Texten den typografischen Feinschliff geben

Dokumente mit gepflegter Zeichensetzung sind keine Hexerei: Windows und Mac kennen die Schriftsysteme der Welt.

Von Matthias Schüssler

Der Kummerbox-Beitrag «Fixiert auf Gänsefüsschen» aus dem «Tages-Anzeiger» von letztem Montag hat so viele Reaktionen ausgelöst wie kein anderer seit längerer Zeit. Und das, obwohl es um eine Nebensächlichkeit ging: um Anführungszeichen und darum, wie man Word dazu bringt, an Stelle der deutschen Gänsefüsschen die hier zu Lande gebräuchlichen Guillemets («») zu verwenden.

Typografische Feinheiten sind vielen Lesern ein Anliegen: Einige wiesen darauf hin, dass beim Macintosh das Problem keines ist – hier lässt sich über die Tastenkombination «Alt» + «,» ein öffnendes und über «Umschalt» + «Alt» + «,» ein schliessendes Guillemet einfügen. Andere Leser diskutierten weitere Wege zu typografisch korrekten Anführungszeichen. Besonders raffiniert ist Heinrich Wolfs Weg: Er verwendet ein Makro, das automatisch am Anfang eines Wortes das öffnende und am Ende das schliessende Guillemet einsetzt. Dieses Makro dürfen wir weitergeben. Sie finden den Code im Beitrag «Guillemets ohne Fisimatenten» unter folgender Adresse:
www.kummerbox.ch/dyn/digital/kummer/819268.html

Im Zeichenvorrat von Windows und Mac OS X gibt es aber nicht nur die Guillemets, sondern auch viele andere Sonderzeichen. Unter Windows sind diese über die Zeichentabelle abzurufen. Auf dem Mac geht es am einfachsten über die «Zeichenpalette»; wie Sie diese einschalten, erläutert der Kummerbox-Beitrag «Tippen auf Polnisch» vom 12. November.

65 000 Zeichen in Griffnähe

Windows’ Zeichentabelle starten Sie entweder über das Startmenü und «Programme > Zubehör > Systemprogramme» oder aber, indem Sie den Befehl «Ausführen» betätigen und «charmap» eingeben. In der Zeichentabelle stehen, je nach Schrift, mehrere Tausend Zeichen zur Verfügung: Nebst Interpunktionszeichen, Akzenten, Pfeilen, mathematischen und technischen Symbolen gibt es griechische, chinesische, kyrillische Buchstaben. Der Schriftenstandard für eine globalisierte Welt heisst Unicode. Er ermöglicht es, in einer einzigen Schrift den Zeichenvorrat für alle gebräuchlichen Schriftsysteme der Welt bereitzuhalten. Besonders viele Zeichen enthält die Schrift «Arial Unicode MS» – sie finden Sie via Google oder mit der Anleitung im Buch «Kummerbox 07» auf Seite 93.

Für mehr Übersicht in der Zeichentabelle schalten Sie die «Erweiterte Ansicht» ein und wählen bei «Gruppieren nach»: «Unicode-Unterbereich».

Schneller als via Zeichentabelle lassen sich Sonderzeichen per Tastaturkürzel einfügen. Dieses Kürzel ist rechts unten in der Zeichentabelle ersichtlich, wenn ein Zeichen markiert ist. Fürs öffnende Guillemet lautet es beispielsweise «Alt» + «0171». Halten Sie entsprechend die Taste «Alt» gedrückt, während Sie auf dem Ziffernblock den Zahlencode «0171» eingeben. Der Code fürs schliessende Guillemet ist 0187, für die einfachen Anführungszeichen 0129 und 0155, für den typografischen Apostroph 0149, für den Gedankenstrich 0150, 0178 für die hochgestellte Zwei. Und so weiter.

In modernen Betriebssystemen gibt es das Schriftformat OpenType. Mit ihm sind, kompatible Programme vorausgesetzt, typografische Leckerbissen wie Ligaturen möglich. Das sind automatische Verschmelzungen benachbarter Buchstaben. Sie erfolgen bei Buchstabenkombinationen wie ft, fi, ff oder ffi und ergeben ein harmonischeres Schriftbild. OpenType unterstützt auch Mediävalziffern (Ziffern mit Unterlängen für harmonischen Fliesstext) oder echte Kapitälchen.

Apple hat mit «Apple Advanced Typography» (AAT) eine eigene Technologie entwickelt. Sie beherrscht automatische Ligaturen, Kapitälchen und vieles mehr. Wers ausprobieren will: Die Schriften «Hoefler Text», «Zapfino» und «Apple Chancery» sind AAT-kompatibel – aber nur in Apples Programmen, namentlich Pages oder Textedit, nicht aber in Word.

SCREEN TA

Nicht von Hand geschrieben, sondern am Computer gesetzt.

Quelle: Tages-Anzeiger, Montag, 3. Dezember 2007

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