Rettungsring im Meer der Bildformate

Die elektronische Datenverarbeitung hat es so an sich, dass sie ihre eigenen Regeln aufstellt, die strikt befolgt werden wollen. Diese Regel gilt explizit auch, wenn es sich bei den digitalen Daten um Bilder handelt. Wir zeigen die technischen Rahmenbedingungen, welche gelten, wenn sich der Computer die Abbilder der Welt untertan macht.

Von Matthias Schüssler l Hat man via Scanner oder Digitalkamera ein Bild in den Rechner geholt, möchte man es selbstverständlich aufbewahren und lokal abspeichern oder via Internet der Welt zurückgeben. Nicht ganz einfach – denn je nach Bildverarbeitungsprogramm ist die Auswahl an Dateiformat entweder nur beeindruckend oder schlicht erschlagend. Und bereits lauert eine Fehlerquelle: Wählt man nämlich das falsche Format, gehen Informationen verloren oder es wird wertvolle Festplattenkapazität verschwendet.

Anders als beim Speichern eines Textes drängen sich beim Umgang mit Bildern verschiedene Fragen auf: Wofür soll das Bild verwendet werden? Ist es für den Druck, fürs Internet oder für eine Bildschirm-Präsentation bestimmt? Muss es weiterverarbeitet werden können oder reicht es, wenn die gängisten Programme es anzeigen können?

Man kann so vieles falsch machen: Speichert jemand ein Bildschirmfoto als JPEG, hat er einen kapitalen Bock geschossen. Wird ein Digitalfoto als BMP gespeichert oder gar so per Mail verschickt, ist das entweder Platzverschwendung oder gar ein Grund für einen Nervenzusammenbruch beim Downloader. Somit gilt: Der Wahl des richtigen Dateiformats kommt entscheidende Bedeutung zu.

Bilder fürs Internet

Im Internet sind leider – oder glücklicherweise, je nach Betrachtungsweise! – nur zwei Bildformate gebräuchlich: JPEG und GIF:

GIF: Das Graphics Interchange Format unterstützt Farbtiefen bis zu 256 und komprimiert nach dem verlustfreien LZW-Algorithmus. Es eignet sich für Bilder mit einer beschränkten Farbanzahl (höchstens 256 Farben) und komprimiert dann besonders erfolgreich, wenn das Bild grossflächige Bildanteile der gleichen Farbe enthält (Screenshots, Navigations-Buttons, Diagramme). Das GIF-Bild enthält eine individuelle Palette, in der die verwendeten Farben definiert sind. Grundsätzlich kann jede Farbe aus dem RGB-Farbraum benutzt werden. Es empfiehlt sich aber, bei der Erstellung von GIFs fürs Web, wann immer möglich, die sogenannte Web- Palette zu benützen. Diese enthält die Systemfarben aller relevanten Systemplattformen, wodurch sichergestellt ist, dass die Bilder unter Windows, Mac und Linux einigermassen gut aussehen, auch wenn das Clientsystem bloss 256 Farben anzeigen kann.

Falls möglich: Hände weg von Dither!

Beim Exportieren von GIFs sollten Sie auf Dither verzichten, falls dies möglich ist – durch die aufgerasterten Flächen steigt die Dateigrösse markant an, weil die LZW-Komprimierung nicht mehr effektiv angewendet werden kann. Versuchen Sie, die Farbanzahl möglichst auf 256 zu reduzieren – oder wechseln Sie zum JPG-Format.

Das GIF-Format unterstützt Transparenz (einzelne Einträge in der Farbpalette sind als «durchsichtig» markiert), progressive Darstellung (das Bild wird nicht von oben nach unten aufgebaut, sondern erscheint erst als grobaufgelöste Voranschau, die dann mit fortschreitendem Downloadvorgang immer detailierter wird) und Animationen (Trickfilmähnliche Sequenzen).

Rechtliche Hürden

Das GIF-Format «gehört» CompuServe und ist copyright-geschützt, ebenso die LZW-Funktionen, deren Rechte bei Unisys liegen. Software-Autoren müssen daher die Verwendung des Formats lizenzieren lassen; ausgenommen sind Freeware-Programme.

Um die rechtlichen Hürden möglichst zu umgehen, steht inzwischen ein public-domain Format (.PNG) zur Verfügung. Obwohl es die Browser der neuesten Generation anzeigen können und es gegenüber von GIF einige markante Vorteile besitzt, hat es sich bis jetzt nicht durchsetzen können.

JPEG: Entwickelt wurde dieses Format von der JPEG (Joint Photographic Experts Group), und ist dank der hervorragenden Komprimierungsleistung inzwischen weitververbreitet. Allerdings ist die JPEG-Komprimierung verlustbehaftet – der Einsatz dieses Formats verbietet sich daher für Bilder, die weiterverarbeitet werden müssen; JPEG ist nur für den Export einer fertigen Arbeit gestattet.

JPEG eignet sich für fotorealistische Bilder mit mehr als 256 Farben oder für Graustufenbilder. Auch CMYK-Bilder (diese werden im Vierfarbendruck verwendet), können mit JPEG komprimiert werden.

Das JPEG-Format unterstützt ebenfalls den progressiven Bildaufbau (was allerdings, so zumindest meine persönliche Meinung, ausgemacht hässlich aussieht).

Bilder im Office- und Profibereich

Abseits der «Insel Internet» spriessen die Formate ins Kraut. Neben diversen nativen Formaten existieren solche, die sich in eigenen Nischen etabliert haben. Video-Schnittmeister setzen oft das TGA-Format für Standbilder ein. Aufgrund der Vielfalt seien hier nur die wichtigsten Formate aufgeführt:

TIFF: Das Tagged-Image-File-Format ist ein äusserst komplexes und leistungsfähiges Format, das insbesondere im Profi-Bereich häufig zum Einsatz gelangt. Es unterstützt alle gängigen Farbtiefen von 1-bit bis zu 64-bit-Bilder (CMYK mit 16-bit pro Farbe statt den üblichen 8 – ein Profi-Format für höchste Farbdifferenziertheit). Die TIFF-Spezifikationen, gedruckt ein äusserst umfangreiches Werk, sehen diverse Komprimierungsalgorithmen vor (LZW- und ebenso JPEG-basierende). Eine TIFF-Datei kann mehrere Bilddateien enthalten (Vorschau plus das eigentliche Bild, verschiedene Bild-Ebenen oder -Varianten), ausserdem Freistellpfade (Umrisse, welche als Maske fungieren und einen Teil des Bildes ausschneiden) und Geräteprofile, welche für farbgetreue Wiedergabe benutzt werden.

Das TIFF-Format erleichtert den Datenaustausch über die Plattformgrenzen hinweg, da es sowohl unter Windows als auch unter Mac zur Verfügung steht.

BMP: Das Bitmap-Format unterstützt Farbtiefen von 1 bis 24-bit, jedoch keine Komprimierung (Ausnahme: Lauflängen-codierte Bitmaps mit der Endung RLE). Weil die Komprimierung fehlt, gibt es keinen Grund, BMPs zu verwenden – ausser vielleicht für Programmierer, da Windows in den Programmierschnittstellen bereits alle nötigen Funktionen für den Umgang mit BMPs bereitstellt.

WMF: Das Windows-Meta-File ist eigentlich kein Grafikformat, sondern eine «Aufzeichnung» von Windows-GDI-Befehlen,die beim Aufruf wieder «abgespielt» werden. GDI- Befehle sind hauptsächlich vektororientiert, können aber das Zeichnen eines Bitmaps auslösen. Wir nennen das Format, weil es sich für Office-Clip-Arts eignet, falls keine erhöhten Qualitätsansprüche bestehen.

Für Delphi-Programmierer:

Wir haben verschiedene Delphi-Komponenten für eigene GIF-/TIFF-Experimente auf unseren Webserver gestellt: http://www.computermarkt.ch/Delphi/index.htm.

(Kasten) Wieviele Farben dürfen es sein?

Entscheidend für die (unkomprimierte) Dateigrösse, aber auch die optische Bildwirkung, ist die Farbtiefe, d.h. mit wievielen Bits jeder Bildpunkt gespeichert ist.

Strichzeichnungen (1 bit pro Pixel)

Bilder im Strichzeichnungsmodus können nur zwei «Farben» enthalten: Weiss oder Schwarz. Verschiedene technische Tricks erlauben es jedoch, Grautöne zu «simulie-ren» (Dither, Beispiel rechts).

Das Strichformat eignet sich für Vorlagen mit klaren Konturen, technische Zeichnungen und Typografie. Oft ist es qualitativ besser, Graustufen-Motive nicht in diesem Modus, sondern mit sehr hoher Auflösung (600–1200 dpi) als Strich einzuscannen.

Graustufe (8 bit pro Pixel)

Bilder im Graustufenmodus eignen sich für fotorealistische Motive, die nicht farbig reproduziert werden müssen.

Indizierte Farbpalette (2–8 bit)

Für Bilder mit einer begrenzten Anzahl Farben (Diagramme, Screenshots, schematische Darstellungen) eignen sich Bilder mit indizierter Farbpalette. Die Anzahl Farben ist dabei zwischen 4 und 256 variabel. Dither ist ebenfalls möglich.

RGB/True-Color (3×8 bit pro Pixel)

Für gescannte Fotos, oder Bilder aus Digitalkameras benützt man 24-bit-Bilder.

(Kasten) Auflösung

Die Auflösung bezeichnet, salopp ausge-drückt, die Schärfe eines Bildes. Ein digitales Bild ist umso schärfer, je mehr Pixel für eine bestimmte Flächeneinheit zur Verfü-gung stehen. Man misst die Auflösung in ppi (Pixels per Inch) oder auch dpi (dots per inch). Hierbei zählt man also die Zahl der Bildpunkte, welche das Bild pro Längen-einheit von 2,54 Zentimeter aufweist. Je besser die Auflösung (je höher die dpi-Zahl), desto besser die Bildqualität und damit der Detailreichtum und die Qualität des Bildes. Da aber die Dateigrösse mit einer Verdoppelung der Auflösung um das Vierfache ansteigt (ebenso die Verarbeitungszeit auf dem Rechner), sollte die Auf-lösung nicht maximiert, sondern optimiert werden. Richtwert für die Optimierung ist die Auflösung des Ausgabegeräts. Hier ist zu beachten, dass die optimale Auflösung für Bilder nur dann mit der Auflösung des Druckers identisch ist, wenn Strichzeichnungen ausgegeben werden. Der Grund: die allermeisten Drucker kön-nen nur 1-bit-Druckpunkte aufs Papier setzen. Sobald also Grau- oder Farbstufen gedruckt werden, muss der Drucker diese simulieren, ganz ähnlich, wie dies im Kasten «Wieviele Farben dürfen es sein?» unter Dither beschrieben ist. Dadurch «geht Auflösung verloren», so dass es nichts bringt, ein Graustufenbild mit 600 dpi einzuscannen, wenn es auf einem 600-dpi-Drucker ausgegeben wird.

Die komplizierte Formel zur Berechnung erspare ich Ihnen aus Platzgründen, nicht aber eine Tabelle mit Richtwerten:

Drucker-Auflösung Scan-Auflösung
300 dpi 53 dpi
600 dpi 75 dpi
1200 dpi 150 dpi

(Kasten) Digitale Saftpressen: Lossy oder verlustfrei?

Beim Speichern von digitalen Bildern fallen ungeheure Datenmengen an. Somit ist es nicht erstaunlich, dass sich Informatiker zu überlegen begannen, wie man den Kilound Megabytes Herr werden könnte. Inzwischen existieren verschiedene lei-stungsfähige Komprimierungalgorith-men. Grundsätzlich können zwei verschiedene Methoden der Komprimierung unterschieden werden:

  • Verlustfreie Komprimierung: Beim Komprimieren der Bilddaten geht nichts verloren, das Original kann vollständig rekonstruiert werden. Die einfachste Form der Komprimierung besteht in einer Lauf-längencodierung: Nebeneinanderliegende, gleichfarbige Pixel werden, mit der Angabe der Anzahl, «zusammengefasst». Eine etwas höher entwickelte Technologie arbeitet ähnlich wie die ZIP-Komprimierung und will Redundanz verhindern: Wiederkehrende Datenwörter werden nur einmal aufgeführt und entsprechend refe-renziert.
  • «Lossy», verlustbehaftete Komprimierung: Beim Komprimieren mit dem JPEG-Algorithmus werden verschiedene

Verlustbehaftete Kompression: Das Bild links wurde mit mittlerer JPEG-Qualität gespeichert, das Bild rechts mit geringer. Die Dateigrössen: Original (unkomprimiert: 388 KB, mittlere Qualität 17 KB, geringe Qualität: 5 KB)

Besonderheiten der optischen Wahrnehmung berücksichtigt, beispielsweise, dass das Auge in dunklen Bereichen Farben nur schlecht unterscheiden kann und generell sensibler für Helligkeits- als für Farbunterschiede ist. Beim Speichern im JPG-Format gehen Informationen verloren, das Original kann nicht mehr rekonstruiert werden. Achtung: Im JPEG-Format können sichtbare Artefakte entstehen!

Neben dem JPEG-Format gibt es auch fraktale Kompressionsalgorithmen.

Quelle: M+K Computer-Markt, Samstag, 26. Juni 1999

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Nr: 306
Ausgabe: 99-7
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