Ein neuer Player lockt mit Geld

Social Media Die Zahl der Alternativen fürs Microblogging wächst. Als Twitter-Ersatz werden Tumblr oder Post.news gehandelt.

Während Elon Musk alles daransetzt, dass bei Twitter keine Ruhe einkehrt, bringen sich mögliche Nachfolger in Stellung: Das dezentrale Netzwerk Mastodon erlebt in Europa grossen Zulauf. Die Hive-App wird vor allem in den USA als Alternative gehandelt.

Und es gibt einen Social-Media-Veteranen, dem manche aufgrund des Schlingerkurses bei Twitter einen zweiten Frühling prophezeiten: Tumblr.com. Als Blogging-Plattform startete sie 2007 mit sozialer Vernetzung. Mit dem Fokus auf kurze Beiträge und mit immerhin 472 Millionen registrierten Nutzern ist Tumblr tatsächlich nicht schlecht dafür aufgestellt, um Twitter zu beerben. Aber: Der Dienst hat lange Jahre stagniert. Das ist Ex-Besitzer Yahoo anzulasten, der Tumblr 2013 übernommen hat. Doch seit 2019 gehört der Mikrobloggingdienst Automattic: Das ist das Unternehmen, das mit WordPress eine weltweit erfolgreiche Software für Websites betreibt.

Automattic-Gründer Matt Mullenweg wird Tumblr mit der Activitypub ausstatten. Diese offene Technologie steckt auch hinter Mastodon und dem Fediversum. Mit diesem Schritt erhebt Tumblr nicht den Anspruch, Twitter allein zu beerben. Aber Mullenweg stärkt das sogenannte Fediversum, das sich als offene Alternative zu den geschlossenen, kommerziellen Social-Media-Plattformen sieht.

Gute Inhalte werden belohnt

Ein brandneuer Kandidat ist Post. news: Dieses soziale Netzwerk ging am 14. November an den Start. Es erinnert optisch sehr an Twitter, und es gibt eine weitere Parallele. Es hat Geld von Marc Andreessen erhalten, der hinter dem legendären Netscape-Browser steht und heute mit seinem Unternehmen Andreessen Horowitz als Geldgeber auftritt. Zwischen 2005 und 2009 hat er auch in den aufstrebenden Mikrobloggingdienst investiert. Post als reinen Twitter-Klon zu betrachten, würde zu kurz greifen. Gründer Noam Bardin hat einige Jahre bei Google gearbeitet und zuvor die Navigations-App Waze vorangetrieben. Bardin sieht seine App als «Zeitung der Zukunft»: User sollen die Plattform nutzen, um qualitativ hochwertige Inhalte weiterzuverbreiten. Dafür gibt es die üblichen Social-Media-Funktionen wie Hashtags, Favoriten und Reposten.

Als Besonderheit gibt es die Trinkgeldfunktion: Mit ihr lässt man dem Urheber eines Beitrags eine Anerkennung in Form von «Points» zukommen. Diese Einnahmen lassen sich ab einem Mindestbetrag in US-Dollar umwandeln und auszahlen.

Trotz der eigenständigen Ideen wird es für den dauerhaften Erfolg notwendig sein, dass sich Post aus Twitters Schatten löst. Danach sieht es im Moment aber nicht aus, zumal auch Technik-Chef Noel Baron Post als «Anti-Twitter» definiert. Er hat auf einen Post von Elon Musk Bezug genommen, in dem der Twitter-Chef in rechtspopulistischer Manier eine Anklage für den US-Immunologen Anthony Fauci verlangte, der die US-Regierung während der Corona-Pandemie beraten hat: «Sicherheit, insbesondere für Menschen, die ohne die Vorurteile radikaler Administratoren leben wollen, ist einer der vielen Gründe, warum Noam und ich Post lanciert haben», schrieb er.

Matthias Schüssler

Post.news ging am 14. November an den Start. Foto: PD

Quelle: Tages-Anzeiger, Mittwoch, 14. Dezember 2022

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