Offener Browser, enge Weltsicht

Matthias Schüssler

Der Firefox-Browser ist weltweit äusserst beliebt und steht für eine offene Haltung im Internet. Nun aber schlägt dem Chef der Mozilla Corporation eine Welle der Empörung entgegen.

«Wir würden es bevorzugen, wenn unsere Nutzer keine Mozilla-Software verwenden würden, um auf unsere Site zuzugreifen», heisst es auf der Website Okcupid.com, wenn man sie mit dem Firefox-Browser ansteuert. Damit geht die Kontroverse um Brendan Eich in eine neue Runde.

Brendan Eich ist seit März 2014 Chef der Mozilla Corporation. Das ist der kommerzielle Arm der gemeinnützigen Stiftung, der sich dem Geschäft rund um Firefox und Thunderbird verschrieben hat. Eich unterstützte 2008 in Kalifornien die gegen die Schwulenehe gerichtete Proposition-8-Kampagne. Sein Beitrag von 1000 Dollar ist in der Datenbank der «Los Angeles Times» dokumentiert und Eich hatte sich damals in einem Blogbeitrag verteidigt: «Die Vorwürfe, ich sei ein Schwulenhasser und Eiferer, sind ungerecht. Aber weil sich Onlinekommunikation für kontroverse Themen nicht besonders gut eignet, würde ich lieber direkt mit Kritikern diskutieren», meinte Eich.

«Nichts als Misserfolg»

Mit seiner Berufung zum CEO der Mozilla Corporation ist die Diskussion erneut aufgeflammt: Kann ein Mann, der privat so wenig Offenheit zeigt, das Aushängeschild eines Unternehmens sein, das sich Offenheit im Netz auf die Fahne geschrieben hat? Oder ist das seine Privatsache – und Offenheit in Sachen Software nicht zu verwechseln mit der Haltung in gesellschaftspolitischen Fragen? Okcupid schreibt mit einem leichten Hang zum Pathos, die Website habe sich der Liebe verschrieben: «Diejenigen, die Liebe verbieten und Elend, Scham und Enttäuschung erzwingen wollen, das sind unsere Feinde, und wir wünschen ihnen nichts als Misserfolg.»

Mozilla hat mit einem eigenen Statement reagiert, in dem es heisst, Mozillas Mission sei es, das Web offen zu gestalten, sodass die Menschheit «stärker, integrativer und gerechter sein könne. Mozilla unterstützt Gleichheit für alle, auch eheliche Gleichberechtigung für Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transsexuelle». Und als kleine, versöhnliche Geste hat OkCupid am Seitenende einen Link platziert, mit dem auch Mozilla-User zur Site gelangen.

Kein Zugang mehr mit dem Firefox-Browser auf der Dating-Site Okcupid.

Brendan Eich hat die Proposition 8 mit 1000 Dollar unterstützt. Dieses Referendum führte dazu, dass in der kalifornischen Verfassung nur noch die heterosexuelle Ehe anerkannt wird.

Der Kampf um die Schwulenehe ist in Kalifornien im vollen Gang: Im Bild Paul Katami und Jeff Zarrillo an der Pride Parade in San Francisco, die gegen Proposition 8 geklagt haben. Bild: Jana Asenbrennerova/Reuters

Quelle: Newsnetz, Dienstag, 1. April 2014

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