Wie man die eigene Stimme auf Vinyl bannen lässt

Vorwärts in analoge Zeiten: Die eigene Schallplatte als exklusives Einzelstück gibt mehr her als eine CD.

Von Matthias Schüssler

Die Digitalisierung ist nicht aufzuhalten. Wer analoge Medien besitzt, setzt alles daran, aus Super-8-Filmen DVDs, aus Platten und Kassetten CDs oder MP3-Dateien zu machen. Das ist einfacher und spart Platz. Es geht aber auch umgekehrt. Wer ab und zu eigene Tonaufnahmen produziert, der kann diese auch als richtige, echte Schallplatte besitzen – und so einer digitalen Audiodatei physische Präsenz verleihen, sei es, um sie an die Wand zu hängen oder zu verschenken. Eine schwarze Scheibe mit 30 oder 25 Zentimeter Durchmesser macht einfach mehr her als ein USB-Stick, eine CD oder ein Link im Web.

Ich habe den Versuch mit zwei meiner Aufnahmen gewagt und bei Dr. Dub (www.drdub.com) daraus eine 10-Zoll-Platte machen lassen. Als Einzelstück wird sie nicht gepresst, sondern mit dem Schneidstichel in den Rohling geschnitten. DJs nutzen Vinyl-Cuts gern für eigene Stücke oder Titel, die nur auf CD oder als Download zu haben sind. Auf eine 10-Zoll-Platte passen bei 33 Touren um die acht Minuten pro Seite. Bei Dr. Dub sind dafür inklusive Versand 49 Euro zu berappen.

Gespür fürs Medium

Die Spieldauer ist allerdings von der Aufnahme abhängig. Je lauter ein Track abgemischt ist, desto grösser muss der Abstand zwischen den Rillen sein – entsprechend kürzer ist die Laufzeit. Auch ein besonders «breites» Stereobild verlangt breite Rillen, und allzu tiefe Bassfrequenzen sind nicht erlaubt. Sie werfen den Tonarm bei der Wiedergabe aus der Rille. Vinyl erfordert also ein Gespür fürs Medium. Der beste Track gehört beispielsweise an den Anfang, wo die Rillen am längsten sind, was eine bessere Tonqualität gibt als zur Mitte hin.

Dr. Dub produziert auch Vinyl-Spezialitäten wie den «Inside out»-Cut. Er wird von innen nach aussen gespielt statt umgekehrt. Oder die Double-Groove-Platte: Sie hat zwei parallel laufende Spuren. Je nachdem in welcher Rille der Tonarm zu liegen kommt, wird ein anderes Stück gespielt.

Quelle: Tages-Anzeiger, Montag, 12. September 2011

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