Dualprozessor-Performance-Test: Apple G5 2,5 GHz gegen Dell Precision Xeon Workstation 3,4 GHz

Satte Leistungsreserven

Mit der neuesten Computergeneration gibt es bei der Bildbearbeitung kaum mehr Wartezeiten. Im Publisher-Performance-Test mit Photoshop und InDesign lieferten sich ein Windows-System von Dell und Apples schnellster G5 ein Kopf-an-Kopf-Rennen.

MATTHIAS SCHÜSSLER Glücklich der Layouter und Bildbearbeiter, der sein Tagewerk mit Hilfe der neuesten Computerhardware verrichten kann. Die aktuelle Computergeneration spannt den Anwender noch nicht einmal bei komplexen Arbeitsschritten lange auf die Folter. Selbst beim Bearbeiten eines Hundert-Megabyte-Bildes erscheint die Sanduhr nur für Sekunden. Unscharf maskieren? Den gaussschen Weichzeichner anwenden? Rechenintensive Operationen wie diese erledigt ein Prozessor heute in kürzester Zeit, selbst wenn Millionen von Pixeln zu beackern sind.

Der Publisher stellt in unregelmässigen Abständen Vergleichstests mit aktueller Hardware an. Wir liessen Ende August zwei High-End-Systeme aus der Windows- und der Apple-Welt gegeneinander antreten. Um Photoshop und InDesign mit Microsofts Betriebssystem zu testen, stellte uns Dell ein High-End-System zur Verfügung: ein mit allen Finessen ausgestattetes Gerät der Precision-Modellreihe, das mit 4 GB RAM und einem SCSI-Raid ausgestattet ist und in dem zwei Xeon-CPUs mit je 3,2 Gigahertz Taktfrequenz arbeiten. Die Konkurrenzfähigkeit der Apple-Welt stellte ein G5-Rechner mit zwei 2,5-Gigahertz-Prozessoren und 4 GB Arbeitsspeicher unter Beweis.

Enormer Leistungssprung

Vergleicht man die Daten der aktuellen Systeme mit den Resultaten, die der Publisher-Performance-Test vor vier Jahren ergeben hat, ergeben sich enorme Leistungssteigerungen. So rechnet ein G4 mit 500 MHz für den gaussschen Weichzeichner 68 Sekunden. Ein Pentium III mit 733, wie er vor vier Jahren verkauft wurde, brauchte dafür sogar 85 Sekunden (nachzulesen im Publisher 4-2000 ab Seite 21). Die beiden Systeme im Publisher-Test führten den Filter innert Sekundenfrist aus – so schnell, dass die Messung nur über ein skriptgesteuertes Testverfahren mit ausreichender Präzision erfolgen konnte.

Während der Filter vor vier Jahren noch zu einer Zwangspause von mindestens einer Minute führte, macht er sich heute kaum mehr bemerkbar. Wenn der Arbeitsfluss stockt, dann liegt das heute am Benutzer, nicht am Computer. Der limitierende Faktor im Desktop Publishing ist inzwischen der Mensch – der, bei aller Kreativität und Übung beim Umgang mit der Software, zwischendurch nachdenken muss. Keinem fliegt in einer Millisekunde zu, auf welchem Weg er seine Aufgabe am besten löst.

Der steile Aufstieg zu den ungeahnten Leistungsspitzen liegt zum ersten an den neuen Prozessoren, die inzwischen zweieinhalb bis dreieinhalb Milliarden Rechenzyklen pro Sekunde durchlaufen. Zum zweiten sind inzwischen die Betriebssysteme, vor allem aber Photoshop, auf den Betrieb mit Mehrprozessorsystemen zugeschnitten (ab Version 7 von Adobes Bildbearbeitung mit Windows XP oder 2000 bzw. Mac OS X). Zwei Prozessoren machen den Computer nicht doppelt so schnell. Nicht alle Operationen sind geeignet, auf mehrere CPUs (Prozessoren) verteilt zu werden, da sie sich nicht parallel bearbeiten lassen. Laut Chris Cox, einem der Photoshop-Entwickler, gibt es inzwischen nur noch wenige Filter, die «nicht-threaded» sind, d.h. nur auf einer CPU laufen. Eine Benchmark des US-amerikanischen National Software Testing Lab (NSTL) zeigt in einer für Dell durchgeführten Studie einen Performancegewinn von 45 Prozent bei Multiprozessor-Unterstützung. Ein weiterer Vorteil eines Dual-Prozessor-Systems ist die allgemein bessere Ansprechbarkeit – das Betriebssystem zeigt weniger die Sanduhr und reagiert seltener träge, weil es durch eine interne Aufgabe ausgelastet ist.

Ein massiver Beschleuniger ist nicht zuletzt der in beiden Maschinen fast schon verschwenderisch grosse Arbeitsspeicher. Bei einer RAM-Bestückung von mehreren Gigabytes passt das Testbild trotz seiner stattlichen Grösse komplett in den Arbeitsspeicher und sowohl Betriebssystem als auch Anwenderprogramm können satte Datenpuffer anlegen. Bleibt die Festplatte draussen, benötigen Arbeitsschritte oft nur noch einen Bruchteil der Zeit.

Performance hüben wie drüben

Im Vergleich der Plattformen bleiben sich Windows und Mac OS X kaum etwas schuldig. Das Dell-System schneidet zwar besser ab, ist allerdings auch markant teurer als der Mac, sodass die Performance in der Frage «Windows oder Mac» keinesfalls ausschlag- gebend ist. Beide Plattformen bieten satte Leistung zu satten Preisen.

Also zu der zentralsten Kennziffer der beiden Systeme: dem Preis. Wer auf der Überholspur computern will, muss tief in die Tasche greifen. Die Dell-Precision-Workstation kostet in der getesteten Ausbaustufe satte 11442 Franken und ist damit ein kompromissloses Arbeitstier mit kompromisslosem Preis.

So macht sich der luxuriöse Ausbau mit Arbeitsspeicher in der Endabrechnung bemerkbar.1 Gigabyte Arbeitsspeicher schlägt mit saftigen 840 Franken zu Buche (Stand Anfang September); wer seinen Rechner statt mit 512 mit 4 GB Arbeitsspeicher ausstatten will, zahlt dafür einen Aufpreis von rund 3000 Franken.

Der Apple-Testrechner, ein G5 mit 4 GB RAM, kostet ohne Monitor 7148 Franken, mit Cinema-Display 9247 Franken.

PCI Express sorgt für Tempo

Das bessere Abschneiden verdankt das Windows-System dem mit 3,4 Gigahertz höher getakteten Xeon-Prozessoren, vor allem aber dem SCSI-Raid. Im System ist ein Raid-Level 0 («Non-Re­­­dundant Striped Array») eingebaut, bei dem zwei Festplatten als ein einziges Laufwerk in Erscheinung treten und daher schnellere Dateizugriffe ermöglichen. Das Raid macht sich vor allem beim Starten von Programmen und beim Öffnen und Speichern von Dateien bemerkbar. Die Dell-Maschine profitiert auch von seiner PCI-Express-Architektur. Diese macht sich in einem guten Datendurchsatz bemerkbar und ist mit dafür verantwortlich, dass der Dell Precision beim Speichern, Exportieren oder beim Erzeugen der PDF-Datei die Nase vorn hat. Schliesslich erschien uns Mac OS X alles in allem weniger agil als Microsofts Betriebssystem. Windows verhält sich – subjektiv gesehen – «spritziger» als Mac OS.

DTP ohne Wartezeiten

Der Publisher-Performance-Test zeigt es deutlich: Intel und IBM können die Weiterentwicklung ihrer Prozessoren einstellen. Der notorische Leistungshunger der Desktop-Publisher wird mit den aktuellen Systemen gestillt. Bildbearbeitung oder Layout, es gibt kaum noch Wartezeiten. CPUs mit Taktfrequenzen im Gigahertzbereich, ein Arbeitsspeicher-Ausbau, von dem man vor wenigen Jahren nur träumen konnte, grosse Festplatten, blitzschnelle Grafikkarten und neue Datenbusse mit riesigem Datendurchsatz führen dazu, dass die Rechner auch grossen und komplexen Dokumenten gewachsen sind. Wir mussten uns anstrengen, in unserem Test Aufgaben zu finden, die aus der Praxis gegriffen sind und messbare Bearbeitungszeiten ergaben. Noch mehr Leistung würde sich am DTP-Arbeitsplatz kaum mehr sinnvoll nutzen lassen. Aber natürlich wird die Entwicklung weitergehen – angetrieben von digitalem Video oder den nie zu befriedigenden Performance-Wünschen der Computer-Gamer. Und auch bei den Publishern hat natürlich niemand etwas dagegen, wenn das Öffnen einer 100-MB-Datei statt drei Sekunden nur eine dauert. Und auch hier gibt es nach wie vor Gebiete, in denen ein weiterer Leistungsgewinn nicht nur angenehm ist, sondern auch effizienzsteigernd und kostensenkend – beispielsweise beim Umwandeln grosser Publikationen in PDF-Dateien, wo nach wie vor Wartezeiten entstehen. Schliesslich steht es ausser Frage, dass Softwarehersteller weiter an der Schraube drehen und auch die neuen Leistungsreserven ausgeschöpfen werden.

Die Leistung steigt linear, der Preis im Quadrat

Die Leistung ist also vorhanden und käuflich zu erwerben – fragt sich noch, zu welchem Preis. Für eine High-End-Workstation bezahlt man das Vielfache eines normalen Feld-Wald-und-Wiesen-Rechners. Ausreizen lässt sich das Leistungspotenzial eines High-End-Rechners nur bei anspruchsvollen Arbeiten; für die alltägliche Arbeit genügt der Rechner von der Stange. Teures Geld in Leistungsreserven zu investieren, die man selten nutzt, macht keinen Sinn.

Während die neuen G5-Macs standardmässig zwei Hauptprozessoren bieten, sollten sich Windows-Anwender fragen, ob sie sich die zweite CPU nicht sparen können und das Geld stattdessen in ein bis zwei Gigabyte RAM investieren. Dies beispielsweise auch aufgrund der grossen Hitzeentwicklung der schnellen Intel-CPUs. Wer in einem kleinen Büro unterm Dach arbeitet, rüstet seinen Arbeitsplatz mit dem Kauf eines Dual-Xeon-Systems nämlich automatisch in eine Sauna um. Mehr als zwei Gigabyte Arbeitsspeicher ist, sogar wenn intensiv mit mehreren Adobe-Anwendungen gleichzeitig gearbeitet wird, Luxus. Hingegen macht es Sinn, auf die neuen Computerarchitekturen zu setzen: Apples G5 mit dem schnellen Frontside-Bus oder ein Windows-System mit Xeon-Prozessor ist eine gute Wahl. Der Xeon ist von Haus aus auf den Dualprozessor-Betrieb ausgelegt, d.h. kann mit einem zweiten «Gspänli» im Rechner betrieben werden – dafür muss natürlich ein zweiter Sockel auf dem Motherboard vorhanden sein. Die Dell-Precision-Linie ist, mit Xeon-Prozessor, schnellem DDR2-Speicher, PCI-Express und Gigabit-Ethernet-Netzwerkkarte ab 1789 Franken zu haben. Der Basispreis des PowerMac G5 mit zwei 2,5-GHz-Prozessoren beträgt 4599 Franken.

Zum Vergleich haben wir den Test auch auf einem Rechner durchgeführt, wie er an vielen Orten im Einsatz sein dürfte: einem 15 Monate alten Pentium-4-Rechner mit 2,4-GHz-Prozessor, 512 MB Arbeitsspeicher und 40-GB-Festplatte. Dieser Rechner benötigte für alle Tests rund viereinhalb Mal so viel Zeit wie der Dell-Rechner. Ein vergleichbarer Computer ist heute bei einem Assemblierer wie www.brack.ch für rund 700 Franken erhältlich. Da gilt es, vor dem Computerkauf scharf nachzurechnen, wie viel Geld einem die Performance wert ist – und ob man die Möglichkeit hat, angesichts des schnellen Wertzerfalls in der Computerbranche einen Powerboliden wie die hier getesteten zu amortisieren. Doch eins ist sicher: Die Arbeit mit Photoshop oder InDesign macht auf einem brandneuen G5 oder Dell Spass wie nie.

Quelle: Publisher, Montag, 11. Oktober 2004

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