Apps für kreative Exploits

Matthias Schüssler

Zerstreuung ist gut – aber Kreativität ist besser! App-Tipps, die in den Bereichen Musik, Gestaltung, Programmierung und Video den Spieltrieb in schöpferische Bahnen lenken.

Magic Piano (iPad, Android) bringt uns übers Tablet das Klavierspielen näher. Die App des kalifornischen Unternehmens Smule zeigt durch farbige Punkte an, wann man welche Taste zu betätigen hat. Das erspart es Gelegenheitsmusikern, sich mit Noten herumschlagen zu müssen. Stattdessen konzentriert man sich auf die Feinmotorik und sein Timing – und hat schnelle Erfolgserlebnisse. Die App belohnt präzises Spielen mit Punkten, mit denen man neue Übungssongs freischaltet. Mit zunehmender Erfahrung darf man nebst dem Flügel auch mit Orgel, Cembalo und Synthesizer musizieren.

Als Gratisnutzer steht einem eine beschränkte Anzahl Songs zum Üben offen. Für den unbeschränkten Zugang zu allen Songs und Instrumenten bezahlt man pro Woche 3 Franken oder 39 Franken im Jahr. Die Schwester-App Guitar des gleichen Herstellers lässt einen mit einem ähnlichen Prinzip Gitarre üben.

GarageBand von Apple (iPad) ist eine Musik-App, um im Mehrspurverfahren Instrumente nacheinander einzuspielen. Die Smart-Instrumente versuchen, die Improvisationen gut klingen zu lassen, selbst wenn ein blutiger Laie am Werk ist. In der neuesten Version stellt die App Live Loops zur Verfügung: Man puzzelt aus einzelnen kurzen musikalischen Versatzstücken, den Samples, ganze Songs zusammen.

Die App präsentiert in einer gitterförmigen Anordnung zusammenpassende Samples, die man einzeln oder reihenweise durch Antippen startet und die von der App im Takt abgefeuert werden. Über Top oder Flop entscheidet somit nicht das technische Talent, sondern das richtige Bauchgefühl – sowie Geschick und Experimentierfreude.

Sketchbook (iPad/Android) hat als Zeichen-App grosse Konkurrenz: Penultimate, Paper oder Tayasui Sketches, um nur einige zu nennen. Die App von Autodesk tut sich durch ihre aufgeräumte Oberfläche und die durchdachten Funktionen hervor. Beispielsweise die Ebenen: Mit deren Hilfe zeichnet man Hinter- und Vordergrundelemente separat und blendet sie nach Bedarf ein und aus. Die Ebenen helfen auch beim Abpausen eines Fotos.

Mittels eines Multifunktionswerkzeugs passt man die Grösse des Pinsels, die Farbe und die Deckkraft an. Symmetrische Zeichnungen gelingen mithilfe der automatischen Spiegelung der Zeichenstriche an wählbaren Achsen – ein Trick für wirkungsvolle Motive. Die App ist kostenlos. Für 4 Franken lassen sich diverse Profifunktionen wie Verlaufsfüllungen, Zusatzpinsel, Transformationsfunktionen und Maltechniken wie das Verwischen von Ölfarben freischalten.

iFontMaker (iPad) ist das richtige Instrument für typografische Spielereien: Mit der App zeichnet man eigene Schriften, die dann am Tablet zur Verfügung stehen. Aber nicht nur das: Die Fonts sind auch bei Windows-PCs und Macs installierbar und können dort in der Textverarbeitung und in allen anderen Programmen bereitgestellt werden.

Abhängig von Lust und Laune betreibt man weniger oder mehr Aufwand: Innert einer Viertelstunde überführt man seine Handschrift in einen Computerfont, indem man mit dem Finger oder einem Zeichenstift fürs Tablet Buchstabe für Buchstabe auf den Bildschirm malt – plus Umlaute, Satzzeichen, Ziffern und so viele Akzentzeichen, wie man benötigt. Wer mehr Zeit und Kreativität ins Projekt stecken mag, konstruiert seine Schrift geometrisch oder arbeitet sie mit den Pinselwerkzeugen aus. Und das ist nicht nur Hobbykram: Die App hat das Potenzial, von professionellen Gestaltern verwendet zu werden.

Astropad (iPad) macht aus dem iPad ein Grafiktablet für den Mac. Dank der Verbindung per USB-Kabel oder WLAN verwandelt sich das Touch-Display des Tablets in ein Eingabefeld für den Computer. Statt mit der Maus arbeitet man per Finger oder Stift an seinen Bildern und Illustrationen. Astropad kooperiert mit allen Bildbearbeitungs- und Zeichenprogrammen, also nicht nur mit Photoshop und Illustrator, sondern auch mit dem günstigen Pixelmator.

Gegenüber einem herkömmlichen Grafiktablet hat Astropad den Vorteil, dass man auch am Display seine Grafik angezeigt bekommt und genau sieht, wo man sein Zeichenwerkzeug absetzt. Beim Grafiktablet braucht es Übung, damit man mit Blick auf den Bildschirm den Stift richtig platziert. Die Anzeige am Tablet weist eine zwar spürbare, aber nicht störende Verzögerung auf. Astropad ist mit 20 Franken relativ teuer. Eine kostenlose App fürs iPhone macht das Telefon zu einem Mini-Grafiktablet. Varianten für Windows und Android fehlen bislang.

Tynker (iPad/Android) führt einen auf spielerische Weise in die Softwareentwicklung ein. Mit einer Programmiersprache muss man sich nicht auseinandersetzen. Stattdessen setzt man seine Anweisungen aus fertigen Codebausteinen zusammen, die wie Puzzleteile ineinandergreifen.

Ausgangspunkt sind die «Bühne» und die vorgefertigten Spielfiguren. Um eine Figur eine Bewegung ausführen zu lassen, wählt man aus dem Inventar jenen Codeschnipsel, der die Bewegungsrichtung und die Geschwindigkeit vorgibt. Weitere Programmbausteine steuern die Interaktion der Spielfigur mit dem Finger des Tabletnutzers oder den Hindernissen auf der Bühne: Eine Handvoll solcher Bausteine ergibt bereits ein simples Geschicklichkeitsspiel.

Tynker enthält viele Beispielprojekte aus Kategorien wie Animation, Kunst, Spiele, Geschichtenerzählen, Physik und Musik. In Anleitungen wird jeweils Schritt für Schritt erklärt, worauf es ankommt. Als Highlight programmiert man auch smarte Spielzeuge mit der App: also kleine Drohnen oder per Bluetooth kontrollierte Fahrzeuge, die sich dann automatisch durch einen Parcours bewegen und auf Hindernisse reagieren.

Cargo Box (iPad) gibt dem Spieler die Aufgabe, Kisten umzustapeln. Dazu steuert man mit einfachen Befehlen einen Roboter und macht sich nebenbei mit zentralen Programmiertechniken wie Subroutinen und Schleifen vertraut. Mit dieser App tüfteln nicht nur Kinder, sondern auch Erwachsene an möglichst effizienten Lösungsansätzen. Beachtenswert ist, dass Cargo Box selbst auf dem iPad entwickelt wurde. Die dazu verwendete App ist Codea.

Adobe Clips (iPad/Android) ist eine Videoschnitt-App, die in einer ähnlichen Liga spielt wie Apples iMovie: Sie setzt eine Handvoll Einzelaufnahmen zu kurzen Videosequenzen zusammen. Adobes App versucht, bei den selektierten Clips automatisch die spannendsten Momente zu finden, und schneidet sie im Takt des hinterlegten Musikstücks aneinander. Das gibt dem fertigen Film nicht nur Rhythmus, sondern auch Schmiss.

Falls der automatische Rohschnitt nicht überzeugt, passt man im Freiform-Editor Ausschnitte an, stellt die Reihenfolge um, ändert die Wiedergabegeschwindigkeit (von Zeitlupe bis Zeitraffer) und korrigiert Belichtung und Farbe der Clips. Ebenso ist es möglich, die Original-Tonspur zu löschen oder gegenüber der Musik lauter zu machen.

Der fertige Film wird via Youtube veröffentlicht oder in der Filmrolle gespeichert. Das Projekt kann zur Weiterbearbeitung auch an Adobes professionelles Videoschnittprogramm Premiere abgegeben werden.

Statt Notenlesen zu üben, perfektioniert man mit Guitar lieber sein Rhythmusgefühl und die Spielfreude. Fotos: PD

Zeichnungs-Apps gibt es für alle Geschmäcker – etwa Tayasui Sketches mit einer Vielzahl von digitalen Zeichenutensilien.

Das ist nicht nur Hobbykram: iFontMaker hat das Potenzial, von Profigestaltern verwendet zu werden.

Quelle: Tages-Anzeiger, Mittwoch, 30. März 2016

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