Ein Virus spricht Klartext

Als Narr tituliert ein Virus alle Leute, die unvorsichtig genug waren, sein verseuchtes E-Mail zu öffnen.

Von Matthias Schüssler

Virenprogrammierer sind schadenfreudige Menschen. Im Fall des Wurms Winevar ist diese Antriebsfeder offenkundig, denn Hohn und Spott prasseln auf die Opfer nieder. Als Narr muss sich bezeichnen lassen, wer das verseuchte E-Mail öffnet und so dem Schädling Zugang zum Computer gewährt. Das Virus zeigt beim nächsten Systemstart eine Dialogbox an, die den Text «Welche Dummheit hast du da angestellt!» enthält. Klickt der Benutzer auf «OK», löscht Winevar Dateien.

Ganz Unrecht hat das in der letzten Woche aufgetauchte Virus nicht, wenngleich «Unvorsichtigkeit» das passendere Wort als «Dummheit» wäre. Winevar benutzt die gleichen Mechanismen für die Verbreitung wie andere Würmer. Bugbear, Klez und Seeker stehen in McAfees «Viren-Hitparade» zuoberst und setzen ebenfalls auf nachlässige Anwender, die jedes Mail öffnen und auf aktuelle Virenscanner und Sicherheitspatches verzichten.

Nur selten legen Virenprogrammierer ihre Beweggründe offen. «Melhacker» nennt politische Motive. Der Malaysier, welcher an der Entwicklung von Bugbear beteiligt gewesen sein soll, gab gegenüber der amerikanischen «Computerworld» an, ein Supervirus entwickelt zu haben. Dieses trage den Namen Scezda und würde im Fall eines Angriffs der USA auf die Menschheit losgelassen.

Sicherheitsexperten sind sich uneins, wie gross die Gefahr eines solchen Cyberterroranschlags effektiv ist. Eines ist klar: Je mehr Anwender Lehren aus Winevar und Co. ziehen, desto schwerer wird es in Zukunft sein, Viren in Umlauf zu bringen.

SCREEN SYMANTEC

Wer den Schaden hat . . .

BILD INTERPLAY

Bugbear, das Virus, hat im Spiel «Baldur’s Gate» einen Namensvetter.

Quelle: Tages-Anzeiger, Montag, 2. Dezember 2002

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Thema: Zweitgeschichte
Nr: 4241
Ausgabe: 02-1202
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