Textarbeit am Tablet

Mobile Büroarbeit ist an Touch-Geräten und selbst per Smartphone möglich. Am besten bewähren sich aber nicht die bekannten Office-Apps, sondern innovative Neulinge.

Von Matthias Schüssler

Smartphones und Tablets sind mit ihren immer grösseren Displays und den immer leistungsfähigeren Prozessoren prädestiniert für Spiele, elektronische Bücher, Musik und Film. Die Diskussion, ob sie auch als ernsthafte Arbeitsgeräte taugen, wird nach wie vor leidenschaftlich geführt. Wer arbeiten wolle, solle sich ein Laptop oder Subnotebook besorgen, sagen die einen. Das beste Arbeitsinstrument sei dasjenige, das man immer dabeihabe, kontern die anderen.

Das grösste Hindernis bei der Office-Arbeit ist die virtuelle Tastatur auf dem Touch-Display. Mit ihr längere Texte zu erfassen, ist nicht jedermanns Sache. Dieses Manko lässt sich auf zwei Arten umgehen. Zum einen mit einer externen Tastatur. Bei Microsofts Tablet gehören die andockbaren Keyboards zum Konzept. Von Drittherstellern wie Logitech gibt es Bluetooth-Tastaturen für Android und iOS, die teilweise auch die Funktion eines Schutzcovers übernehmen.

Der zweite Ansatz ist nur bei Android gangbar. Dieses Betriebssystem erlaubt den Einsatz alternativer Eingabemethoden. Swiftkey macht bei der Eingabe Vorschläge, sodass Wörter kaum je ganz getippt werden müssen. Bei Swype brauchen die Tasten nicht angetippt zu werden. Es reicht, ohne Heben des Fingers übers Display zu wischen, um Buchstaben einzugeben. Ungenaues Wischen wird von der Software kompensiert. Kalq ist eine vom Max-Planck-Institut entwickelte Tastatur. Sie zeigt ein zweigeteiltes Eingabefeld, das für die Eingabe mit beiden Daumen ausgerichtet ist und die Buchstaben so anordnet, dass man mit maximaler Geschwindigkeit tippt. Häufig genutzte Buchstaben liegen zentral und nah beieinander.

Minimal-Office von Microsoft

Fürs mobile Texten bieten sich verschiedene Apps an. Microsofts Office ist seit einiger Zeit für Android und fürs iPhone, nicht aber fürs iPad erhältlich. Für die App ist ein Office-365-Abonnement vonnöten. Sie erleichtert den Datenaustausch mit den konventionellen Computern: Per Skydrive oder auch Microsofts Kollaborationsplattform Sharepoint stehen Textdokumente, Präsentationen und Tabellen bereit.

Beim Funktionsumfang darf man sich keine Illusionen machen. Office im iPhone-Format stellt Werkzeuge zum Bearbeiten, Kommentieren und Versenden bereit, mehr aber auch nicht. Wer Dokumente von Grund auf erstellen möchte, greift zu Google Drive. Die App ist mit Googles Webdienst verknüpft, wobei Dokumente zur Arbeit ohne Netzverbindung auf dem Gerät gespeichert sind. Sie editiert nicht nur Text, sondern auch Work-Dokumente, bislang aber keine Präsentationen. Bezüglich Formatierungen stehen Schriftwahl, Auszeichnungen wie fett und kursiv und Listen zur Verfügung; wichtige Funktionen wie Suchen-Ersetzen oder das Einfügen von Bildern oder Zeichnungen fehlen.

Den grössten Umfang in der iOS-Welt erschliesst man sich mit Apples Apps Pages für Text, Numbers für Tabellen und Keynote für Präsentationen oder mit Office 2 HD. Pages kann Bilder, Diagramme oder Symbole ins Dokument einfügen, Texte auf mehrere Spalten setzen und obendrein mit Absatzstilen umgehen – mit ihnen formatiert man Titel, Legenden und Fliesstext einheitlich, und gerade für die mobile Arbeit sind diese Stile eine grosse Hilfe. Es gibt eine Möglichkeit, Text zu suchen und zu ersetzen, und selbst eine Änderungsprotokollierung ist vorgesehen.

Office 2 HD stammt zwar nicht von Microsoft, ist aber dennoch kompatibel mit den weit verbreiteten Formaten. Die 8 Franken teure App für iOS versteht sich auf Textdokumente, Tabellen und Präsentationen, stellt Absatzstile, Layoutoptionen wie Spaltensatz bereit, kann Bilder einfügen und Suchen-Ersetzen. Es gibt eine Anbindung an Dropbox, Google Drive, Skydrive und Box.

Automatische Textvorschläge

Eine App, die das Schreiben bei iOS etwas erleichtert, ist Textkraft (5 Fr. im App Store): Sie schlägt während des Tippens passende Wörter vor und versucht sogar zu erraten, wie der Satz sinnvoll weitergeführt werden könnte. Ausserdem vereinfacht sie die Navigation im Text und das Markieren von Wörtern und Absätzen.

Bei der Oberfläche orientieren sich die meisten Office-Apps an den klassischen Vorbildern. Oberhalb des Dokumentfensters findet sich eine Menüleiste mit Schaltflächen für die wichtigsten Befehle. Seltener gebrauchte Befehle verstecken sich hinter Menübuttons. Da die Knöpfe für die Gestensteuerung relativ gross sein müssen, benötigen sie viel Platz. Das führt zusammen mit der virtuellen Tastatur dazu, dass man nur einen kleinen Ausschnitt seines Dokuments zu Gesicht bekommt und sehr viel scrollen muss. Das lässt sich nur mit einer externen Tastatur vermeiden – oder mit einer App wie Elements entschärfen.

Diese App beschränkt sich auf eine schmale Titelzeile. Sie kommt mit vier Befehlen aus. Formatierungen werden nicht über Knöpfe zugewiesen, sondern über Codes im Text.

Das scheint zwar anachronistisch, denn in den 80er-Jahren wurden Wysiwyg-Editoren als Fortschritt gefeiert. Sie ersparten es den Benutzern, Steuercodes zu lernen. Nach dem Prinzip von «What You See Is What You Get» sah man seinen Text so, wie er gedruckt wurde.

Der anachronistische Ansatz

Beim mobilen Texten mit der Elements-App muss man sich mit der Markdown-Auszeichnungssprache anfreunden: Eine Raute am Zeilenanfang definiert einen Titel der höchsten Ebene. Für einen Untertitel setzt man zwei Rauten. Kursiver Text wird zwischen Sternchen gesetzt. Mit zwei Sternen erhält man fetten Text. Ähnlich einfach sind Aufzählungen oder Links zu setzen. Ist ein Text fertig, gibt man ihn als PDF in formatierter Form weiter. Für Android existieren Markdown-Apps, zum Beispiel Markdrop, Lightpaper oder Draft.

Die Mobilgeräte sind für die Office-Arbeit gerüstet, die Software hat, vor allem bei der Benutzerfreundlichkeit, jedoch noch viel Aufholbedarf. Am User liegt es, die Möglichkeiten sinnvoll zu nutzen – und das bedeutet auf jeden Fall, sich nicht auch noch in den Ferien am Strand der Büroarbeit zu widmen.

Das Tippen auf den virtuellen Tastaturen ist kein Kinderspiel. Foto: Brian Finke (Gallery Stock)

Quelle: Tages-Anzeiger, Montag, 25. November 2013

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