MONITOR

Der Preis der Arroganz

Von Matthias Schüssler

Download.com ist die grösste Shareware-Website der Welt. Mehr als eine Million Besucher täglich informieren sich über Software-Neuigkeiten und suchen aus Hunderten von Programmen das beste Spiel, ein nützliches Utility oder eine andere unverzichtbare Anwendung. Von Download.com (der gleiche Software-Katalog ist auch über www.hotfiles.com zu erreichen) profitieren alle: die Surfer, denn sie finden für jede erdenkliche Aufgabe die passende Software, ohne Dutzende von Websites abklappern zu müssen. Die Entwickler können ihre Produkte einem breiten Publikum vorstellen. CNET Networks als Betreiberin geht auch nicht leer aus, denn Dell, Microsoft, Gateway, Toshiba und viele andere haben auf den Download-Seiten ihre Banner geschaltet.

Doch diese Symbiose steht vor dem Aus: «Ihr Produkt ist zur Eliminierung vorgesehen», lässt Hunter Hoffman vom Customer Service die verdutzte Programmiergemeinschaft wissen. «Wir verlangen neu, dass alle Anbieter ein Listing Package kaufen», fährt Hoffman fort, um auf den Punkt resp. aufs Cash zu kommen: 79 US-Dollar kostet das Basic Processing. Dieser Betrag ist für jeden Eintrag abzuliefern, und jede Änderung kostet 79 Dollar. Wer nicht innert zehn Tagen bezahlt, fliegt raus aus der Datenbank.

Als ambitionsloser Freizeitprogrammierer habe ich fünf Titel bei Download.com gelistet. Macht 395 US-Dollar oder etwa 535 Franken. Vier der Titel sind Freeware, also gratis für jedermann, und auch der Bezahltitel hat mir leider bislang keine 535 Franken eingebracht. Andererseits wurde allein mein Spiel «Clickomania» seit März 2002 knapp 138 000-mal heruntergeladen, was CNET mindestens 138 000 Werbeeinblendungen und Einnahmen von einigen Tausend Dollar beschert hat.

Was passiert, liegt auf der Hand: Die Freeware-Programmierer werden ihre Einträge verfallen lassen. Damit bringt sich Download.com um die Möglichkeit, mit fremder Arbeit (Werbe-)Geld zu verdienen. Ohne Freeware verliert Download.com massiv an Attraktivität. Ob die zahlenden Kunden bei der Stange bleiben, wenn die Heerscharen von Schnäppchenjägern ausbleiben, ist zweifelhaft. Man muss sich fragen, wie jemand auf die schwachsinnige Idee kommt, die Zulieferer von kostenlosem Content in Scharen zu vertreiben. Eine Vermutung: Download.com sind die Grössten, und dafür halten sie sich auch. Grösse macht arrogant und Arroganz dumm. Zum Glück gibts im Internet viele kluge kleine Download-Sites.

Quelle: Tages-Anzeiger, Montag, 3. März 2003

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