Energieverbrauch von Handy und Elektronik

So sparen Sie Strom beim Streamen und mit der Cloud

Lohnt es sich, die Auflösung beim Filme und Serien schauen herunterzuschrauben? Ist das Glasfaserkabel oder das Handynetz effizienter? Tipps zum Umgang mit Stromfressern.

Matthias Schüssler

Das Internet braucht schätzungsweise zwischen 3,6 und 6,2 Prozent des globalen Stroms. Mit den Leistungsanforderungen des Metaversums würde dieser Bedarf massiv steigen.

Wenn es darum geht, herauszufinden, welches die grössten Energiesünder sind, kommt schnell auch die Cloud ins Spiel. Der stehende Vorwurf lautet, der Energiebedarf des Netzes sei enorm, ebenso sein CO₂-Ausstoss. Er ist nicht von der Hand zu weisen, denn das Netz besteht aus riesigen Fabrikhallen mit Tausenden von stromhungrigen Servern. Die Konzerne sind dabei, auf sauberen Strom umzustellen. Doch dieser Prozess ist noch in vollem Gang. Google etwa will bis 2030 kohlenstofffrei sein.

Das Bundesamt für Energie hat letztes Jahr in einer Studie ermittelt, dass Schweizer Rechenzentren und Serverräume 2019 circa 2,1 Terawattstunden Strom benötigten. Das entspricht 3,6 Prozent des gesamten Schweizer Verbrauchs an Strom. Laut der Studie gibt es ein grosses Sparpotenzial: Mit mehr Effizienz könnte fast die Hälfte (46 Prozent) des Verbrauchs eingespart werden.

Dieser Strombedarf ist eindrücklich – und längst nicht alles, was anfällt: Die Rechnung des Bundesamts bezieht sich nur auf die Schweizer Serverstandorte. Die Techkonzerne betreiben überall in der Welt Datencenter, die wir Schweizer Kunden mitbenutzen. Google zum Beispiel hat 23 Standorte; sechs davon in Europa (Irland, Niederlande, Dänemark, Belgien und Finnland). Der Suchmaschinengigant verbrauchte 2020 15,5 Terawattstunden elektrische Energie.

Die Standorte von Googles Rechenzentren.

Wie das Netz unseren ökologischen Fussabdruck vergrössert, legt das Magazin «Telepolis» eindrücklich am Beispiel der Musikindustrie dar: Ihr Ressourcenbedarf, umgerechnet in die Vergleichsgrösse der CO₂-Äquivalente, blieb zwischen 1977 und 2000 stabil, obwohl die Kunden erst Vinylplatten, dann CDs und schliesslich Downloads kauften. Bis 2016 hat er sich mit 300’000 Tonnen CO₂-Äquivalenten fast verdoppelt. Schuld ist natürlich das Streaming.

Wir als Nutzerinnen und Nutzer können uns der Cloud nicht komplett entziehen und tragen unseren Teil zum kontinuierlichen Datenwachstum bei. Doch es zeigt sich, dass eine gesunde Zurückhaltung nicht nur aus Gründen des Datenschutzes, sondern auch ökologisch sinnvoll ist. Und es gibt eine Reihe von Möglichkeiten, die Cloud datensparend und damit auch energieeffizient zu verwenden.

Nicht alles hochladen, sondern das Richtige

Die Betreiber der Onlineablagen wollen uns dazu bringen, möglichst viele Dokumente online zu deponieren, am besten gleich den ganzen digitalen Bestand. Denn für viele Daten braucht es ausreichend Kapazitäten, und die gibt es nur über die teuren Abos. Diese Regel gilt universell, unabhängig davon, ob Sie nun Onedrive von Microsoft, die iCloud von Apple, die Dropbox oder Google Drive verwenden.

Doch wie oft muss man uralte Word-Dateien oder digitalisierte Rechnungen von 2007 im Onlinezugriff haben? Es lohnt sich daher, seine Datenablage nach Aktualität zu organisieren: Die Dateien, die Sie für laufende Projekte benötigen, stecken in einem eigenen Ordner und werden mit der Cloud synchronisiert. Alles andere lagern Sie offline im Archivordner.

Es gibt bei einigen Diensten auch die selektive Synchronisation (z. B. bei Onedrive und Dropbox), mit der Sie pro Ordner oder Datei festlegen, ob sie in die Cloud wandert oder nicht.

Ein erwünschter Nebeneffekt ist die Schadensbegrenzung bei einer Sicherheitslücke oder bei einem Angriff von Datendieben, indem Sie die Menge der Dokumente verringern, die entwendet werden könnten.

Standardmässig wollen Cloudbetreiber möglichst viele Daten in ihre Internetablagen verfrachten. Das lässt sich aber unterbinden.
Bild: Screenshot schü

Nur das synchronisieren, was auch wirklich in die Cloud muss: Bei Onedrive lässt sich über das Kontextmenü angeben, welche Ordner nur lokal verfügbar sein sollen.

Das Streaming energieoptimieren

Auch das Streaming von Musik und Filmen braucht Energie und verursacht CO₂. Beim Video gibt es Einsparungsmöglichkeiten, indem Sie die Auflösung zurückdrehen: Statt 4K sehen Sie sich die Inhalte in Full-HD an, das macht einen riesigen Unterschied. Wenn Sie nebenher Youtube-Videos abspielen, aber bloss ab und zu mit einem Auge hinschauen, dann tut es auch eine der niedrig aufgelösten Varianten (z. B. 480p), die Sie über das Zahnradsymbol auswählen können.

Bezüglich Umweltauswirkungen macht es einen grossen Unterschied, welchen Dienst Sie verwenden: Das französische Analyseunternehmen Greenspector hat mehrere grosse Anbieter verglichen: Am schlechtesten schneidet Tiktok ab, mit einem fast sechsmal so hohen «Carbon Impact»-Wert wie Youtube.

Auch beim Musikstreaming gibt es die Möglichkeit, die Qualität zu reduzieren, doch sie fällt deutlich weniger ins Gewicht. Wirkungsvoller ist es, wenn Sie häufig gehörte Musik auf Ihrem Gerät speichern. Mit diesem Trick muss die App Ihre Songs nicht bei jedem Anhören neu aus der Cloud laden. Bei Spotify gibt es für Alben und Wiedergabelisten einen Offlineschalter, den Sie bloss zu aktivieren brauchen. Titel, die auf dem Gerät vorhanden sind, werden durch einen grünen Pfeil markiert.

Der grüne Knopf mit dem Pfeil nach unten lädt die Songs aufs Gerät herunter, sodass sie nur einmal und nicht bei jedem Mal Anhören gestreamt werden müssen.

Apropos Streaming: Auch bei Videokonferenzen spart es beträchtliche Datenmengen, wenn nicht alle Teilnehmer ständig Videos senden, sondern nur nach Bedarf.

Glasfaser statt Mobilfunk

Eine Studie des deutschen Umweltbundesamts von 2020 kommt zum Schluss, dass die Art der Übertragung einen entscheidenden Unterschied macht. Demnach erzeugt das Streaming eines HD-Videos via Glasfaser 2 Gramm CO₂, via Kupferkabel sind es 4 Gramm. 5G schneidet mit 5 Gramm nicht viel schlechter ab; doch der inzwischen in die Jahre gekommene UMTS-Standard (3G) produziert 90 Gramm CO₂ pro Stunde.

Während die Zahlen der Studie nicht eins zu eins auf die Schweiz übertragbar sind, gelten die Aussagen allgemein auch für uns: Vor allem 5G überträgt Daten effizienter als die Vorgängerstandards und verwendet Stromsparmechanismen. Die Glasfaser ist mit Abstand am effizientesten: Dank der Übertragung per Licht verbraucht sie bis 12-mal weniger Energie als stationäres Internet per Kupferkabel. Diese Angabe stammt von Swiss4net, jenem Unternehmen, das Netzwerke für Schweizer Gemeinden und Städte baut.

Das Glasfaserkabel überträgt Daten nicht nur rasant und in grossen Mengen, sondern auch energieeffizient.

Aus Energie- und Umweltgründen ist es für uns Nutzerinnen und Nutzer sinnvoll, grössere Übertragungen zu Hause zu tätigen, selbst wenn wir im Mobilfunknetz ein unbeschränktes Datenvolumen zur Verfügung haben.

Effiziente Gerätschaften

Ein entscheidender Faktor für die eigene Stromrechnung ist der Bedarf der Geräte. Es liegt auf der Hand, dass ein auf die mobile Nutzung getrimmter Laptop weniger Strom verbraucht als ein stationärer Desktop-PC. Ein Tablet ist im Vergleich im Schnitt noch sparsamer.

Bei Fernsehern und Bildschirmen achten Sie auf die Energieklasse. Das ist umso wichtiger, je grösser der Bildschirm ist, weil mit der Diagonale unweigerlich auch der Stromverbrauch zunimmt – ebenso das Bedürfnis nach ultrahochauflösenden 4K-Inhalten, deren Übertragung mehr Energie erfordern.

Für Computer ist und bleibt es eine gute Regel, keine Leistung auf Vorrat zu kaufen: Kaufen Sie keine hochgezüchtete Gaming-Maschine, nur weil Sie zwei- oder dreimal ein anspruchsvolles 3-D-Game spielen wollen. In diesem Fall hilft die Cloud: Es gibt inzwischen eine Reihe von Anbietern, bei denen Sie anspruchsvolle Games via Internet auf langsamen Endgeräten spielen. Auch wenn das extra Energie kostet – im Vergleich dazu verbrennt ein nicht ausgelasteter High-End-Computer mehr Strom.

Quelle: Newsnetz, Freitag, 2. September 2022

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