Andelfingen: Verkehrsverein Wyland plant gemeinsame Vermarktung regionaler Produkte unter dem Etikett «Wyland» – Mitglieder reagieren skeptisch

Sag mir wo das Weinland liegt…

Wenn der Konsument «Wyland» hört, so soll er in naher Zukunft an Kartoffeln, Schinken, Spargeln, Wein oder Küchen denken, und in den Läden die als Erzeugnisse aus der Region «Wyland» gekennzeichnete Produkte auch kaufen – wenn es nach den Ideen des Verkehrsvereins Weinland ginge. Doch hiesige Gewerbetreibende und Landwirte glauben nicht an die Verkaufwirkung vom Logo mit der Weintraube.

(msc) Seit drei Jahren ist der Verkehrsverein «Wyland» im Gebiet zwischen den Ortschaften Winterthur, Stein am Rhein und Rafz aktiv. Zur Zeit vertritt er 105 Mitglieder, das hiesige Gewerbe, Landwirte, aber auch die politischen Gemeinden und Private. Mit einem Jahresbudget von 27 000 Franken (1993) betreibt er in Andelfingen ein Verkehrsbüro, gibt eine jährlich erscheinende Broschüre mit Wandertips, Veranstaltungskalender und Sehenswürdigkeiten heraus und versucht durch enge Zusammenarbeit mit den Verkehrsvereinen Winterthur und Zürich, Touristen in die «reizvollste Landschaft der Ostschweiz» (Broschüre) zu locken.

Vordringen in die Ballungszentren des Konsums

Letzten Montag lud der Vorstand des Verkehrsvereins die Mitglieder in die Andelfinger «Wyländerstube» zu einem Diskussionsabend ein. Die Idee des Vorstandes, vertreten durch den Präsidenten Roland Müller: Die in der Region ansässigen Produzenten von landwirtschaftlichen und Handwerksgütern sollten sich zur gemeinsamen Produktevermarktung zusammenschliessen: «Auf jedem Kartoffelsack, Schinken, Küche, Spargelnetzchen, und jeder Weinflasche könnte das ‹Wyland›-Logo kleben!» meinte Müller. Die Weintraube soll Identifikation schaffen, für mehr Absatz sorgen und Arbeitsplätze sichern, eine PR-Kampagne den Bekanntheitsgrad der Region erhöhen, beispielsweise mit einem gemeinsamen Stand an der «Züspa». «Denn unser Problem ist, dass das Weinland zwar einen grossen Anteil an der landwirtschaftlichen Produktion hat – nämlich 2,6 Prozent der gesamtschweizerischen Nutzfläche , doch die Ballungszentren des Konsums sind anderswo», so der Verkehrsverein-Präsident.

Die anwesenden Mitglieder, liessen sich jedoch vom Enthusiasmus des Präsidenten nicht mitreissen: «Es hat keinen Sinn, ‹Wyländer›-Kartoffeln zu verkaufen, wenn die Leute nicht wissen, wo das Weinland ist.» Ausserdem, so die Befürchtung, würden die Grossverteiler nicht mitspielen, es sei doch verkaufstechnisch gar nicht möglich, wenn jede Schweizer Region ihre Rüebli unter eigenem Label in den Verkaufsregalen haben wolle, bemerkte ein Flaachmer Gemüsebauer. Auch die Interessen der einzelnen Mitglieder, so zeigte sich, zielen teilweise in unterschiedliche Richtungen und lassen sich nicht ohne weiteres unter einen Hut bringen; unter anderem fühlen sich die landwirtschaftlichen Genossenschaften vom Gemüseverkauf ab Bauernhof fühlen sich konkurrenziert. Und Jakob Keller, welcher die Biobauern vertrat, bemerkte, seine Erzeugnisse würden bereits mit fünf unterschiedlichen Logos ausgestattet, er würde sich nicht über ein sechstes freuen.

«Unser Merkmal ist Qualität»

Die Mitglieder sprachen sich dafür aus, hauptsächlich im Weinland selbst für die heimischen Produkte Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben. Erstrebenswert sei es hier produzierte Erzeugnisse auch hier zu verkaufen – und dazu seien die Konsumenten auch bereit, dann sei eine Deklaration sinnvoll.

«Am meisten bringt es», so ein Vertreter des Gastgewerbes, «wenn der Verkehrsverein dafür sorgt, dass Leute ins Weinland kommen, meinetwegen um die schöne Landschaft zu geniessen, in Restaurants anständig bedient werden und faire Preise kriegen.» Denn bei Anlässen wie die Herbstfeste, für die das Weinland berühmt sei, gebe es auch sattsam Publikum.

Quelle: Der Landbote, Mittwoch, 26. Januar 1994

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Thema: Verkehrsverrein «Wyland»
Nr: 53
Ausgabe: 94-21
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