Captcha Die Eingabefelder im Internet sind passé. Das ist nicht gut.

Sind Sie ein forscher Scroller?

Von Matthias Schüssler

Captchas, das sind diese Eingabefelder, in die man als Internetnutzer einen schwer leserlichen Text abtippen muss. Erfunden wurden sie, um Bots zu stoppen – automatisierte Programme, die beispielsweise Mailkonten eröffnen, mit denen sie hinterher Spam versenden. Nun hat Google dieses Problem gelöst. Die neue Recaptcha-Methode sei «umgänglich mit den Menschen, aber gnadenlos mit den Bots». Der Mensch braucht sich nicht mehr als solcher auszuweisen. Das System erkennt ihn an seinen Verhaltensweisen.

Das klingt nach einer guten Neuigkeit: Endlich sind Websites vor Bots geschützt, ohne dass man uns deswegen mit verzerrten Texten und Bilderrätseln belästigt. Doch das ist keine gute Neuigkeit, im Gegenteil. Es lässt erahnen, wie durchschaubar wir als Netznutzer inzwischen sind. Wie und wo wir klicken, ob wir vorsichtig oder forsch über die Seite scrollen und was wir beim Lesen von Text mit dem Mauszeiger anstellen. Alles ist analysier- und auswertbar.

Die Website Clickclickclick.click macht sich daraus einen Spass: Es gibt hier nur einen grünen Knopf, auf dem «Button» (Knopf ) steht. Erkundet man die Site, kommentiert eine Stimme, als wäre man eine Versuchsratte: «Die Doppelklickgeschwindigkeit des Subjekts ist durchschnittlich.» «Das Subjekt hat das Fenster in der Grösse verändert.» Wer sich dem einmal ausgesetzt hat, wird sich im Web nie wieder unbeobachtet fühlen. Und das ist auch richtig: Denn natürlich arbeiten die Computerfirmen bereits daran, uns anhand unserer Maus- und Tippgewohnheiten zu identifizieren. Wenn das gelingt, ist es endgültig vorbei mit der Anonymität im Netz.

Quelle: Tages-Anzeiger, Donnerstag, 16. März 2017

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