Ein grosser Schritt in die richtige Richtung – aber nicht perfekt

Heute lanciert die UPC ihre neue Fernsehbox. Sie bügelt alte Schwächen aus – doch der Fernsehanbieter verpasst die Chance, sein TV-Angebot zu entbündeln.

Matthias Schüssler

2011 hat die damalige Cablecom versprochen, mit einer neuen Settopbox «das Fernsehen neu zu erfinden»: Horizon sollte eine «offene Medien- und Unterhaltungsplattform» sein und persönliche Inhalte integrieren und auch Tablets und Smartphones mit multimedialer Unterhaltung beliefern. Als die Box dann 2012 zu den Nutzern kam, war die Enttäuschung gross: Das Menü war träge, die Bedienung umständlich und es gab Kinderkrankheiten.

Die Cablecom heisst inzwischen UPC, und jetzt wird auch die von vielen nicht sehr geliebte Horizon-Box abgelöst. Die neue UPC TV Box ist deutlich kleiner und leichter als der Vorgänger, aber nicht so kompakt wie zum Beispiel der Apple TV oder der Streaming-Adapter Chromecast von Google, der mit dem kurzen HDMI-Kabel aussieht wie ein Hockey-Puck mit einem Schwänzchen.

Die Box ist gerüstet für ultrahochauflösendes Fernsehen (UHD bzw. 4k). Sie reagiert flüssig, und der Senderwechsel erfolgt so schnell, dass auch Dauerzapper auf ihre Rechnung kommen. Beim Umschalten erscheint am unteren Bildschirmrand das Senderlogo. Rechts davon werden Informationen zur aktuellen und nachfolgenden Sendung eingeblendet, wobei man mittels Tastenkreuz in dieser Liste auch vor- und zurückblättern kann. Das informiert einerseits über das Fernsehprogramm.

Andererseits kann man so auch unkompliziert Aufzeichnungen vornehmen. Die Sendungen werden nicht mehr auf der Box selbst gespeichert, sondern in der Cloud – eindeutig die zeitgemässe Lösung. Über die Fernbedienung kann man die laufende Sendung pausieren und vor- und zurückspulen. Auch diese Aktionen erfolgen so flüssig, wie man das heute erwarten darf.

Senderwechsel per Zuruf

Apropos Fernbedienung: Die ist viel eleganter als das klobige Steuerungsgerät der Horizon-Box. Die alphanumerische Tastatur auf der Rückseite ist verschwunden. Dafür fällt ein Mikrofon-Knopf auf, den man gedrückt halten muss, um einen Sprachbefehl abzugeben. Mit «SRF 1» schaltet man zum entsprechenden Sender um. Spricht man den Namen einer Sendung aus, findet die Box die passenden Fundstellen im Programm und im Replay-Katalog. Das funktioniert erstaunlich gut, sogar mit Sendungen mit Mundart-Titeln wie «Fascht e Familie» (richtig erkannt, aber kein Sendetermin) oder «Mini Beiz, dini Beiz».

Auch Radiosender kann man per Sprachbefehl aufrufen, was mit «Stadtfilter» hervorragend und blitzschnell klappt. Auch Apps erscheinen per Zuruf. Mit «Netflix» gelangt man sofort und ohne Umwege durch irgendein Menü zum Streaming-Angebot. Allerdings: Wenn man Sendungstitel wie «10 vor 1o» in Mundart ausspricht («Zää vor Zää»), dann versteht die Box irgendetwas, aber nicht das Gesuchte. Dennoch ist diese Form der Suche viel komfortabler als das mühsame Tippen auf winzigen Tastaturen oder das endlose Blättern durch lange Programmlisten. Man muss allerdings die (allfällige) Hemmung überwinden, seiner Fernbedienung Befehle zu erteilen.

Mehr Übersicht und Benutzerfreundlichkeit

Die Menüs und die Optik der Einblendungen verraten die TV-Box als Horizon-Nachfolger, doch die Menüs wirken aufgeräumter und auf die noch grösseren Bildschirme optimiert. Im Hauptmenü hat man die Auswahl: Der «TV-Guide»liefert eine Übersicht der am häufigsten geschauten Sender. Bei «Replay» erhält man Zugriff auf das vergangene Programm. Das On-Demand-Angebot der UPC erscheint bei «Filme & Serien». Unter «Gespeichert» tauchen die eigenen Aufnahmen auf und bei «Apps» findet man u. a. Netflix, Youtube, UPCs MySports-Angebot und Sky.

Der letzte Punkt sind die Einstellungen, bei denen man eine Altersbeschränkung aktiviert und entsprechende Sender per PIN schützt oder sperrt, Audio- und Untertitel konfiguriert und die Liste mit den Sender-Favoriten verwaltet. Eine Sortierung der Sender, bei der Teleboy-App etwa eine Selbstverständlichkeit, ist aber offenbar auch bei der neuen Box nicht vorgesehen.

Kein Kabelmodem

Zur Installation schliesst man die Box mit einem sehr klobigen Adapter an den Strom, an die Kabelbuchse und via HDMI an den Fernseher an. Auch eine Verbindung mit dem Modem per Ethernet oder aber per WLAN ist nötig – offenbar ist kein Modem integriert. Darauf deutet auch der grosse Hinweis auf der Installationsanweisung hin: «Um die UPC-TV-Box zu nutzen, muss zuerst deine Connect-Box installiert werden.»

Nach dem ersten Einschalten erfolgen mehrere (recht zeitraubende) Neustarts: Erst verlangt die Box nach einer Internetverbindung via Ethernet-Kabel oder WLAN, obwohl sie mit der Kabelnetzbuchse verbunden ist. Ein etwas rabiater Abbruch (via Netzschalter) beseitigt dieses Problem: Beim nächsten Start gelingt der Box die Verbindung mit dem Internet, was eine Aktualisierung der internen Software nach sich zieht. Nach dem Update kann man die Box in Betrieb nehmen, wobei einige wenige Angaben zum Standort und zur Sprache zu machen sind. Beantwortet man die Frage, ob die Box das «Erlebnis personalisieren» soll, dann erfolgt noch ein Neustart. Danach ist sie betriebsbereit.

Fazit

Die neue Box ist eine deutliche Verbesserung gegenüber der Horizon-Box – böse Zungen würden allerdings sagen, dass die UPC auf niedrigem Niveau gestartet ist. Trotzdem: Die Sprachsuche ist ein Highlight, und generell ist der erste Eindruck positiv: Die Bedienung ist einfacher, die Oberfläche entrümpelt und die Menüs reaktionsschnell. Wie zuverlässig die Box arbeitet, muss jedoch ein Langzeittest zeigen – zumal es während meines Tests einige Ausfälle gab.

Bei einigen Sendern ist nämlich die Fehlermeldung «Senderanzeige fehlgeschlagen» erschienen – was aber an der speziellen Konstellation während des Tests liegen könnte: Ich bin seit einem Jahr nicht mehr UPC-Kunde. In meiner Wohnung gibt es noch einen unplombierten UPC-Kabelanschluss, den ich für den Test verwenden konnte. Die Internetverbindung wird aber von einem anderen Provider bereitgestellt, was unter Umständen für die Verbindungsprobleme verantwortlich sein könnte: Denn nur ein Teil der Sender wird übers Kabelnetz empfangen. Ein anderer Teil kommt via Internet auf den Bildschirm, wobei die Box aber davon ausgehen dürfte, direkt mit den UPC-Sendern verbunden zu sein.

Das lässt den Schluss zu, dass man die Fernsehbox ohne UPC-Anschluss nicht vernünftig nutzen kann – obwohl das technisch dank IPTV (Fernsehen übers Internet) möglich und ganz im Sinn der Kunden wäre. Denn mit einem entbündelten Angebot können die Nutzer sich für die Box entscheiden, die ihre Unterhaltungsbedürfnisse am besten befriedigt – und müssen nicht die Hardware nutzen, die der Netzbetreiber vorgesehen hat.

Die Box ist ab dem 4. Oktober für die Kunden erhältlich. Die UPC wird sie mit neuen Preisplänen anbieten.

Quelle: Newsnetz, Mittwoch, 3. Oktober 2018

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