Google Chrome überzeugt als flinker Zweitbrowser

Google verblüffte die Internetwelt mit dem eigenen Surfprogramm und macht mit Chrome Furore.

Von Matthias Schüssler

Die Internetgemeinschaft traut Google alles zu. Trotzdem war letzte Woche die Überraschung gross, als der Suchmaschinengigant mit einem eigenen Browser an die Öffentlichkeit trat. Google ist ein veritabler Coup gelungen, und das Interesse gross.

Obwohl mit Firefox, Opera, Safari und dem Internet Explorer die Auswahl gross ist, sind Chromes Chancen intakt. Wer einen schnellen und übersichtlichen Browser sucht, wird den Neuling mögen.

Chrome hat keine Menüleiste, sondern nur Befehlsschaltflächen. Sie dienen der Navigation und der Konfiguration. Das Eingabefeld, die «Omnibox», kann zum Suchen mit Google oder einer anderen Suchmaschine benutzt werden. Man kann wie gewohnt Adressen eintippen, aber auch Lesezeichen abrufen und früher besuchte Webseiten reaktivieren. Google indiziert alle besuchten Seiten. Sie lassen sich über das Eingabefeld nach einem Begriff durchstöbern.

Chrome schafft die klassische Startseite ab. Wer will, kann eine Lieblingsadresse einrichten. Von Haus aus zeigt Chrome jedoch die neun beliebtesten Sites an sowie ein Suchfeld und die neuesten Lesezeichen.

Nicht alle Funktionen haben die Google-Entwickler selbst erfunden. Auf Firefox’ Mist gewachsen ist die Funktion «Private Daten löschen». Sie ist unter «Google Chrome anpassen» zu finden und löscht das Protokoll der besuchten Seiten, die Liste mit den heruntergeladenen Dateien, den Cache, Cookies und Passwörter. Anders als bei Firefox kann man Protokolle auch für einen bestimmten Zeitraum bereinigen; so etwa den Browserverlauf des letzten Tages.

Von Safari stammt die Möglichkeit zu surfen, ohne Spuren zu hinterlassen. Über den Befehl «Aktuelle Seite bearbeiten > Neues Inkognito-Fenster» öffnet man einen speziellen Reiter. Alle Seiten, die man hier ansteuert, bleiben unregistriert und tauchen nicht im Verlauf oder einem anderen Protokoll auf. Bei Safari heisst das «Privates Surfen». Diesen Modus kann man bei Safari nur global einschalten; er gilt dann für alle Websites.

Von Apple stammt ferner das für die Darstellung der Webseiten zuständige Modul. Es heisst Webkit, zeichnet sich durch grosse Geschwindigkeit aus und findet in Safari Verwendung. Es hat seine Ursprünge in der Open-Source-Welt.

Eine Eigenentwicklung ist die Art und Weise, wie Chrome mit Webseiten umgeht. Jede Seite, die in einem eigenen Fenster oder Reiter geöffnet wird, läuft als eigener Prozess. Andere Browser verwenden nur einen einzigen Prozess. Das hat zur Folge, dass bei einem Fehler auf der einen Seite alle Reiter blockiert werden oder der Browser als Ganzes abstürzt. Das passiert bei Chrome nicht. Über den Taskmanager, aufzurufen via «Aktuelle Seite bearbeiten > Entwickler > Taskmanager», lassen sich blockierte Reiter beenden. Auch Flash-Animationen oder PDFs können via Taskmanager gezielt beendet werden.

Keine Funktionen à la carte

Eine grosse Schwäche ist die fehlende Erweiterbarkeit. Während Firefox und der Internet Explorer über Add-ons mit zusätzlichen Funktionen ausgestattet werden können, muss der Chrome-User mit dem gebotenen Funktionsumfang Vorlieb nehmen. Vermissen werden viele auch die Möglichkeit Feeds, also Nachrichtendienste, zu abonnieren. Werbeblocker oder fein justierbare Sicherheitseinstellungen, wie man sie im Internet Explorer und in Firefox findet, gibt es ebenfalls nicht.

Wegen dieser Mängel kommt Chrome bei den anspruchsvollen Webbenutzern vorerst nur als flinker Zweitbrowser fürs Notebook oder alte PCs in Frage. Ohne Zweifel werden die anderen Browser-Hersteller ein Auge auf den jüngsten Konkurrenten werfen und die besten Funktionen für ihr eigenes Produkt entdecken. Chrome ist Open-Source, sodass jedermann den Programmcode inspizieren kann.

Google sorgt für den versprochenen Innovationsschub. Von ihm werden auch die Surfer profitieren, die Chrome links liegen lassen.

www.google.com/chrome

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Google bereitet den Weg ins Web.

Quelle: Tages-Anzeiger, Montag, 8. September 2008

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