Trüllikon: Eine sehenswerte Ausstellung über die älteste Bautechnik der Kulturgeschichte – «Fachwerk, eine bewährte Konstruktionsweise»

Jedes Riegelhaus ist einzigartig

«Fachwerk, eine bewährte Konstruktionsweise» ist der Titel einer Ausstellung, welche in Trüllikon noch bis 6. November den interessierten Besuchern die Bautechnik näherbringt, welche hierzulande die Ortsbilder prägt. Zu sehen sind unter anderem vier charakteristische Riegelbauten – als detailgetreue Holzmodelle.

(msc) Walter Weiss hatte ursprünglich Zimmermann gelernt, heute ist er als Oberschullehrer tätig. Er gilt als Experte für die älteste Bautechnik der Kulturgeschichte; sein reichhaltiges Wissen über die Riegelbautechnik hat er nun in eine «multimediale» Ausstellung einfliessen lassen: Neben Stellwänden mit Illustrationen und Fotos, den authentischen Werkzeugen, finden sich etliche Holzmodelle, kleinere, welche im Detail einzelne Konstruktionsprinzipe verdeutlichen, aber auch vier grosse Nachbauten charakteristischer Fachwerkhäuser.

414 Holznägel

Beispielsweise das Modell eines mittelalterlich konstruierten Bauernhauses im Massstab 1:20, welches Weiss aus 452 Hölzern und 414 Holznägeln in 190 Arbeitsstunden baute.

Die Schautafeln informieren über Holzgewinnung, die Werkzeuge der Zimmerleute, die baugeschichtliche Entwicklung, die Konstruktionstechniken der Fachwerkbauten, Verbreitung dieser Bautechnik in ganz Europa, aber auch über lokale Besonderheiten im Hausbau. Lange Zeit war die Fachwerkbauweise die billigste Art des Häuserbaus gewesen, weil sie äusserst holzsparend ist. Überdies haben sich Fachwerkbauten als äusserst beständig erwiesen, der älteste Riegelbau steht in Unterstammheim und wurde 1436 erbaut – sogar Erdbeben trotzen Fachwerkbauten besser als andere Häuser. Doch Riegelhäuser sind auch in Regionen «zuhause», wo man sie nicht unbedingt erwartet, beispielsweise im Alpenraum. Dort werden die sichtbaren Riegel allerdings nicht so geschätzt wie im Weinland; die Zimmerleute bauen nicht «auf Sicht», sondern verputzen die Wände – etwa die Hälfte aller Riegel in der Schweiz sind unter Verputz versteckt.

«Jedes Haus einzigartig»

Aber es gibt auch andere lokale und regionale Unterschiede im Fachwerkbau. Für die Vielfalt gibt es laut Walter Weiss diverse Gründe: gesetzliche Vorschriften, so von der Feuerpolizei, Waldnutzungsrechte, das Können und die Vorlieben der Zimmerleute, oder Tradition und Kulturverständnis und finanzielle Lage der Bauherren, aber auch simpel Modeströmungen. Für die Fachwerkhäuser in Unterstammheim beispielsweise nennt Weiss als typisch den «proportional strengen Aufbau der Wände», in Bumeshus im Thurgau findet man «aussergewöhnlich enge Stellung der Streben, Ständer und Riegel», in Lützelsee «reiches Fachwerk mit grossen Schutzdächern». Die Austellungsbesucher können auch einen Blick über die Schweizer Grenze werfen; Weiss zeigt auch Riegelbauten aus der Lüneburger Heide, aus Mittelengland und aus dem Elsass.

Raute mit Andreaskreuz

Weiter dokumentiert Weiss die Terminologie des Fachwerkbaus, erklärt Begriffe wie «Ankerbalken», die «Ausfachung», «Streben» und «Ständer». In Skizzen werden verschiedene Dachkonstruktionen und formen gezeigt, Holzmodelle erklären verschiedene Methoden der Holzverbindung. Walter Weiss stellt den Beruf des Langsägers vor – für Schulabgänger, die sich über die Berufswahl Gedanken machen, ist das allerdings kein tauglicher Hinweis, denn Sägemühlen liessen dieses Handwerk bei uns im siebzehnten Jahrhundert aussterben. Die Langsäger zersägten die Baumstämme tatsächlich der Länge nach – was sparsamer im Holzverbrauch war als das Behauen, dafür aber enorm viel Muskelschmalz benötigte. Doch Holz ist nicht das einzige Material, das im Fachwerkbau zur Verwendung gelangt, seit dem neunzehnten Jahrhundert kommt auch Stahl und Beton zum Einsatz. Ein weiteres Beispiel aus dem Weinland: Die 300 Meter lange Ossinger Brücke, 1875 gebaut, weist vier Fachwerkpfeiler auf.

Die Ausstellung ist noch bis zum 6. November in an der Diessenhoferstrasse 30 in Trüllikon zu sehen. Öffnungszeiten: Samstags und Sonntags von 11 bis 17 Uhr, Mittwoch und Freitags von 17 bis 21 Uhr. Für Gruppen und Schulklassen auch unter der Woche, nach Vereinbarung. Telefon 43 21 44

Quelle: Der Landbote, Donnerstag, 27. Oktober 1994

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Thema: Ausstellung Fachwerk
Nr: 69
Ausgabe: 94-251
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