A. Eschbach: König für Deutschland
Die Nerds als Gralshüter der Demokratie
Andreas Eschbach ist Deutschlands bester und sorgfältigster Science-Fiction-Autor. Er strickt seine analytischen Plots häufig mit einem Flair für den exponentiellen Irrsinn. Bei «Eine Billion Dollar» überlegt er sich, wie dank Zinseszins eine einzelne Familie über 500 Jahre zu einem so unermesslichen Vermögen kommt, dass deren Erbe die Geschicke der ganzen Menschheit in neue Bahnen lenken kann. In «Herr aller Dinge» stösst die gleiche Menschheit dank des Genies von Hiroshi Kato in neue Dimensionen vor. Er erfindet Nanoroboter, die sich selbst replizieren und Strukturen beliebiger Grösse und Komplexität aus einzelnen Molekülen bauen. Selbst die Kolonialisierung des Universums ist so bloss eine Frage von ein paar Dutzend Jahren.
«Ein König für Deutschland» verwendet da einen geradezu bodenständigen Dreh für seine Handlung. Ein junger Programmierer findet eine Lücke in der Software von Wahlcomputern, mit der sich Volksentscheide manipulieren lassen. Da niemand dieser Gefahr für die Demokratie so recht glauben mag, will ein Grüppchen um den Vater des Programmierers, Simon König, den Tatbeweis antreten und einen absurden Volksentscheid gewinnen. Da die Wahlcomputer so manipuliert sind, dass sie einer Partei mit dem Kürzel «VWM» automatisch 95 Prozent der Stimmen zuschanzt, tritt König mit der «Volksbewegung zur Wiedereinführung der Monarchie» zur Bundestagswahl an. Nun nimmt die Geschichte seinen Lauf. König wird König, und die Computercracks finden, trotz mangelndem Talent, Geschmack an der politischen Macht. Nebst einem Happy End hat das Buch mehrere Nerds in Hauptrollen zu bieten, namentlich Alexander Leicht. Er organisiert Online- und Live-Rollenspiele und ist in die Systemadministratorin Sirona verschossen. Sie reicht zwar optisch, aber nicht bei ihrem Computertalent an Stieg Larssons archetypische Hackerin Lisbeth Salander heran.
Lübbe-Taschenbuch 2009. 432 Seiten, ca. 16 Fr.