Die Gerüchteküche brodelt und obenauf schwimmt Illustrator 8
Über dreihundert neue Funktionen will Adobe in die Benutzerschnittstelle der neuen Illustrator-Version implementieren – so munkeln zumindest die «gewöhnlich gutinformierten Kreise» im Internet. Illustrator wird mit neuen Zeichenwerkzeugen und «Live»-Effekten auftrumpfen, und ausserdem mit Neuerungen, welche sich die Entwickler bei Photoshop abgeguckt haben: Actions und die Navigatorpalette.
Von Matthias Schüssler. Nach gut einem Jahr Arbeit mit dem Illustrator 7 mehren sich die Anzeichen, dass wir uns bald an eine neue Versionsnummer gewöhnen müssen: 8. Das Standardtool für Illustratoren und Gestalter befindet sich in einer Metamorphose mit noch offenem Ausgang. Doch unerschrockene Werkspione und IT-Paparazzi haben das samtene Tuch, welches den Prototyp noch bedeckt, bereits ein wenig beiseite gezogen und plaudern aus dem Nähkästchen. Über spannende, neue Funktionen notabene.
Neue, intelligente Zeichenwerkzeuge
Am «gwundrigsten» sind wir natürlich auf die neuen Zeichenwerkzeuge, da diese das eigentliche Gestalten am direktesten beeinflussen. Der «Buntstift» zum freihändigen Zeichnen soll sich anders «anfühlen»: Freihändiges Zeichnen sei fast wie auf Papier möglich, heisst es. Der Stift erzeugt weniger Punkte und glattere Kurven, und auch die Veränderung von Linien ist einfacher: Der (menschliche) Illustrator zieht einfach eine Linie nahe einer Selektion von Knotenpunkten, und der («softwarige») Illustrator passt die bestehende Kurve an die neue Form an. Ein Werkzeug für freies Transformieren vereinfacht das Skalieren, Rotieren und Verzerren von Objekten. Dies wird vermutlich wie in Photoshop anhand der Umgrenzungslinie eines Objekts resp. den Anfassern in jeder Ecke passieren. Eine Riesenerleichterung im Vergleich zum Status quo: Durch die Eingabe des Skalierungsfaktors in Prozenten gelangte man oft sehr umständlich ans Ziel. Auch 3D-Perspektiven können mit dem neuen Transformationstool erzeugt werden. Ein Radiergummi wird es vereinfachen, Teile einer Zeichnung oder eines Objekts zu entfernen.
Sanft und mit wenig Knoten
Ein «Besänftiger» (engl. «smoothing tool») wird es erlauben, Pfade gezielt nachzubearbeiten und von ungewünschten Knoten zu befreien. Die Pipette wird auch Textattribute «aufsaugen» können, die dann mit dem «Füllwerkzeug» zugewiesen werden können. Dabei hat der Benutzer volle Kontrolle darüber, welche Attribute übertragen werden und sieht das Resultat vorneweg in einer Vorschau.
Neue «Live»-Pinsel ermöglichen eine Nachbearbeitung: Der Kalligraphiepinsel erzeugt nun kein gefülltes Objekt mehr, sondern eine Linie, die verändert werden kann und der das kalligraphische Aussehen dynamisch zugewiesen wird. Die «Art Brush» zeichnet mit Illustrator-Objekten, d.h. wiederholt Elemente entlang des gezeichneten Pfades. Dabei können die Elemente schön angeordnet oder eher wild verstreut werden.
«Live is live»
Auch Überblendungen sind jetzt «lebendig»: Ändern Sie Knoten, Farben oder den Pfad, entlang dem die Überblendung läuft, werden die Änderungen automatisch berücksichtigt und nachgetragen.
Doch nicht nur die Zeichenwerkzeuge wurden verbessert, sondern auch das «Drumherum». Farben werden automatisch der Farbfelderpalette zugefügt, wenn Sie ein Bild importieren, ebenso Füllungen und Verläufe. Dabei stellt Illustrator sicher, dass identische Füllungen nicht mehrfach auftauchen. Eine neue Ansicht in der Ebenenpalette kann mehr Ebenenrepräsentationen auf engem Raum unterbringen. Nichtdruckende Ebenen werden kursiv beschriftet und sind somit leichter zu erkennen. Der Typ «Vorlage-Ebene» macht es einfach, eine nichtdruckende, unveränderbare Ebene für Pausvorlagen anzulegen.
Retro
Auch ein «Rückschritt» ist zu verzeichnen: Aufgrund der Intervention von Benutzern werden Tastaturkürzel von Mac-Illustrator 6 reanimiert. Denkbar ist, dass sich in den Einstellungen festlegen lässt, ob Illustrator auf die neuen oder die gewohnten Tastenkombinationen reagiert.
Photoshop stand Sandro Botticelli Pate
Einige, von Photoshop bestens vertraute Funktionen werden den Weg in den Illustrator finden. Allen voran die Actions. In Illustrator 8 wird es, wenn die Auguren recht behalten, diese Möglichkeit der Automation haben. Wie in Photoshop wird man die Möglichkeit haben, einzelne Kommandos per Klick auf die «Checkbox» zu aktivieren oder zu deaktivieren, und ebenso wird es möglich sein, Aktionen auf selbstgewählte Funktionstasten zu legen. Auch der Schaltermodus wird’s geben: Ist dieser gewählt, erscheinen die Tasten als Knöpfe und ermöglichen den rasanten Start der gewünschten Befehlsfolge.
Zoomen bis 6400 Prozent
Zum zweiten ist auch die Navigatorpalette nun Bestandteil von Illustrators Palettenphalanx. Dies ist besonders praktisch, da die Zoomtiefe vervierfacht wurde: Bis 6400 Prozent lassen sich die Illustrationen vergrössern. Bei Nummer sieben ist bei 1600 Prozent Ende der Fahnenstange.
Auch vom PageMaker haben sich die Illustrator-Ingenieure inspirieren lassen: Das Dialogfeld «Verknüpfungen» gibt analog zum Seitenmacher über die plazierten Grafiken auskunft. Verlorene Verbindungen und Aktualisierungsbedürftigkeit sind darin jederzeit ersichtlich.
Hilfsmittel und Desktop-Organisation
Sogenannte «Gescheite Hilfslinien» (hoffentlich fällt Adobe noch eine weniger doofe Übersetzung von «smart guides» ein) helfen beim Ausrichten von Elementen. Diese Linien sind sichtbar, während ein Element gezeichnet oder verschoben wird, und bilden vertikale und horizontale Verlängerungen des Objekts. Damit ist präziseres Arbeiten möglich – die Grafikelemente stehen schneller stramm. Ausserdem – so lässt zumindest der Screenshot vermuten – kann man einzelne Werkzeuge aus der Werkzeugpalette herauslösen und als eigene Minisymbolleiste auf dem Desktop anordnen.
Soweit also der Stand der Dinge, wie er am Buschtelefon durchgegeben wird. Die Aussagen über Features sind hochspekulativ und dürfen nicht als verbindlich genommen werden. Auch über Erscheinungsdatum und Updatepreis kann noch keine Aussage gemacht werden.