Trockene Zahlen flüssig präsentiert

Crystal Xcelsius, Swiff Chart und Rich Chart Builder bereiten Zahlenmaterial aus Excel auf – teils nur optisch, teils auch interaktiv.

Matthias Schüssler ist Journalist und Fachbuchautor in Winterthur.

Microsoft Excel ist ein brav kalkulierender Rechenknecht. Auch für vielfältige grafische Auswertungen ist der Zahlenverarbeiter zu haben. Doch Finessen in der Darstellung der Charts darf man nicht erwarten. Für die alltägliche Geschäftskommunikation braucht es auch keinen optischen Schnickschnack. Wer hingegen seine Zahlen einem Publikum präsentiert, in einem Newsletter oder Bericht veröffentlicht oder auf die Firmenwebseite stellt, legt durchaus Wert auf eine raffinierte Darstellung. Mit reinen Excel-Diagrammen macht man da keinen Staat. Jeder Office-Anwender sieht ihnen die Herkunft sofort an. Erst Spezialisten wie Crystal Xcelsius, Swiff Chart und Rich Chart Builder richten das Datenmaterial stilvoll an. Crystal Xcelsius exportiert die aufbereiteten Daten in eine Powerpoint-Präsentation, ins PDFLexikon-Format oder als Flash-Film fürs Web. Rich Chart Builder machts ebenso. Swiff Chart unterstützt zusätzlich noch SVGLexikon-Grafiken (Scalable Vector Graphics).

Was-wäre-wenn-Spielchen

Die Programme haben sich nicht nur zum Ziel gesetzt, nüchternen Zahlen optischen Pepp zu verleihen. Crystal Xcelsius bereitet die Daten auch interaktiv auf. Der Benutzer kann über Regler die Darstellung beeinflussen oder erforschen, wie sich die Veränderung eines Parameters auf die gezeigte Situation auswirkt. Das nennt Herstellerin Business Objects «Visual Modelling». Es liegt auf der Hand, dass ein interaktives Diagramm dazu prädestiniert ist, «Was wäre wenn»-Szenarien durchzuspielen. Die Arbeit mit Crystal Xcelsius ist recht simpel. Als erstes entscheidet man sich für eine der angebotenen Komponenten. Bei den Diagrammen gibt es die üblichen Darstellungsformen wie Säulen, Linien, Balken, Kuchen, Flächen oder Kombi-Charts. Unter «Single» gibt es eine Reihe von Möglichkeiten, einen einzelnen Wert als Drehregler, Schieber oder Tacho hervorzuheben. Auch Landkarten stehen zur Auswahl, wobei in der getesteten englischen Version eine Schweizerkarte fehlte. Hat man sich beispielsweise für ein Kuchendiagramm entschieden, dann klickt man auf das Excel-Symbol und wählt die Tabelle mit dem Datenmaterial. Die Software aktualisiert diese Angaben automatisch, wenn sich an der zugrunde liegenden Tabelle etwas ändert. Wenn man allerdings Zellen einfügt oder löscht, muss man den Bezug von Hand auf den neuen Stand bringen.

Dynamische Kuchenstücke

Nun kann man sich am Aussehen der Daten verkünsteln oder aber Interaktivität ins Spiel bringen. Auch das ist recht einfach: Um sich an einem Parameter zu schaffen zu machen, setzt man ein geeignetes Instrument auf die Arbeitsfläche. Verknüpft man einen Schieberegler mit einem Wert aus dem Kuchendiagramm, kann man nach Belieben ausprobieren, wie sich die Verhältnisse ändern, wenn man per Schieber den fraglichen Wert grösser oder kleiner macht. Hierbei kommt man ganz ohne Berechnungen aus. Die verwendete Zahlenreihe wird immer auf den ganzen Kreis abgebildet, sodass bei Veränderung eines Wertes die anderen Stücke automatisch grösser oder kleiner werden. Bei anderen Darstellungsformen drückt man Abhängigkeiten durch Formeln aus. Somit verändert man über den Schieberegler die Werte, die in der Tabelle als Grössen für Berechnungen dienen. Xcelsius unterstützt die meisten Excel-Formeln. Ein Blick in die Hilfe verrät, mit welchen Funktionen man operieren darf.

Daten lassen sich natürlich auch in anderer Weise animieren. Über einen interaktiven Kalender werden zeitliche Veränderungen visualisiert, und über Steuerelemente wie Listen, Schaltflächen, Checkboxen, Radio-Buttons oder dem Akkordeon-Menü die Daten gefiltert respektive ausgewählt. Letzteres ist geeignet, eine grössere Zahl an Listenpunkten in verschiedenen Kategorien zu zeigen. Der Name rührt daher, dass man beim Klick auf eine Kategorie die gewählte Rubrik wie eine Handorgel auf- und die vorher geöffnete zuklappt. Kombiniert man verschiedene Steuerelemente, lassen sich grosse Datenbestände fein aufschlüsseln und ganz nach den Bedürfnissen des Anwenders analysieren. Die zugrunde liegenden Formeln sind dann nicht mehr ganz trivial. Unter www.xcelsius.com gibt es deshalb im Bereich «Learning» eine Reihe von Artikeln und Web-Seminare, die Aufbau und Funktionen für anspruchsvolle Projekte erklären. Um den Betrachtern gewisse Interpretationen nahe zu legen, weist man die Software an, die Farbe eines Datenpunkts abhängig vom Wert zu wählen. Der «Alert» färbt eine Säule oder Fläche rot oder grün, sobald er einen vorgegebenen Schwellenwert unter- oder überschreitet.

Legenden mit Bewegungsdrang

Bei Swiff Chart beginnt ein neues Projekt mit einem Assistenten, der nach dem Diagrammtypus fragt. Im zweiten Schritt ist die Datenquelle anzugeben, wobei der Import längst nicht so reibungslos abläuft wie bei Crystal Xcelsius und es auch nicht so einfach möglich ist, die Ausgangsdaten zu aktualisieren. Arbeitsschritt Drei gilt der Auswahl des Stils, wobei rund dreissig unterschiedliche Farbkombinationen zur Auswahl stehen. Im vierten Schritt färbt man Datenreihen ein und platziert die Legende. Bei Punkt Fünf geht es nebst anderem um das Augenfutter. Via Animationen werden die Grafiken mit fernsehtauglichen Effekten aufgebaut: Da fächert sich der Kuchen auf, steigen Säulen in die Höhe oder schlängeln sich Linien ins Bild. Auch die X- und Y-Achsen und die Legenden entwickeln auf Geheiss einen Bewegungsdrang. Bezüglich Funktionsumfang hat Swiff Chart einen Verwandten: Rich Chart Builder funktioniert nach dem gleichen Prinzip. Die Software importiert Daten, gibt ihnen einen farbigen und ansprechenden Look und reichert das Ganze mit Animationen an. Die Auswahl an Effekten ist bei dieser Software noch grösser, wobei manche Aufbausequenzen etwas gar animiert ausfallen. Hervorzuheben bleibt, dass man die Charts mit Audiokommentaren ausstatten kann. Flash unterstützt recht kompakte Audioformate, sodass diese Funktion für manche Anwender durchaus sinnvoll ist. Sowohl von Swiff Chart als auch von Rich Chart Builder gibt es eine Server-Version, die dynamische Inhalte in Diagramme umwandelt. Rich Chart Server for Dotnet bezieht die Daten von ASP-Dotnet und von Windows-Form-Anwendungen. Swiff Chart Generator ist für mehr Daten offen und bezieht seinen Input aus ASP (Active Server Pages), PHP- oder JSP-Skripten (Java Server Pages).

Effektive Schönheitskur

Die Stärke von Swiff Chart liegt eindeutig bei den Animationen. Rich Chart Builder setzt auf das gleiche Pferd. Diese Programme dienen formalen Zwecken, einen Erkenntnisgewinn darf man sich von ihnen nicht versprechen. Crystal Xcelsius nutzt die Möglichkeiten von Flash konsequent und betreibt nicht bloss Effekthascherei. Schöpft man die Funktionalität aus, erklären sich auch komplexe Sachverhalte einleuchtend und (fast) von allein. Da die Diagramme per Mausklick auf Veränderungen reagieren, erfasst das Publikum auch komplexe Zusammenhänge. Und dank farbiger Balken und hübsch gestalteter Anzeigeinstrumente wirken die Präsentationen spielerisch und höchstens auf eingefleischte Zahlenphobiker abschreckend.

Quelle: Computerworld, Freitag, 17. Februar 2006

Rubrik und Tags:

Metadaten
Thema: Softwaretest
Nr: 6968
Ausgabe: 06-7
Anzahl Subthemen: 2

Obsolete Datenfelder
Bilder: 3
Textlänge: 850
Ort:
Tabb: FALSCH