Wiesendangen: Alle Geschäfte von Politischer Gemeinde und Zivilgemeinde genehmigt – Beteiligung so schlecht wie seit langem nicht mehr

Der harte Kern hielt die Stellung und sagte achtmal Ja

In Wiesendangen haben an einer ruhigen Versammlung rund 100 anwesenden Stimmberechtigten letzten Freitag alle Traktanden der Politischen Gemeinde und der Zivilgemeinde gutgeheissen. Ein Antrag, wonach die neugeschaffene Verwaltungsstellle sofort zu 100 Prozent hätte besetzt werden sollen, scheiterte.

(msc) Er sei schon seit 17 Jahren Behördenmitglied, doch so eine schlecht besuchte Gemeindeversammlung habe er noch nie erlebt, stellte Gemeindepräsident Arthur Bhend nach der Versammlung fest. Nur knapp hundert Stimmberechtigte hatten letzten Freitag den Weg in die Wisenthalle gefunden; bei 3750 Einwohner eine magere Teilnahme. Dass es dennoch nicht langweilig wurde, dafür sorgte der anwesende «harte Kern» mit zahlreichen Wortmeldungen und einem Antrag.

«Nur reden nützt nichts»

Es war Traktandum sechs, das einen Anwesenden dazu bewog, einen Änderungsantrag zu stellen. Da die Finanzverwaltung der Politischen Gemeinde seit kurzem die Rechnung der Schulgemeinde führt, und nun auch die Reformierte Kirchenpflege und der Spitexverein ihre Buchhaltung in die Obhut der Gemeindeverwaltung übergeben möchten, sei eine personelle Aufstockung unumgänglich. Zwar lautete das Gesuch des Gemeinderates auf «eine zusätzliche vollamtliche Stelle auf der Gemeindeverwaltung», doch vorerst sollte sie nur halbtags besetzt werden. Der Antragsteller verlangte, die Stelle von Beginn weg zu hundert Prozent zu vergeben und argumentierte, eine Halbtagsstelle ziehe eher ältere Arbeitnehmer an. Angesichts der Jugendarbeitslosigkeit gelte es jedoch, ein Zeichen zu setzen und mit gutem Beispiel voranzugehen. «Wenn man schon von der Privatwirtschaft verlangt, Arbeitsplätze zu schaffen, dann muss das die Politik selbst auch tun – und unsere Gemeinde kann es sich leisten!» Die Gemeinde solle einen jungen Bewerber einstellen. Gemeindepräsident Bhend betonte in seiner Entgegnung, die Stelle sei als Ganztagsstelle beantragt, doch man wolle den Spielraum erst voll ausschöpfen, wenn’s denn nötig sei. Etwas anderes würde der Steuerzahler wohl kaum billigen, sagte Bhend, und meinte weiter: «Sie müssen es schon uns überlassen, wen wir anstellen». Ein Votant aus dem Saal stärkte in seiner Stellungnahme die Position des Gemeinderates, indem er sich dafür aussprach, die Auswahlmöglichkeit nicht zu beschränken. «Und schliesslich gibt es auch ‹Alte›, die auf einen Verdienst angewiesen sind – beispielsweise weil sie ihre Jungen durchbringen müssen». Der Antrag erhielt denn auch nur die Stimme seines Urhebers, mit einer Gegenstimme wurde der Antrag des Gemeinderats genehmigt.

Ungeliebte Verkehrsberuhigung

Das Budget wurde trotz des verhältnismässig hohen Aufwandüberschusses von 996 900 Franken einstimmig angenommen Ziel sei ein «finanziell tragbar und politisch zu verantwortendes» Haushaltsplan gewesen, kommentierte der Wiesendanger Gemeindepräsident Arthur Bhend, der auch das Finanzressort inne hat, die Zahlen. In seinen Ausführungen zu besonders markanten Budgetposten erwähnte Bhend, man rechne mit rund 50 000 Franken weniger Steuereinnahmen, dafür könnten die Sozialausgaben steigen – beide Erscheinungen wertete Bhend als «Zeichen der Zeit». Zur Budgetentlastung könnten dagegen Einnahmen in Zusammenhang mit der regen Bautätigkeit in Wiesendangen und sinkende Schuldzinsen beitragen. Ein Anwesender äusserte den Wunsch, man solle die Verkehrsberuhigungsmassnahmen bei der Umfahrung Langen nochmals überdenken. Diese wurden jedoch vor Jahresfrist beschlossen und werden, da der Votant kein Antrag stellte, auch realisiert werden.

Alle drei vorgelegten Investitionsabrechnungen (Kanalisation Gemeindehaus- und Schulstrasse, Kanalisation Bahnstrasse und Schutzraummöblierung) wurden ohne Gegenstimme genehmigt. In allen Fällen liegt eine Kreditunsterschreitung vor, was einen Versammlungsteilnehmer zur Bemerkung veranlasste, er erachte es nicht als sinnvoll, wenn tendenziell zu hohe Kreditbegehren gestellt würden. Bhend dementierte, man setze um des guten Eindrucks willen, den man mit Kreditunterschreitungen schinden könne, die Darlehensgesuche zu hoch an. «Wir konnten einfach billiger bauen, als wir vor einem Jahr gedacht haben», sagte Bhend.

Auch das letzte Geschäft, der «Anschlussvertrag mit Bertschikon betreffend Zivilschutz» wurde angenommen, ohne das die Stimmen ausgezählt werden mussten.

Rücktritt des Präsidenten

Im Anschluss an die Politische Gemeinde tagte die Zivilgemeinde. Das erste Traktandum war der Kreditantrag für eine 16 Kilowatt-Hochspannungsleitung von der Trafostation Steinler zur Sammelstrasse Nord in der Höhe von 90 500 Franken. Das Begehren erhielt das Einverständnis der Versammlung. Das zweite Traktandum, die Vorstellung des Voranschlags 1997 der Zivilgemeinde, war zugleich das letzte, das der langjährige Präsident Viktor Huss zu vertreten hatte, denn dieser legt sein Amt auf Ende Jahr nieder. Seinen Rücktritt nahm Huss zum Anlass, die aktuellen Budgetzahlen mit denen seines Amtsantritts vor 13 Jahren zu vergleichen. Huss stellte dabei einen bedeutenden Schuldenabbau fest und bilanzierte, die Finanzlage der Zivilgemeinde sei nach wie vor «sehr gesund». Sein Amtskollege Arnold Bleier hielt nach erfolgter Zustimmung zum Budget die Abschiedsrede für Huss und konnte darin dem positiven Fazit nur zustimmen. Die Versammlung verdankte die geleistete Arbeit Huss’ mit langem Applaus.

Des weiteren konnte Arnold Bleier ankündigen, dass die Sackgebühr sinkt: «Kehrrichtverbrennung wird zu einem Geschäft – die Verbrennungsanlagen jagen sich die Aufträge ab und das drückt auf den Preis.» Die Marke wird ab dem neuen Jahr für 2.20 statt für 2.50 zu haben sein, die Containerblombe kostet dann zehn Franken weniger, nämlich 44 Franken.

Quelle: Der Landbote, Dienstag, 17. Dezember 1996

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Thema: Gemeindeversammlung
Nr: 115
Ausgabe: 96-293
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