Schüssler

Eine Lösung gegen lästige Cookie-Banner

Das Gegenteil von gut ist gut gemeint. Diese Regel gilt auch im Internet, wie die ePrivacy-Richtlinie der EU beweist. Sie wird umgangssprachlich auch «Cookie-Richtlinie» genannt. Sie verlangt eine «aktive und ausdrückliche Zustimmung», damit Websites unsere Informationen speichern dürfen. Das hat zur Folge, dass wir alle beim Surfen ständig auf «Ich bin einverstanden»-Knöpfe drücken.

Davon hat niemand etwas. Es vermittelt in erster Linie den Eindruck, dass Datenschutz eine nervtötende Angelegenheit sei. Die meisten Leute klicken die Banner reflexartig weg. Richtig mühsam wird es allerdings, wenn Sie auf die Idee kommen, Ihre Rechte wahrzunehmen und die Einstellungen anzupassen. Ich habe einmal eine Cookie-Richtlinie mit mehreren Hundert Einzeleinträgen gesehen, die man alle einzeln hätte ein- und ausschalten können – die Arbeit eines halben Tages.

So schlimm ist es nicht immer. Sinnvolle Banner bieten Kategorien an. Eine wichtige Gruppe sind die «funktionale Cookies». Sie sorgen dafür, dass persönliche Einstellungen wie das Nutzerkonto gespeichert werden. Unter «Marketing-Cookies» stecken die Tracker, die Sie zum Schutz Ihrer Privatsphäre wahrscheinlich ablehnen wollen.

Fiese Tricks. Doch damit Ihr Wunsch auch berücksichtigt wird, gilt es eine letzte Hürde zu überspringen. Oft versucht Sie der Website-Betreiber dazu zu bringen, trotzdem alle Cookies zu akzeptieren. Er tut das durch ein «Dark Pattern»: Das ist ein mieser Designtrick, der Nutzer in die Irre führt. Im Fall der Cookes funktioniert «Pattern» so, dass es eine deutlich markierte Taste gibt, die so aussieht, als würde sie die individuelle Auswahl speichern. Liest man den Text, steht dort «Alle akzeptieren». Wenn Sie sie anklicken, ist Ihre persönliche Auswahl futsch. Stattdessen betätigen Sie die unscheinbare «Auswahl speichern»-Taste.

Die Banner haben weitere Nebenwirkungen. Anwenderinnen und Anwender, die es sich zur Gewohnheit gemacht haben, zum Schutz der Privatsphäre ab und zu alle Cookies zu löschen, werden zusätzlich bestraft: Die müssen bei allen Websites die Zustimmung erneut erteilen, auch bei denen, die sie bereits akzeptiert hatten.

Gibt es einen Ausweg? Eine Lösung könnte darin bestehen, dass wir eine allgemeingültige Vorgabe zu funktionalen und Marketing-Cookies und weiteren Kategorien machen dürften. Der Browser würde unsere Vorgabe automatisch übermitteln, ohne dass wir mit einem Banner behelligt würden.

Advanced Data Protection Control (ADPC) ist eine solche Software. Sie wird vom Verein Noyb zusammen mit der Wirtschaftsuniversität Wien entwickelt. Gründungsmitglied beim Verein ist Datenschutzaktivist Max Schrems, der im Kampf für digitale Grundrechte die US-Techkonzerne in die Schranken wies.

Es dauert noch. Bis ADPC uns das Leben erleichtert, wird noch Zeit verstreichen. Bis dahin hilft bei Windows und Mac eine Software namens «I don’t care about cookies». Die Erweiterung für den Chrome-Browser, Firefox und Microsoft Edge klickt Banner automatisch weg. Auch bei Android können Sie sie nutzen, allerdings nur mit dem alternativen Kiwi-Browser. Ist die Erweiterung aktiv, sehen Sie anstelle des Banners bloss ein Flackern – müssen sich aber damit abfinden, dass Sie alle Cookies akzeptieren.

Fürs iPhone und iPad gibt es den Hush Nag Blocker. Sie laden ihn aus dem App-Store herunter und aktivieren ihn daraufhin in den Einstellungen bei Safari im Abschnitt «Erweiterungen». Bei unserem Test hat dieser Ruhestifter allerdings nicht so gut funktioniert wie «I don’t care about cookies», dem kaum je ein Banner durchschlüpft.

Matthias Schüssler ist Digitalredaktor der SonntagsZeitung.

Quelle: Sonntagszeitung, Sonntag, 3. Juli 2022

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