Adobe-Gründer und Vater des PDF gestorben

Nachruf Ohne Charles Geschkes Erfindung wäre die Digitalisierung der Geschäftswelt undenkbar.

Falls sich die Bedeutung eines Menschen durch die Zahl der Google-Treffer seines Namens messen lässt, dann war Charles Geschke zwar kein Nobody, aber auch nicht einer, der das Netz explodieren lässt: Gerade mal eine Million Treffer ergibt sein Name. Andere Branchengrössen kommen auf ein Vielfaches: Mark Zuckerberg wird 22,5 Millionen Mal erwähnt. Steve Jobs hat 36,2 Millionen Treffer, und Bill Gates liefert ganze 53,8 Millionen Ergebnisse.

Doch Google wird der Bedeutung Geschkes nicht gerecht: Der Mann, der letzten Freitag 81-jährig gestorben ist, hat nicht nur das fünftgrösste Softwareunternehmen der Welt mitgegründet, sondern auch eine Softwarerevolution angefeuert, von der sowohl Jobs als auch Gates profitieren konnten. Wie eindrücklich das Erbe ist, zeigt eine andere Zahl: Geschke gehört zu den Vätern des PDF-Formats, von dem gemäss Schätzungen weltweit 2,5 Billionen Dokumente im Umlauf sind.

Xerox verpasst grosse Chance

Geschke war, genau wie John Warnock, der zweite Mitgründer von Adobe, ein öffentlichkeitsscheuer Mensch. Sogar 1992, als er entführt und vom FBI befreit wurde, gelangten nur spärliche Details durch. Selbst bei der Würdigung der eigenen Leistung stapelte er tief: «Unsere einzige wirklich kluge Leistung bestand darin, dass wir gesehen haben, was passiert, und schnell genug auf den Beinen waren, um das auszunützen», sagte er 2008.

Und ja, Charles Geschke war zum rechten Zeitpunkt am richtigen Ort: Er stammt aus einer Druckerfamilie, war Mathematiker und Softwareentwickler und hatte obendrein die Gelegenheit, im Xerox Park einen Job zu bekommen. In diesem Forschungszentrum wurden unzählige Erfindungen gemacht, die die Entwicklung des Computers vorangetrieben haben. Hier hatten Geschke und Warnock auch die Idee für eine Programmiersprache, mit der sich Drucker und Setzmaschinen autonom von Hersteller und Modell würden steuern lassen.

Als Xerox sich gegen eine Veröffentlichung der Sprache stellte, machten die beiden sich selbstständig und gründeten Adobe, das sie nach dem Bach benannten, der hinter Warnocks Haus vorbeifloss, dem Adobe Creek. Mit dem Start-up realisierten sie diese Programmiersprache namens Postscript, die dann zum PDF weiterentwickelt wurde.

Drucktechnologie für alle

Geschke und Warnock bewiesen auch bei ihren geschäftlichen Aktivitäten Weitblick: 1988 schlossen sie einen Vertrag, der ihnen den Vertrieb des Bildbearbeitungsprogramms Photoshop ermöglichte. 1994 übernahmen sie das Softwareunternehmen Aldus mit der Layoutsoftware Pagemaker und befeuerten eine Entwicklung, die man Desktop-Publishing-Revolution nennen würde: Jeder konnte nun Drucksachen herstellen, für die es vorher ein ganzes Verlagshaus gebraucht hatte – was sich auch als gutes Verkaufsargument für den Apple Macintosh entpuppen sollte.

2009 hat der damalige US-Präsident Barack Obama Geschke und Warnock für ihre Leistung mit der National Medal of Technology ausgezeichnet.

Matthias Schüssler

Charles Geschke 1999 während einer Rede in New York. Foto: AP

Quelle: Tages-Anzeiger, Mittwoch, 21. April 2021

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