Die Tech-Trends in diesem Jahr

Innovationen 2022 Die grösste Messe für Unterhaltungselektronik findet heuer Corona-bedingt in geschrumpfter Form statt. Trotzdem zeigen sich ab heute an der CES in Las Vegas viele der Trends für das kommende Jahr.

Matthias Schüssler

In den ersten Tagen des Januars zeigen die Hersteller, mit welchen technischen Neuerungen sie die Kundschaft anlocken und zum Kauf neuer Geräte verleiten wollen: An der weltgrössten Messe für Unterhaltungselektronik führen sie Prototypen und Vorserienmodelle vor, die im Lauf des Jahres in die Läden und Onlineshops kommen sollen – doch oft genug auch sang- und klanglos verschwinden.

Dieses Jahr schrumpft diese Messe pandemiebedingt beträchtlich. Aus Angst vor einem Superspreader-Event bleiben viele Besucher und Journalisten der CES in Las Vegas fern, und auch diverse Aussteller haben die Teilnahme abgesagt: Amazon, AMD, Google, IBM, Intel, Lenovo, Microsoft, Panasonic, Tiktok und Twitter sind nur einige der Branchengrössen, die ihre Stände wieder abgebaut haben oder während der Veranstaltung, die vom 5. bis zum 7. Januar stattfindet, verwaisen lassen.

Die Hersteller orientieren sich am Machbaren

Natürlich machen die abwesenden Branchengrössen ihre Ankündigungen virtuell, sodass sich trotzdem ein gutes Bild ergibt, welche Neuerungen für 2022 angedacht sind. Anders als in früheren Jahren zeichnet sich aber kein Trend ab, der alles in den Schatten stellen würde, und auch die ganz extravaganten Ideen, die in früheren Jahren zu Schlagzeilen, aber zu keinen handfesten Produkten geführt haben, sind heuer wenig zu sehen. Das ist ohne Zweifel eine Folge der Pandemie: Die Hersteller orientieren sich am Machbaren, nicht an wilder Science-Fiction. Und noch eines ist einleuchtend: Der rote Faden bilden jene Produkte, mit denen wir es uns zu Hause gemütlich machen können.

In den früheren Jahren haben die Hersteller mit mehr Auflösung geprotzt, mit 4k- und 8k-Displays, die ein vielfach schärferes Bild als das klassische HD anzeigen. Auch die immer helleren Displays (Stichwort HDR) haben sich etabliert, sodass Hersteller wie LG, Samsung und Sony heuer auf neue Bildschirmtechnologien setzen: Die tragen Bezeichnungen wie QD-OLED, OLED-EX und Mini-bzw. Micro-LED und zeichnen sich durch realistischere Farben und mehr Kontrast aus, indem schwarze Bereiche auch wirklich schwarz und nicht nur dunkelgrau sind.

Das sind Fortschritte auf sehr hohem Niveau, die den Käufern nur schwer zu vermitteln sein werden – und vor allem sind sie weniger spektakulär als in den Vorjahren, in denen es etwa faltbare Handys und rollbare Fernseher zu bewundern gab. Immerhin sorgt LG für ungewöhnliche Produkte: zum einen den Media Chair, einen grossen Sessel in einer runden Halterung, der einen gekrümmten 55-Zoll-Fernseher in idealer Entfernung vor dem Sesselbenutzer platziert. Zum anderen hat der südkoreanische Hersteller ein Konzept namens OLED Shelf auf Lager: Das ist ein Regal mit transparenten Bildschirmen, das in einem Laden echte Produkte mit einer virtuellen Präsentation verbinden könnte.

Für Raumklang geeignete Lautsprecher

An der CES gibt es traditionsgemäss Kopfhörer und Bluetooth-Lautsprecherboxen in allen Formen und Varianten zu sehen. Doch dieses Jahr ist mit neuen Akzenten aus dem Bereich des Raumklangs zu rechnen: Apple und Sony haben im letzten Jahr ihre Technologien vorgestellt, mit denen Musik nicht wie bei Stereo aus zwei Richtungen, sondern von überall ertönt.

Das Fraunhofer-Institut zeigt an der Messe die UpHear-Lösung, mit der eine Gruppe von Lautsprechern fürs Raumklangerlebnis kombiniert werden kann. Zu den Raumklangprodukten, die es an der CES zu sehen gibt, zählt auch ein Notebook von LG. Mit dem Ultra Gear 17G90Q wagt der Hersteller seinen Einstieg in den Gaming-Markt.

Die CES ist seit jeher auch das Mekka für alle Hersteller, die Wohnungen und Häuser digital vernetzen wollen. Vor zwei Jahren gab es allerhand schräge Roboter zu sehen: solche, die Essen servieren, auf dem Klo das WC-Papier auffüllen oder mit uns Unterhaltungen führen. Von solcherlei Ideen ist dieses Jahr wenig zu sehen. Dafür versuchen die Hersteller, bekannte Produktkategorien mittels künstlicher Intelligenz zu verbessern: Dank ihrer Hilfe sollen sich die Saugroboter besser orientieren und die Überwachungskameras Fehlalarme vermeiden können.

Eine Konstante der CES-Veranstaltungen der letzten Jahre war, dass immer mehr Gegenstände vernetzt und mit digitalen Assistenten ausgestattet werden. Der «Sound Mirror» setzt diese Tradition fort: Das ist ein Badezimmerspiegel mit eingebauten Lautsprechern, der mit Amazons Alexa ausgestattet ist und mittels Sprachbefehlen dazu gebracht werden kann, Nachrichten oder Musik wiederzugeben oder über anstehende Termine zu informieren.

Konzepte für nachhaltiges, flexibles Arbeiten

Auch Smartphones gibt es an der CES zu sehen, doch die grossen Neuerungen in diesem Bereich sparen sich die Hersteller in aller Regel für den Mobile World Congress auf, eine auf den Mobilfunk spezialisierte Messe, die normalerweise Ende Februar stattfindet. Beim Computing gibt es Mutmassungen zu einem faltbaren Laptop-Bildschirm von Asus. Das wäre zwar keine Weltpremiere, da Lenovo mit dem Think Pad X1 Fold bereits ein solches Modell verkauft. Aber falls Asus die Kinderkrankheiten ausräumen konnte, wären alltagstaugliche faltbare Laptops wohl einer der wichtigsten Trends des Jahres.

Eine interessante Neuerung kommt von Dell: Das «Concept Luna» will mobile Computer nachhaltiger machen, indem Komponenten so verbaut werden, dass sie leichter zugänglich, austauschbar und wiederverwendbar sind. Das würde die Reparierbarkeit verbessern und die Nutzungsdauer der Geräte verlängern. Dell hat dieses neue Konzept im Dezember 2021 vorgestellt, ob an der Messe allerdings repräsentative Prototypen zu sehen sein werden, bleibt abzuwarten.

Ein Schreibtisch, der alle Geräte verbindet

Der texanische Hersteller setzt mit dem hybriden Arbeiten einen weiteren Fokus, der dieses Jahr eine gewichtige Rolle spielen wird: Das ist die Kombination aus Homeoffice und Präsenz im realen Büro, das flexible Werkzeuge erfordert. Ein Puzzlesteinchen dazu ist Dells «Concept Flow»: Das ist ein Schreibtisch, der die darauf abgelegten Geräte wie Laptop, Maus und Tastatur kabellos verbindet und auflädt. Das erleichtert die Arbeit, ermöglicht es aber auch, all die Geräte zu verräumen und den Tisch anderweitig zu nutzen.

Die TV-Hersteller wollen sich auch dieses Jahr effektvoll inszenieren – wie hier LG im Januar 2020. Foto: Getty Images

Quelle: Tages-Anzeiger, Mittwoch, 5. Januar 2022

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