Was tun, wenn Programme plötzlich streiken?

«Diese App kann nicht ausgeführt werden»: System-Updates können ältere Programme funktionsunfähig machen. Wie Sie dieses Problem lösen und ihm vorbeugen.

Von Matthias Schüssler

Der Fortschritt fordert Opfer: In der Computerwelt sind das ältere Programme, die nach einer Aktualisierung den Dienst versagen. Man spricht dann von einem Kompatibilitätsproblem: Das alte Programm spricht Programmschnittstellen des Betriebssystems an, die nicht mehr vorhanden sind oder nun anders funktionieren. Oder es verlässt sich auf Treiber, die es nicht mehr gibt.

Bei manchen älteren Anwendungen verweigert sich Windows total. Andere starten zwar, funktionieren aber nicht richtig.

Das ist nicht nur ein lästiges, sondern nachgerade ein gefährliches Problem. Es bringt eingeschliffene Arbeitsabläufe zum Erliegen, wenn ein zentrales Softwareprodukt plötzlich nicht mehr funktioniert. Und es ist nicht immer einfach zu lösen: Nicht von jedem Anwendungsprogramm gibt es eine neuere Version ohne Kompatibilitätsprobleme. Und System-Updates rückgängig zu machen, ist schwierig bis unmöglich.

Barak Obama recently almost started WW3, when he tried to insert 8″ floppy disc, containing codes for launching nuclear missiles, into CD drive of his MBP.

Die US Army setzt noch Floppy-Disks aus den 70ern ein – was in den sozialen Medien spöttisch kommentiert wird.

Und von den Herstellern ist wenig Hilfe zu erwarten: Die Fabrikanten der Betriebssysteme streichen lieber die Vorzüge einer neuen Version heraus, als auf deren Probleme hinzuweisen. Und auch die Anbieter der Anwendungsprogramme haben selten ein Interesse, ihre alten Produkte am Laufen zu halten.

Die Kluft zwischen alt und neu überwinden

Was also tun? Viele Anwender stehen System-Updates misstrauisch gegenüber und verzichten auf sie, solange es geht. Das ist nicht immer ein guter Weg, weil er unter Umständen Sicherheitslücken zur Folge hat und bewirkt, dass man auf Programme verzichten muss, die die neueste Version des Systems voraussetzen. Darum sollte man Probleme mit älteren Programmen frühzeitig erkennen und sich eine Lösung überlegen.

Das ist allerdings oft einfacher gesagt als getan. Bei historisch gewachsenen Konfigurationen lässt sich nicht einfach so ein Baustein austauschen. Das sieht man zum Beispiel bei der US Army, die ihre Atomraketen noch immer mit Systemen aus den Siebzigerjahren kontrolliert, wie «The Guardian» kürzlich berichtete. Doch auch im zivilen respektive privaten Umfeld kann es passieren, dass es für eine Software einfach keine Alternative gibt.

Die Fans der Uralt-Software

Ein Beispiel ist Microsofts Budgetprogramm Money, das schon vor 15 Jahren eingestellt wurde, aber nach wie vor treue Nutzer hat. In diesem Blog-Beitrag gab es die Empfehlung, diese Software doch aus dem Verkehr zu ziehen – doch in den Kommentaren unterhalten sich die Nutzer darüber, wie sie sie weiterhin nutzen können. Ein anderes Problem sind alte Worddokumente, die sich nur mit raffinierten Tricks überhaupt noch öffnen lassen.

Windows 3.1 kann unverzichtbar sein, wenn alte Dokumente in die Neuzeit hinübergerettet werden müssen.

Im Video erklären wir drei Strategien, wie Sie mit Kompatibilitätsproblemen umgehen können:

Die Kompatibilitätseinstellungen. Windows ermöglicht es, die Einstellungen für ältere Programme anzupassen. Die oft nützlichste ist, ein altes Programm mit Administratorrechten auszuführen. Das funktioniert dann, wenn eine Software nicht mit den restriktiveren Sicherheitsregeln neuer Windows-Versionen zurechtkommt. Es gibt aber auch diverse andere Optionen, namentlich wenn die Anzeige des Programms nicht korrekt ist. Microsoft bietet, wie hier beschrieben, ein Programm, das automatisch die besten Einstellungen feststellen soll. Man kann aber auch einfach auf gut Glück eine Option nach der nächsten anhaken, bis die Software wieder läuft.

Sie passen die Kompatibilitätseinstellungen eines Programms an, indem Sie es im Startmenü von Windows 10 mit der rechten Maustaste anklicken. Wählen Sie «Mehr > Speicherort öffnen» aus dem Kontextmenü. Es erscheint ein Explorer-Fenster mit der Verknüpfung zur Programmdatei. In dem klicken Sie diese Verknüpfung mit der rechten Maustaste an und betätigen «Eigenschaften». Im Dialog können Sie nun im Reiter «Kompatibilität» die «Problembehandlung für die Programmkompatibilität» ausführen und Einstellungen manuell festlegen.

Die virtuelle Maschine. Sie können für wichtige Programme einen alten Computer mit dem passenden Betriebssystem in Betrieb halten. Die virtuelle Variante dieser Lösung ist eine virtuelle Maschine: Das ist eine Software, die einen Computer im Computer simuliert. Auf dem simulierten Rechner betreiben Sie ein altes Betriebssystem und die betroffene Anwendung. Das ist ein sehr vielversprechender Ansatz – und Sie können auch relativ leicht Dateien und Informationen zwischen dem alten, virtuell ausgeführten Betriebssystem und dem aktuellen System austauschen.

Alte Hardware simulieren

Eine kostenlose virtuelle Maschine ist Virtualbox. Eine ausführliche Anleitung, wie Sie sie in Betrieb nehmen und verwenden, finden Sie hier. Eine Alternative dazu ist VMware. Mit dieser Lösung können sie auch eine bestehende Windows-Installation in eine virtuelle Maschine verschieben.

Die Absicherung. Die dritte Strategie ist eine Rückversicherung. Legen Sie eine Sicherung des Betriebssystems an, solange alles funktioniert. Eine solche sogenannte Systemabbildsicherung bringt bei Bedarf die Arbeitsumgebung zurück oder lässt sich in einer virtuellen Maschine reaktivieren.

Die Funktion ist aber ausnehmend gut versteckt. Sie finden Sie, indem Sie die Windows-Taste und «x» eingeben. Im Menü wählen Sie «Systemsteuerung» aus. Suchen Sie in der Systemsteuerung nach «Dateiversionsverlauf» und öffnen Sie die Fundstelle. Es erscheint eine Seite, bei der Sie rechts unten auf «Systemabbild» klicken. Sie müssen nun Ihr Administratorpasswort eingeben. Im nächsten Schritt klicken Sie links auf «Systemabbild erstellen». Sie brauchen dann ein ausreichend grosses Speichermedium.

Eine alternative, für Privatanwender kostenlose Software zur Sicherung des Systems ist Backup & Recovery, die hier ausführlich vorgestellt wird.

Ein Wort zu Mac: Bei Apples Betriebssystem bleibt in aller Regel nur die Wahl, auf ein Betriebssystem-Update zu verzichten oder auf eine kompatible Version des Anwendungsprogramms umzusteigen. Apple ist sehr restriktiv, was die Virtualisierung von Mac OS angeht. Für die Komplettsicherung des Systems hat sich Carbon Copy Cloner (CCC) seit Jahren bewährt. (Tagesanzeiger.ch/Newsnet)

Wenn das entscheidende Programm die Arbeit verweigert, fallen eingespielte Arbeitsabläufe in sich zusammen.Video: Matthias Schüssler

Quelle: Newsnetz, Sonntag, 7. Mai 2017

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