Fake News: Google handelt, Facebook zieht nach

Hat Trump auch wegen Falschmeldungen gewonnen? Nach erstem Zögern werden nun Massnahmen ergriffen.

Matthias Schüssler

Nach Donald Trumps Wahlsieg hält die Kritik an den sozialen Medien weiterhin an. Von einer «versteckten Facebook-Armee» des künftigen US-Präsidenten spricht die BBC. Während die Meinungsforscher spektakulär falsch gelegen seien, hätten sich die Trump-Wähler auf Facebook klar zu erkennen gegeben.

Dort haben Tausende von Anhängern mit eigenen Seiten für Trump geworben. Manche erreichten nur wenige Hundert Leute, doch andere, zum Beispiel die Amerikanischen Patrioten für Donald J. Trump, mobilisierten Hunderttausende. Es gibt keinen anderen Ort, an dem man positiv über Trump diskutieren könne, sagte die Betreiberin einer solchen Seite der BBC. Gegenüber Freunden und Familie hätten sich viele nicht getraut, sich zu Trump zu bekennen. Eine schon etwas ältere Studie besagt, dass bei dieser Präsidentschaftswahl 62 Prozent der Amerikaner Nachrichten von sozialen Medien bezogen haben und 18 Prozent häufig Facebook und Co. konsultierten.

Filterblase, falsche News

Allerdings sind die auf Facebook kursierenden Nachrichten nach Vorlieben der Leser gefiltert – Stichwort Filterblase – oder schlicht falsch. Wegen dieser Fake-News musste sich Facebook-Chef Mark Zuckerberg letzte Woche rechtfertigen. In einem Post auf seiner eigenen Plattform schrieb Zuckerberg, mehr als 99 Prozent aller Meldungen, die die Leute sehen würden, seien authentisch. «Nur ein ganz kleiner Teil sind Zeitungsenten und Schabernack. Und die Falschmeldungen beschränken sich nicht auf eine Partei oder nur auf die Politik.»

Gizmodo schreibt nun, dass entgegen diesem öffentlichen Abwiegeln Facebook sehr wohl beunruhigt ist. Es gebe seit Mai eine interne Debatte darüber, ob das Netzwerk die Pflicht habe, Fehlinformationen zu stoppen.

«Wir können nicht alles lesen»

Gemäss einer gut informierten Quelle hat Facebook Strategien geprüft, um falsche und irreführende Meldungen zu kennzeichnen. Doch diese sind nie umgesetzt worden, aus Gründen, die Gizmodo nicht kennt. Ebenfalls offen ist, anhand welcher Merkmale Nachrichten als falsch erkannt worden wären. Diese Aufgabe stellt Facebook offensichtlich vor Probleme, wie der Chef des Facebook-Newsfeeds, Adam Mosseri, in einem Interview mit dem Newsportal TechCrunch erklärte: «Wir können nicht alles lesen und überprüfen.»

Die «New York Times» wiederum vertritt die Ansicht, Facebook sei durch den Disput über die Trending Topics so eingeschüchtert gewesen, dass man sich nicht getraut habe, sich erneut mit den Meinungsmachern aus dem rechten Lager anzulegen. Der Hintergrund dazu: Im Mai hatte Facebook die für Trending Topics zuständigen Redaktoren abgeschafft. Der Vorwurf lautete damals, in dieser Auswahl von Top-Artikeln seien konservative Ansichten untervertreten. Und bei der Bereinigung von Fake-News wären mehrheitlich rechtsstehende Newssites aussortiert worden.

Dubiose Quellen bannen

Alphabet, der Mutterkonzern von Google, will nun seinerseits gegen Fake-News vorgehen. Das «Wall Street Journal» weiss, dass Plattformen, die mehrheitlich falsche Nachrichten verbreiten, künftig vom Werbeprogramm Adsense ausgeschlossen werden sollen. Das würde die Einkünfte solcher Sites markant schmälern.

Google will falsche Meldungen anhand der Quelle erkennen und den Bann daran festmachen, dass Websites falsche Angaben über den Herausgeber, den veröffentlichten Inhalt oder den vorrangigen Zweck der Site machen, wie eine Google-Mediensprecherin bekannt gab.

Dieser Schritt hat nun wiederum Facebook zu einer Kehrtwende bewogen, wie das Mediennetzwerk The Verge rapportiert: Auch Facebook will Websites von seinem Werbeprogramm aussperren, wenn sie falsche Nachrichten verbreiten. Allerdings werde dieser Schritt das Problem nicht lösen, kommentiert The Verge, weil die Verbreiter zwar auf Werbeeinnahmen verzichten müssten, jedoch weiterhin ein Millionenpublikum erreichten.

Quelle: Tages-Anzeiger, Mittwoch, 16. November 2016

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