Internet mitten auf dem Desktop

Bunter, verspielter, cooler, multimedialer: So ist die Oberfläche des neuen Windows 98. Microsofts Betriebssystemsprössling bringt alles mit, um den Desktop und Verzeichnisse in eine Augenweide zu verwandeln.

Von Matthias Schüssler. Gut, es ist möglich, dass man nach einer hemmungslosen Konfigurieraktion die Ikönchen auf dem Desktop nicht mehr findet – weil alles so schön bunt ist. Nicht nur den Desktop können Sie mit dem neuen Windows auf vielerlei Weise interessanter gestalten, sondern auch jeden einzelnen Ordner. Hinterlegen Sie Bilder oder HTML-Code – nur die Phantasie und die Systemressourcen setzen Grenzen!

Der wüste Desktop lebt!

Augenfälligste Neuerung ist der «Active Desktop». Dieser ergänzt die statischen Hintergrundbilder des alten Windows um dynamische oder, im Microsoft-Jargon, «aktive» Inhalte. Sie können eine beliebige HTML-Seite in den Hintergrund Ihres Desktops einpflanzen – oder auch mehrere, wenn’s denn sein muss. Diese Seite verhält sich nicht anders als eine Seite im Internet-Explorer, d.h. Sie können mittels Laufleisten scrollen, den sichtbaren Ausschnitt skalieren und die Links anklicken. Dieses Feature macht natürlich dann besonders Spass, wenn man via Standleitung am Internet hängt. Dann kriegt man die neuesten Börsenkurse, News-Ticker von Nachrichtenagenturen oder Livebilder von Spycams direkt auf den Bildschirm.

Informationszentrale

Doch auch die Mehrheit der Windows-Benützer, welche nicht ständig am Internet hängt, kann die variierende Schreibtischplatte sinnvoll einsetzen: Speichern Sie eine Liste mit häufig verwendeten Telefonnummern im Word als HTML ab und hinterlegen Sie das Dokument auf dem Desktop. Oder: verwenden Sie die «Abonnieren»-Funktion des Internet-Explorers. Dann wird dieser im von Ihnen vorgegebenen Rhythmus Inhalte aus dem Web holen und diese via lokalen Zwischenspeicher verfügbar machen. Der Wandel des PCs vom abgeschotteten Arbeitsplatz-Rechner zur multimedialen Informationszentrale hat Microsoft mit Windows 98 vollzogen.

Ordner individualisieren

Ein weiteres Tummelfeld für Konfigurationsfetichisten tut sich bei den Ordnern auf. Nebst den klassischen Darstellungsformen des Explorers gibt’s neu die «Web-Ansicht». Die kann man entweder mit allen Voreinstellungen übernehmen oder individuell tätig werden. Akzeptiert man die Web-View global, erscheinen Dateien plötzlich als Links, und der Single-Klick wird aktiviert. Man muss also nicht mehr auf eine Datei doppelklicken, um sie zu starten, ein einzelner Klick genügt. Die Web-Ansicht lässt sich, falls sie nicht global gewünscht wird, pro Ordner zuschalten. Bei einigen Verzeichnissen macht’s durchaus Sinn: In der Web-Ansicht werden im Windows-Verzeichnis erst mal gar keine Dateien angezeigt. Ein kurzer Warntext weist darauf hin, dass das Löschen und Verändern von Dateien das System lahmlegen kann und ermöglicht das Einblenden von Dateien mit einem Link.

Die Konfiguration der Ordner hat Microsoft nicht sehr einleuchtend gelöst. Mal ist’s ein Wizard, der gewisse Optionen bereitstellt, mal ein Reiter in den Eigenschaften, mal ein Dialogfeld. Daher folgender Tip: Erstellen Sie einen leeren Ordner, kopieren Sie ein paar Dateien hinein, und üben Sie an diesem Dmmmy-Verzeichnis. Wenn Sie es nämlich völlig verkonfiguriert haben, brauchen Sie bloss den Ordner zu löschen …

Java-Cracks sind gefragt!

Haben Sie dann endlich das richtige Dialogfeld vor der Nase, können Sie für den Ordner ein Hintergrundbild wählen, die verwendete Schrift bestimmen und, ob er in Web-Ansicht angezeigt werden soll. Der Web-Ansicht zugrunde liegt eine HTML-Seite, die sich neben die normale Explorer-Darstellung klinkt. Falls Sie möchten, können Sie auch diese HTML-Seite editieren und Ihren Bedürfnissen anpassen. So können Sie beispielsweise einen bestimmten Dateityp zählen (z.B. «Das Verzeichnis enthält 15 Word-Dokument(e) und 3 Excel-Tabelle(n)»). Leider ist hier kein Assistent mehr zur Stelle; Windows begnügt sich damit, den HTML-Code im Editor zu öffnen. Ab hier ist also Handarbeit angesagt. Die hinterlegten Web-Seiten strotzen jedoch von Java-Scripts und unerklärten HTML-Tags, so dass die persönliche Web-Ansicht in der Praxis wohl eher die Ausnahme bleiben wird.

Quelle: M+K Computer-Markt, Freitag, 1. Mai 1998

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Thema: Windows 98
Nr: 238
Ausgabe: 98-8
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