Die Abstimmungsberater von SRF sind noch etwas begriffsstutzig

Janino heisst der Bot des Schweizer Radio und Fernsehens, der über die Abstimmungen aufklären will – aber auch an einfachen Fragen scheitert.

Von Matthias Schüssler

Die direkte Demokratie ist mitunter ein mühseliges Geschäft: Wer sich fundiert eine Meinung bilden will, wälzt das Abstimmungsbüchlein und liest die Zeitung, sucht auf Parteien-Websites nach den Parolen, kämmt Politnetz.ch durch und befragt Freunde oder den Stammtisch. Praktisch wäre da ein privater Politexperte, der mit Geduld und Kompetenz die Fragen beantwortet – wie in der «Arena», bloss schneller auf den Punkt gebracht.

Das hat sich auch ein Dreierteam des SRF News Lab gesagt. Es hat in der Ideenküche des Schweizer Radio und Fernsehens einen Bot bei Facebook entwickelt, der Fragen zu den nationalen Vorlagen vom 12. Februar beantwortet. Er heisst Janino und besteht aus zwei Figuren namens Jana und Nino. Sie teilen sich die Aufgabe, über Pro und Kontra zu informieren und die gegensätzlichen Standpunkte auf den Punkt zu bringen. Auch die möglichen Auswirkungen wollen die beiden Figuren aufzeigen. Und es gibt Videos, Infografiken und einen Link zu den Infos des Bundes. Chatbots sind automatische Dialogsysteme, bei denen der Computer die Antworten gibt.

Bots sind überall

Damit ist SRF voll im Trend – denn Bots sollen das Internet persönlicher und individueller machen. So hat es Mark Zuckerberg verkündet, als er im Frühling des letzten Jahres die neue Plattform vorgestellt hat, die nun ebenfalls Janino nutzt. Auch Google setzt bei seinem Pixel-Smartphone auf einen persönlichen Assistenten, der die Vorlieben seines Nutzers kennt. Und ebenso lehrt Amazon die Nutzer mit seinem Echolautsprecher, sogar noch im Halbschlaf Internetbestellungen auf Zuruf zu tätigen.

Da ist es ein hehres Ziel, dass das SRF die künstliche Intelligenz nun in den Dienst der politischen Mündigkeit stellt. Und in der Tat kann man sich einen solchen Bot sehr gut vorstellen, der auf jene Fragen eine Antwort weiss, die einem für die Meinungsbildung wichtig sind: Welche Parteien sind für die Unternehmenssteuerreform? Was geht mich als ÖV-Benutzer der Strassenfonds (NAF) an? Was ist der Unterschied zwischen ordentlicher und erleichterter Einbürgerung?

«Wie bitte?»

Janino erfüllt diese Erwartungen bislang nicht. Der Bot versteht selbst simple natürlichsprachliche Fragen wie «Wann ist die Abstimmung?» nicht. Er rechtfertigt sich auf solche Fragen mit seinem Betastadium: «Wir stecken ehrlich gesagt noch in den Kinderschuhen so beim Sprachverständnis von ganz freien Sätzen…» Sinnvoll nutzen kann man den Bot eigentlich nur, indem man mit den Stichworten operiert, die einem der Bot vorgibt – «Auswahl Vorlagen» und «Übersicht» –, und sich dann mit den vorgegebenen Antwortvorschlägen weiterhangelt.

Das ist natürlich kein Bot und selbst für iPhone-Benutzer, die von Siri viel Kummer gewohnt sind, etwas enttäuschend – eine simple, nicht interaktive Übersicht erfüllt den Zweck genauso gut und erspart dem Nutzer das Tippen der Fragen. Allerdings schreibt der Leiter von SRF News Lab, Konrad Weber, es handle sich hier um ein Experiment und eine erste öffentliche Betaversion: «Wir erhoffen uns, möglichst viele Erkenntnisse über die User-Führung und Nutzung dieses Bots in Erfahrung bringen zu können und damit für mögliche weitere Projekte zu lernen.»

Der Bot basiert auf Facebooks Technologie und kann im Messenger ausprobiert werden.

Über die Google-Bildersuche ist dieses Foto – der Bär wurde später per Photoshop in das Bild eingefügt – innert Sekunden als Fake entlarvt. Foto: Gizmodo.com

Quelle: Newsnetz, Dienstag, 17. Januar 2017

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