Einsamer Kampf gegen Alt-Right

Wie ein grüner Comic-Frosch zum Hass-Symbol weisser Nationalisten wurde.

Matthias Schüssler

Manche Dinge entwickeln im Internet ein Eigenleben: Grafik, Videoclips oder kurze Phrasen werden zu Selbstläufern. Sie verbreiten sich wie eine Seuche, weswegen man sie auch «viral» nennt. Solche Webphänomene – oder Memes, wie sie auch genannt werden – sind das «Dancing Baby» aus der Anfangszeit des Internets. Oder die «Lol Cats»: Das sind Bilder von Katzen, denen in plakativen Textelementen schräge Aussagen in den Mund gelegt werden.

«Alle eure Ideen gehören uns», postuliert ein Buch des O’Reilly-Verlags zu den Memes. Mit «uns» sind Internetgemeinschaften wie 4chan gemeint, die Memes entdecken und verbreiten. Hat die Community einmal Besitz von einem Meme ergriffen, lässt sie es nicht mehr los. Das musste das «Star Wars Kid» erfahren: Ein kanadischer Jugendlicher, der in einem Videoclip einen Lichtschwertkampf führt, musste jahrelangen Spott ertragen, während sein Clip in immer neuen Varianten in Umlauf kam.

Memes sind im Netz unsterblich – und dennoch hat Kinderbuchautor Matt Furie den Kampf gegen eine Figur aufgenommen, die er selbst erschaffen hat. Pepe the Frog ist ein grasgrüner Frosch aus einem Comic von 2005, der mit der Catchphrase «Feels good man» zu einer Art Maskottchen für 4chan avancierte. Furie hatte sich darüber noch 2015 begeistert gezeigt: «Pepe ist unsterblich im Netz – das ist die lebensverändernde Erfahrung für mich überhaupt», sagte er gegenüber Dailydot.com. Pepe wurde zum Pop-Phänomen, dem auch Stars wie Katy Perry auf Twitter huldigten – Held und Antiheld zugleich.

Doch schon Ende 2015 verwandelte sich Pepe in ein Symbol der weissen Nationalisten. Wiederum auf 4chan kamen Bilder in Umlauf, die den grünen Frosch mit Hitler-Schnäuzchen oder Ku-Klux-Klan-Haube zeigen. Thedailybeast.com zitiert einen 19-jährigen Nationalisten, der sagt: «Wir haben Pepe mit Nazi-Propaganda gemischt. Wir haben diese Verbindung geschaffen.» Sie fiel auch bei den Trump-Anhängern auf fruchtbaren Boden. Und Trump selbst hat 2015 ein Bild getwittert, das ihn als Pepe zeigt.

Maskottchen der Ultrarechten

Vor einem Jahr war die Transformation zum Maskottchen der Ultrarechten abgeschlossen: Die Anti Defamation League, die sich gegen Diskriminierung von Juden einsetzt, erklärte Pepe zum Hass-Symbol: «Wieder einmal haben die Rassisten ein beliebtes Internet-Meme genommen und auf links gedreht, um Intoleranz zu säen», wurde sie von der «New York Times» zitiert.

Gegen diese Vereinnahmung lehnte sich der Kinderbuchautor schon 2016 auf: Furie sagte dem «Independent», der wahre Frosch zelebriere Friede, Zusammengehörigkeit und Spass.

Am Montag wurde publik, dass der Autor mehrere Websites mit Unterlassungsaufforderungen eingedeckt hat. Mit dem Urheberrecht als Waffe sendet er der Alt-Right-Bewegung eine deutliche Botschaft: «Hört auf, Pepe zu verwenden, oder macht euch bereit, die rechtlichen Konsequenzen zu tragen!» Während die meisten Sites die Aufforderung ignorierten, hat Amazon ein Buch mit Pepe auf dem Cover gestoppt. Und Google hat ein Spiel namens «Build the Wall» aus dem Store genommen.

Hier wird zurückgepinkelt: Pepe wehrt sich gegen die Vereinnahmung. Foto: PD

Quelle: Tages-Anzeiger, Mittwoch, 20. September 2017

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