Kommt Windows 11?

Das sind die sieben grossen Windows-Baustellen

Am 24. Juni informiert Microsoft darüber, wie es beim Betriebssystem weitergeht. Der Konzern deutet gewichtige Neuerungen an. Wir analysieren, wo Handlungsbedarf besteht.

Matthias Schüssler

Er arbeitet am künftigen Look von Microsofts Betriebssystem: Windows-Chef Panos Panay.

Microsoft hat für den 24. Juni einen grossen Anlass geplant. Im Vorfeld schürt der Konzern die Erwartungen. Satya Nadella, der Chef höchstpersönlich, liess verlauten, es gebe die nächste Windows-Generation zu sehen: «Das grösste Update des Jahrzehnts.»

Ob mit dem ein neuer Name, zum Beispiel Windows 11, einhergehen wird oder ob es gar eine zusätzliche Variante des Betriebssystems geben wird, ist bislang offen und Gegenstand wilder Spekulationen. Klar ist einzig, dass die Benutzerfläche eine Überarbeitung erfahren wird. Dieses Projekt läuft unter dem Namen «Sun Valley» und wird vom Windows-Chefentwickler Panos Panay persönlich beaufsichtigt.

Diese Überarbeitung, über die schon im letzten Oktober berichtet wurde, macht den Eindruck, als ob Microsoft den eingeschlagenen Weg der evolutionären Entwicklung beibehält und nicht wie mit Windows 8 die Nutzer mit einer komplett umgekrempelten Bedienweise überfordern will.

Ob wir am 24. Juni einen grossen Wurf oder vor allem eine Marketing-Offensive erleben, bleibt abzuwarten. Doch eines ist klar: Auch ohne das Rad neu zu erfinden, hat Microsoft genügend Gelegenheit, Windows nachhaltig zu verbessern. Das sind die grössten Baustellen:

Die generellen Altlasten

Windows gibt kein homogenes Erscheinungsbild ab: Noch immer erscheinen bei manchen Klicks Bedienelemente in der Optik von Windows 2000. Klickt man zum Beispiel in den Einstellungen bei «Netzwerk und Internet > Status» auf eine der Optionen bei «Erweiterte Netzwerkeinstellungen», erscheinen Relikte aus tiefster Windows-Vergangenheit. Auch einige der mitgelieferten Programme sind nicht mehr auf der Höhe der Zeit, namentlich Paint und Wordpad.

Die Systemsteuerung aus Windows-7-Zeiten hat noch nicht ausgedient. An manchen Ecken taucht sie unerwartet wieder aus der Versenkung auf.

Der Windows Explorer

Das Programm zur Verwaltung der Dateien ist eines der wichtigsten überhaupt. Zwar hat der Explorer mit Windows 8 ein neues Menüband erhalten, doch im Kern steckt noch das gleiche Programm, das Microsoft mit Windows 95 eingeführt hat. Zu einem zeitgemässen Dateimanager würde gehören, dass die Nutzer beliebige Cloud-Ablagen direkt zur Verfügung haben – und nicht bloss Microsofts eigenes Onedrive. Apple ist für einmal Vorbild: Die Dateien-App von iPhone und iPad ermöglicht genau das.

Auch die Optik ist inzwischen nicht mehr zumutbar, wie ein Vergleich mit modernen Alternativen zeigt.

So könnte ein modernes Dateiverwaltungsprogramm aussehen. Die Files-App zeigt im gleichen Fenster zwei Ordner nebeneinander an – wie zu Zeiten von Windows 3.1.

Die veralteten Fenster

Bei den Browsern haben sich die Reiter seit zwanzig Jahren etabliert. Auch bei den anderen Programmen – namentlich beim Windows Explorer – wäre es sinnvoll, wenn sich mehrere Dokumentfenster als Reiter nebeneinander anordnen liessen. Apple stellt diese Funktion bei Mac OS seit fünf Jahren für fast alle Programme zur Verfügung (siehe Tipp 17 hier). Bei Windows gibt es sie aber nur, wenn das Programm selbst diese Funktion zur Verfügung stellt.

Mangelnde Kooperation mit dem Handy

Mit der App «Ihr Smartphone» will Windows die Zusammenarbeit mit dem Mobiltelefon verbessern. Doch in Kombination mit einem iPhone ist sie nahezu unbrauchbar. Die Kooperation mit Android gibt etwas mehr her – wenn es denn klappt, die Geräte zu koppeln. Zugegeben, das ist nicht Microsofts alleinige Schuld, weil Apple die eigenen Geräte stark abschottet. Dennoch gäbe es hier mehr zu holen.

Die App «Ihr Smartphone» stellt die Verbindung zum Mobiltelefon her. Doch die Möglichkeiten sind sehr eingeschränkt, vor allem in Kombination mit dem iPhone.

Die komplizierte Produktpalette

Windows 10 gibt es in den Editionen Home, Pro, Pro für Workstations und Enterprise. Das ist kompliziert, unübersichtlich und kundenfeindlich. Apple beweist, dass ein Betriebssystem bestens die Bandbreite von den günstigen Einstiegscomputern bis zu den teuren Workstations abdecken kann. Und falls es Microsoft nicht lassen kann, für gewisse Funktionen extra Geld zu verlangen: Warum werden die nicht einfach als separater Kauf freigeschaltet, wie man es vom Smartphone her kennt?

Die mangelnde Konsequenz

In den Einstellungen hat Microsoft bei «Datenschutz» die App-Berechtigungen eingeführt. Sie erlauben es den Nutzern, genau zu steuern, welche Apps auf Position, Kamera, Mikrofon, Kontakte, Kalender etc. zugreifen dürfen. Das ist vorbildlich. Nur schade, dass diese Einschränkungen nur für die modernen Apps gelten, die man aus dem Store bezieht, und bei klassischen Programmen wirkungslos bleiben – das macht die Bemühungen um den Schutz der Privatsphäre etwas unglaubwürdig.

Windows erlaubt es den Nutzern, die Rechte der Apps einzuschränken. Leider funktioniert das nur mit Apps aus dem Store. Herkömmliche Windows-Programme können weiterhin fast alles tun und lassen, was sie wollen.

Kein Betrieb ohne Verbindungen zur Cloud

Es wird zunehmend schwierig, Windows ohne Anbindung an die Cloud, ohne Online-Konto und ohne Bereitstellung von Diagnose- und Telemetriedaten zu verwenden. Dabei gehört es zu den legitimen Nutzungsweisen, ein Betriebssystem komplett lokal zu betreiben. Diesem Bedürfnis sollte Microsoft Rechnung tragen, passenderweise durch einen einzigen Schalter, mit dem Anwender jegliche Integration mit Microsofts Servern deaktivieren können – Updates natürlich ausgenommen.

Quelle: Newsnetz, Mittwoch, 9. Juni 2021

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