format Einzug gehalten haben. Zwar sind alle Feldtypen vorhanden und können auch einfach und schön ins Layout eingebaut werden. Doch obwohl es angenehmer ist, ein Formular am Bildschirm auszufüllen und dann auszudrucken, statt ein unbearbeitbares Formular zu drucken und den Print dann von Hand zu vervollständigen – wirklich Sinn macht ein PDF-Formular nur in einer Online-Umgebung. Denn direkt verschicken lassen sich eingetragene Daten nur, wenn das PDF via Browser-Plug-In in Netscape oder Internet-Explorer geladen ist. Schnittstellen zu Datenbanksystemen oder zumindest Exportfilter für Tabellenkalkulationsformate sind dagegen nicht vorhanden. Falls Adobe vorhat, das PDF-Format als HTML-Ablösung in den Markt zu drücken, sind Formulare natürlich unverzichtbar. Ich glaube jedoch nicht, dass das PDF-Format sich zu einer Alternative zu HTML mausern wird, denn weder Microsoft noch Netscape werden wohl auf diesen Zug aufspringen wollen. Zwei Vorteile könnten jedoch in Spezialfällen doch dazu führen, dass man einem PDF-Formular den Vorrang gibt: In einem PDF lassen sich Benutzereingaben besser lenken, sowohl die Länge einer Eingabe kann beschränkt als auch das Vorhandensein eines Eintrags erzwungen werden. In HTML ist dies nur mit komplexen Java-Scripts realisierbar.

Eine weitere Funktion, die wir an dieser Stelle gerne für Sie getestet hätten, findet sich als «Scan»-Befehl im Dateimenü. Mittels OCR-Modul soll Exchange in der Lage sein, eine Seite automatisch in ein PDF-Dokument umzusetzen. Eine tolle Idee – die allerdings steht und fällt mit der Qualität der Umsetzung. Leider hat sich das Scan-Plug-In geweigert, unseren Agfa-Scanner zu erkennen; deshalb können wir (noch) kein Urteil über diese Funktion abgeben.

Ein bisschen Editierbarkeit

«Adobe hat Grosses vor mit PDF», ist im neuesten Adobe-Magazin zu lesen. Denn das Portable Document Format verbindet die Vorteile der Programmiersprache PostScript mit der Seitenunabhängigkeit eines Dateiformats. Es zeichnet sich ab, dass PDF zum «richtigen», anwenderfreundlichen Austauschformat wird, das auch wieder in die Layoutanwendungen eingelesen werden kann. Die Anfänge dieser Entwicklungen sind vorhanden; ein erster Vorbote ist das «Touch up»-Plug-In. Dieses ermöglicht Textkorrekturen und -formatänderungen zumindest in gewissem Mass. Allerdings: Am Umbruch kann nichts mehr geändert werden, da jede Zeile (und bei manuellem Kerning sogar jeder Buchstabe) als eigenes Textfeld behandelt wird.

  • Beim Distillern von farbigen PostScript-Dateien kann es passieren, dass Spot-Farben zu Prozessfarben umdefiniert werden, wodurch alle benutzerdefinierten Farben verloren gehen. Um das zu verhindern, sorgen Sie dafür, dass in den «Distiller Job Options» unter «Advanced» die Option «Distill with prologue.ps/epilogue.ps» angewählt ist. Ausserdem müssen die beiden Dateien prologue.ps und epilogue.ps aus dem Ordner DistillrXtras High_end in den Ordner Distillr verschoben werden. Was die beiden PS-Dateien im einzelnen bewirken, erklärt der Exchange Online Guide.
  • Ausserdem muss unter «General» bei den «Job Options» Kompatibilität mit Acrobat 3.0 eingestellt sein, da im Acrobat 2.1-Format Spot-Farben generell unberücksichtigt bleiben.
  • Unter «Advanced» lässt sich auch das Farbverhalten beeinflussen: Mit «unchanged» wird der ursprüngliche Farbraum übernommen. Mit «Device Independent» werden die Farbinformationen relativ zum geräteunabhängigen LAB-Farbraum gesetzt. «Device Dependent» meint eine geräteabhängige RGB-Darstellung der Farben. Diese Einstellung beschleunigt die Bildschirmdarstellung.

Die wichtigsten Plug-Ins für Exchange 3.0

  • AFORM32.API Formulare. Dieses Plug-In stellt die Funktionalität für die elektronischen Formulare zur Verfügung.
  • ASRCH32.API Volltext-Such- und Indexfunktionen.
  • AUTIDX32.API Autoindex.
  • EXCMNU32.API Menü-Executor. Ermöglicht es, Verknüpfungen mit Menübefehlen zu verbinden.
  • IMPORT32.API Bildimport. Ermöglicht Bitmap-Importe.
  • MOVIE32.API Mit dem Movie-Plug-In können Quick-Time-Filme in die PDFs eingebettet werden.
  • OCR32.API OCR-Texterkennung. Ermöglicht in Zusammenarbeit mit dem Scan32-Plug-In die Erkennung von eingescanntem Text.
  • OLESRV32.API OLE-Server. Mit Hilfe dieses Plug-Ins können PDF-Dateien via OLE in andere Dokumente (Word etc.) eingefügt werden.
  • OPT32.API Optimizer. Dieses Plug-In tritt beim Befehl «Speichern unter» in Aktion und optimiert Dateien, indem redundante Informationen vermieden werden.
  • SCAN32.API Scan-Plug-In. Mit dessen Hilfe können eingescannte Seiten unter Beibehaltung des Layouts in ein PDF umgesetzt werden.
  • TUP32.API Touch up Text. Zur Bearbeitung von Text und Formatierungen.
  • WEBLNK32.API Weblink. Dieses Plug-In erlaubt es, Verknüpfungen mit URLs zu machen.

Quelle: Publisher, Sonntag, 1. Juni 1997

Rubrik und Tags:

Metadaten
Thema: Acrobat 3.0 im Praxiseinsatz
Nr: 144
Ausgabe: 97-2
Anzahl Subthemen:

Obsolete Datenfelder
Bilder: 7
Textlänge: 750
Ort:
Tabb: FALSCH