Der Hörbuch-Fürsprecher

Beim Lesen die Hände frei

Mein Kindle verstaubt seit Jahren in der Schublade. Nicht etwa, weil ich reumütig zum gedruckten Buch zurückgekehrt wäre. Nein – ich lese nicht mehr, sondern lasse lesen. Seit 2011 habe ich ein Abo bei Audible.com und konsumiere Lektüre fast ausschliesslich in Hörbuchform. Weil ich beruflich sehr viel auf Buchstaben starre, finde ich es angenehm, in der Freizeit Fakten und Fiktion über die Ohren zu absorbieren. Ausserdem habe ich während des «Lesens» die Hände frei: Für Hausarbeit, Sport und, ja, auch iPhone-Spiele. Wahren Literaten werden bei diesem Geständnis die Haare zu Berg stehen, aber: Für mich lassen sich manche Spiele, reine Geschicklichkeitsgames vor allem, hervorragend mit spannenden Geschichten verbinden. (Nein, ich habe kein ADHS.)

Hörbücher erweitern eine Geschichte um die Dimension des Sprechers, der in vielen Fällen ein wahrer Stimmkünstler ist. Natürlich, die Stimme ist ein zusätzliches Element, das einem auch missfallen kann. Aber wenn sie mit der Geschichte und dem Autor harmoniert, entsteht Kopfkino der Extraklasse – wenn etwa Will Patton Stephen Kings neuestem Streich «End of Watch» Leben einhaucht oder Wil Wheaton «Ready Player One» von Ernest Cline und «Lock In» von John Scalzi abheben lässt.

Matthias Schüssler

Quelle: Tages-Anzeiger, Mittwoch, 22. Juni 2016

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