Klick, klick, Kunst

Mit diesen fünf Apps werden aus Fotos surreale Wunderwerke.

Von Matthias Schüssler

Die «Instagramisierung» der Fotografie ist für manche ein Schreckgespenst. Die überaus populäre und im April 2012 von Facebook für eine Milliarde US-Dollar gekaufte Instagram-App prägt – oder korrumpiert – die Sehgewohnheiten im Netz. Knallige Farben, harte Kontraste, der Miniatureffekt und auf alt getrimmte Aufnahmen sind omnipräsent. Dem Künstler Joe Macirowski gingen die Effekte so auf den Wecker, dass er mit Normalize eine App entwickelte, welche die Instagram-Effekte wieder wegrechnet.

Instagram hat sich totgelaufen. Als Anwender kann man zur Fotografie «à la nature» zurückkehren – oder bei der Bildbearbeitung neue Wege beschreiten. Statt die Bilder bloss aufzupeppen, kann man sie auch radikal verfremden und ihnen eine expressionistische oder surrealistische Note verleihen.

Die App Tiny Planet versetzt das Bildmotiv in sein eigenes Universum. Der Boden wird zu einer Kugel geformt, die in der Bildmitte erscheint. Der obere Teil des Originalbildes wird zum «Äther», der die Kugel umgibt. Das Resultat ist ein kleiner Planet, aus dem Gebäude oder Menschen herausragen. Als sogenanntes sphärisches Panorama wirken auch abgegriffene Motive wie der Eiffelturm oder Big Ben anders und überraschend. Es braucht jedoch einige Erfahrung mit der App, damit die kleinen Planeten im eigentlichen Wortsinn «rund» erscheinen. Gute Chancen hat man, wenn man mit einer App wie Photosynth von Microsoft ein lückenloses 360°-Panorama erstellt.

Tiny Planet kostet im App Store 1 Franken. Und für den Export in hoher Qualität benötigt man noch einen In-App-Kauf für 1 Franken. Photosynth von Microsoft ist kostenlos.

Die Percolator-App zerlegt ihr Motiv in Kreise. Es entsteht ein Mosaik aus runden Steinchen. Die Zerlegung findet nicht gleichmässig statt, sondern folgt den Strukturen des Motivs. Bei grösseren gleichmässigen Flächen passt die Software grosse Kreise ein. Detailreiche Bereiche werden durch viele kleine Bläschen abgebildet. Percolator eignet sich für Motive mit hohem Wiedererkennungswert. Sie werden in abstrakte, geometrische Illustrationen verwandelt, hinter der man das ursprüngliche fotorealistische Motiv erahnt. Über die diversen Einstellungen kann man nicht nur die Feinheit der Bildzerlegung, sondern auch den Grad der Überblendung mit dem Originalmotiv und die Form der Mosaikteilchen (Ringe, Blasen oder Kreise) wählen.

Percolator kostet 2 Franken im App Store.

Mit Manga Camera stürzt man sich kopfüber in die Parallelwelt der japanischen Bildergeschichten. Die App zeichnet das Fotomotiv mit schwarzen Strichen auf weissem Grund nach. Das Comicbildchen wird durch die typischen Stilelemente angereichert: plakative japanische Typografie und jede Menge Effekte wie Blitze und Strahlen. 32 Varianten stehen zur Auswahl, und man kann seine Bilder hell, dunkel oder normal umsetzen lassen. Manga Camera ist kostenlos.Popsicolor (2 Franken im App Store) gibt einem virtuelle Wasserfarbe und Tusche in die Hand. Das Motiv wird in zwei wählbaren Farbtönen und wahlweise mit oder ohne Tusche-Kontur nachgebildet. Die beiden Farbtöne werden über einen Verlauf spiral- oder wellenförmig ineinander überführt. Das resultierende Foto wird zu einer kraftvollen Illustration mit Pop-Art-Qualitäten.

Die Fracture-App schliesslich erstellt kubistische Porträts. Dabei wird aus bis zu sechs leicht abweichenden Porträts ein neues Foto zusammengewürfelt.

Percolator: Hinter den Kreisen versteckt sich die Basilika Sacré-Cœur. Fotos: schü.

Die Kathedrale Notre-Dame de Paris, durch die Manga-Camera-App gesehen.

Paris ist ein Planet, natürlich mit Eiffelturm – fotografiert mit Tiny Planet.

Quelle: Tages-Anzeiger, Montag, 14. Januar 2013

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