Fotoretouche für Büroanwender

Bildbearbeitung Der Funktionsumfang aktueller Bildbearbeitungen lässt nichts zu wünschen übrig. Bei der Bedienung und der Praxis­tauglichkeit unterscheiden sich Photoimpact, Photoshop Elements und Paint Shop Pro aber gewaltig.

Matthias Schüssler*

In den Kinderschuhen steckt die Gattung der Bildbearbeitungen wahrlich nicht mehr. Photoimpact trägt eine zweistellige Versionsnummer, Paint Shop Pro ist inzwischen neun Mal neu aufgelegt worden. Und obwohl Photoshop Elements erst in der dritten Auflage erscheint, stehen dahinter 14 Jahre Erfahrung des Herstellers Adobe.

In der Folge bieten diese Programmen mehr Funktionen, als benötigt. Das entscheidende Kriterium ist deshalb die Bedienung: Wie viel Einarbeitungszeit verlangt ein Programm seinem Benutzer ab? Wie leicht sind die Funktionen für Office-Anwender zugänglich, die nicht täglich Bildbearbeitung treiben? Hier zeigen sich grosse Unterschiede.

Photoshop verkleinert

Photoshop Elements stammt von Adobe, dem Branchenführer im Grafikbereich. Das ist ein Vorteil und gleichzeitig ein Handicap. Die Software profitiert in Sachen Qualität vom grossen Bruder Photoshop, der unbestrittenen Nummer Eins. Adobe positioniert Photoshop Elements klar so, dass er dem um ein Vielfaches teureren Verwandten nicht das Wasser abgräbt. Profi-Funktionen fehlen; beispielsweise pflegt Photoshop Elements keinen Umgang mit Vierfarben-Bilder.

Das Adobe-Entwicklerteam hat die Vorgaben der Marketing-Abteilung aber mit viel Geschick umgesetzt, so dass Photoshop Elements im guten Sinn keine klassische Bildbearbeitung darstellt. Die Benutzerführung ist konsequent auf die Bedürfnisse ungeübter Anwender zugeschnitten. Das «Willkommens-Fenster» stellt sechs häufige Aktivitäten im Bereich der Bildbearbeitung zur Wahl: Fotos anzeigen und ordnen, korrigieren, bearbeiten und verbessern sowie multimediale Diashows erstellen. Auch wenn letztere auf Heimanwender zugeschnitten ist, hilft sie auch Bürobenutzern: beispielsweise mit den ausgeklügelten Möglichkeiten, Alben zu drucken oder PDF zu erzeugen.

Die neuen Funktionen in der Version 3 sind zur Hauptsache Adobes Foto-Verwaltung Photoshop Album entlehnt und helfen dabei, grosse Bestände an Bildern in den Griff zu bekommen. Der Umgang mit Metadaten von Digitalkameras ist dabei elegant gelöst und eine gute Verquickung von Funktionalität und einfacher Bedienung.

«Heimelige» Oberfläche

Typische Aufgaben des Büroalltags – Bilder in der Grösse anpassen und beschneiden, einfache Bildkorrekturen durchführen und fürs Web oder eine Powerpoint-Präsentation aufbereiten – sind dank Photoshop Elements’ «heimeliger» Oberfläche kein Problem. Die intelligente Autokorrektur hat in unserem Test auch bei schwierigen Fällen auf sensible Weise eingegriffen und echte Verbesserungen erzielt. Adobes Angebot hat den aufgeräumtesten Bildschirm aller drei Kandidaten. Da die Bedienelemente aufgabenbezogen erscheinen, findet man sich schnell zurecht. Ungeübte Anwender können ausserdem auf Unterstützung durch Assistenten, Lehrgänge und kontextsensitive Hilfe zählen.

Die Entwickler von Paint Shop Pro haben das Thema der Benutzerfreundlichkeit lange vernachlässigt. Die Version 9 hat gewaltig aufgeholt. Die einst chaotische Oberfläche wurde überarbeitet. Noch immer sieht sich der Anwender mit einer Menge von Ikönchen konfrontiert, doch die wesentlichen Dinge stechen sofort ins Auge: Beispielsweise das «Enhance»-Menü zur Verbesserung der Bildqualität. Der «One-Step Photo Fix» darf aber nicht als der Weisheit letzter Schluss gelten: Zwar erzielt er bei Bildern mit guter Qualität ausgewogene Resultate; bei stark komprimierten Digitalfotos arbeitet er die JPEG-Artefakte, alsodie Bildstörungen hervor – das kanns ja wohl nicht sein! Allerdings: Wenn man vor dem One Step Photo Fix die Funktion «Digital Camera Noise Removal» ausführt, dann verschwindet dieser Effekt fast vollständig.

Arbeiten lassen

Paint Shop Pro bietet zu einem günstigen Preis einen grossen Funktionsumfang und Möglichkeiten, die auch einen Profi-Programm gut anstehen. Die Scripting-Fähigkeiten sind ein echtes Highlight: Der Skript-Rekorder zeichnet Befehlsfolgen auf, die auf das geöffnete Bild angewandt werden. Über die Stapelverarbeitungs führt Paint Shop Pro die aufgezeichneten Befehle aber auch auf eine ganze Reihe von Fotos aus. Die aufgezeichneten Skripte können bearbeitet oder in der Skriptsprache Python abgespeichert und weiterentwickelt werden. Allein dieses Feature macht Paint Shop Pro zur besten Wahl für anspruchsvolle Büroanwender. Im Gegenzug verlangt die Software für viele Arbeiten Grundlagenwissen in Sachen Bildbearbeitung.

Von Symbolen erschlagen

Photoimpact präsentiert nach dem Start eine Oberfläche, die manch einen Neueinsteiger erschlagen dürfte: Zwei Symbolleisten mit vielen Ikönchen, eine Werkzeugleiste mit zwei Dutzend Befehlen und eine Trickkiste mit ungezählten vorgefertigten Effekten. Auch bezüglich der Hilfsprogramme schwelgt der Benutzer bei Ulead im Überschwang: Nebst dem Bildeditor erhält man etwa ein Programm für animierte GIF, Photoimpact Album für die Bildverwaltung und die Panoramasoftware Cool 360. Und der Photo Explorer verwaltet Multimedia-Inhalte und beherrscht einfache Videokonvertierungen.

Zwar kann der Benutzer auf eine vereinfachte Arbeitsfläche umschalten, die, laut Hilfe, «bei der Bewältigung der Grundlagen hilft». Diesem Anspruch wird der Basis-Modus aber nicht im Geringsten gerecht: Die Werkzeug-Icons werden vergrössert, und die Symbolleiste ist weniger überladen, aber das ist auch schon alles. Das ist ein bescheidener Versuch, über die Defizite in der Benutzerführung hinwegzutäuschen. Zwar hat Photoimpact Assistenten zu bieten. Zur Verbesserung der Bildqualität mit «Express-Fix» präsentiert die Software in verschiedenen Kategorien jeweils vier Voreinstellungen. Doch der gute Ansatz krankt daran, dass die Vorschläge nicht immer erkennbar sind. Die automatische Bildkorrektur hat in manchen Fällen Farbfehler eher verstärkt als korrigiert.

Die zur Schau getragene Funktionsfülle erweckt den Eindruck, Photoimpact könne alles. Dem ist aber nicht so. Uleads Programm scheitert beispielsweise an CMYK-Bildern. Dass Masse nicht gleich Klasse ist, zeigt sich auch bei den verschiedenen mitgelieferten Utilities: So ist nicht auf Anhieb klar, was der Unterschied zwischen dem Photo Explorer und dem Photoimpact Album ist und weshalb es dafür zwei Anwendungen braucht. Das Paket wirkt alles in allem mehr wie eine Sammlung von Funktionen – wobei manche der Features nützlich und bewährt sind und den Kauf eines Extra-Utilities überflüssig machen.

Es wird alles in allem nicht klar, auf welche Anwendergruppe Photoimpact zielt. Für die professionelle Bildbearbeitung fehlen zentrale Funktionen, und gegen den Einsatz im Geschäftsumfeld spricht die unausgegorene Bedienung. PhotoImpact ist nach wie vor am bestem im Bereich des Webdesigns aufgehoben.

Unterschiedliche Stärken

Mit allen drei Programmen erhält der Käufer eine Bildbearbeitung, die sich für den Einsatz im Büro eignet. Die Stärken der Tools sind aber sehr unterschiedlich: Photoshop Elements 3 ist die beste Wahl für Benutzer, die einfache Bildbearbeitungen durchführen wollen und Wert auf eine gute Hilfe legen. Geht es beispielsweise darum, In-House-Dokumentationen zu erstellen, Digitalfotos aufzubereiten und zu verwalten, per Scanner eingelesene Motive zu bearbeiten und bildlastige Drucksachen oder Präsentationen zu erstellen, ist das Adobe-Produkt die richtige Wahl. Paint Shop Pro hat gute Funktionen für die Bildkorrektur und ist die erste Wahl für Montagen, aufwändige Retuschen oder Batch-Bearbeitungen. Photoimpact ist dann in Betracht zu ziehen, wenn vor allem die Firmen-Website oder das Intranet zu betreuen ist.

* Matthias Schüssler ist Journalist und Fachbuchautor in Winterhtur.

In diesem Beitrag

  • Wie die Anwendungen ungeübte Anwender bei der Verbesserung digitaler Bilder unterstützen
  • Wo die Stärken und Schwächen der drei Testkandidaten liegen
  • Welche Bildbearbeitung sich fürs Büro eignet

Drei Bildbearbeitungen, drei völlig unterschiedliche Ansätze: Paint Shop Pro, Photoimpact und Photoshop Elements. Bild: PD

Produkt: PaintShop Pro 0

Hersteller: Corel/Jasc

Vorteile: Einfaches, leistungsfähiges Scripting für die Automatisierung, grosser Funktionsumfang inklusive brauchbarer automatischer Korrekturmöglichkeiten.

Nachteile: Bescheidene Hilfefunktionen, solides Grundlagenwissen für Bildbearbeitung nötig.

Preis: 159 Franken

Info/http://www.jasc.de

Bewertung: 4 von 5

Produkt: Photoshop Elements 3

Hersteller: Adobe

Vorteile: Einfache Bedienung, gute Unterstützung durch Assistenten und Lehrgänge, praktische Fotoverwaltung, vielfältige Ausgabe, überzeugende Korrekturfunktionen.

Nachteile: Geübte Anwender stossen schnell an Grenzen, hoher Speicherbedarf

PReis: 139 Franken

Info/http://www.adobe.ch

Bewertung: 3,5 von 5

Produkt: Photoimpact 10

Hersteller: Ulead

Vorteile: Grosser Funktionsumfang, viele praxiserprobte Funktionen, die den Kauf weiterer Hilfsprogramme überflüssig machen, Zusatzprogramme

Nachteile: Der Basis-Modus für ungeübte User ist Etikettenschwindel, Funktionsumfang wirkt beliebig.

Preis: 144 Franken

Info/http://www.ulead.de

Bewertung: 2,5 von 5

Quelle: Computerworld, Freitag, 3. Dezember 2004

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Thema: Test der Woche
Nr: 5725
Ausgabe: 04-1
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