Der Preis der Gratis-Apps

Von Matthias Schüssler

Appthority ist ein Start-up aus San Francisco, das die 100 populärsten Gratis-Apps fürs iPhone und für Android-Telefone unter die Lupe genommen hat. Der Befund der Studie ist verheerend: Die grosse Mehrheit der Apps sendet Daten unverschlüsselt. 96 Prozent geben Informationen an Werbeunternehmen und Datensammler weiter. 79 Prozent der Apps tragen der Privatsphäre der Nutzer zu wenig Sorge.

Und: Apple schneidet schlechter als Google ab. Dies, obwohl Apple die eingereichten Apps anders als Google rigide prüft. Diese Begutachtung fokussiert aber auf die Einhaltung der Design-Richtlinien – es wurden schon Apps wegen eines hässlichen Icons abgelehnt –, was eine App mit den Benutzerdaten macht, ist augenscheinlich sekundär. Vor einem Jahr geriet Apple in die Kritik, weil die App des sozialen Netzwerks Path ungefragt das ganze Adressbuch der Nutzer zu seinen Servern hochlud. Inzwischen muss der Nutzer den Zugriff aufs Adressbuch explizit genehmigen, doch damit sind nicht alle Datenschutzlöcher gestopft. Appthority berichtet, dass einige Unterhaltungs-Apps und Spiele auf den Kalender des Nutzers zugreifen, obwohl es dafür kaum einsichtige Gründe gibt.Die Gratis-Apps haben ihren Preis, den der Nutzer mit persönlichen Daten bezahlt. Appthority hält fest, dass vor allem die Hersteller kostenloser Programme versucht seien, durch Preisgabe von Daten an Werbeunternehmen und Datensammler Einkünfte zu generieren. Das stellt Unternehmen vor Probleme, die ihren Angestellten erlauben, das gleiche Smartphone sowohl privat als auch am Arbeitsplatz zu verwenden. Geschäftsgeheimnisse lassen sich kaum mehr schützen.

Bei inzwischen mehr als 775 000 Apps im Store, könnte es sich Apple sicher leisten, an einigen besonders nachlässigen Datensündern ein Exempel zu statuieren – eine solche Putzaktion liesse sich sogar zur Charme- und Vertrauensoffensive ummünzen. Doch erfahrungsgemäss reagiert Apple nur auf Druck. Das zeigte sich 2011 im sogenannten Location-Gate, als publik wurde, dass Apple selbst ungefragt Positionsdaten sammelte. Darum gilt weiterhin: Die sicherste App ist die, die man nicht herunterlädt.

Quelle: Tages-Anzeiger, Donnerstag, 4. April 2013

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