Pro und Contra

Wie weiter mit iPad und Mac?

Apple führt seine Computer-Plattformen näher zusammen. Unsere Digitalredaktoren sind sich uneins über die Strategie.

Rafael Zeier,Matthias Schüssler

«Die Fusion von Mac und iPad ist überfällig.»

Genau vor zehn Jahren hat Microsoft einen monumentalen Flop gelandet: 2012 ist Windows 8 erschienen. Dieses Betriebssystem wollte auf Teufel komm raus den klassischen, auf Maus und Tastatur optimierten Desktop mit dem Touchscreen und der Steuerung per Finger verheiraten. Das war eine Zwängerei, die Microsoft auch die letzten Chancen im Smartphone-Geschäft gekostet hat. Denn diesem Bemühen, alles über einen Kamm zu scheren, ist auch das Handy-Betriebssystem Windows Phone zum Opfer gefallen.

Doch während Microsoft 2012 viel zu viel Gas gegeben hat, steht Apple seit zwölf Jahren auf der Bremse. Im Januar 2010 hat Steve Jobs das iPad präsentiert, und schon damals hat sich die Welt gefragt, wie sich dieses Tablet längerfristig von dem klassischen Mac-Computer abgrenzen soll. Am Anfang war Differenzierung noch eindeutig: Das iPad war zum Lesen digitaler Magazine und für den Videokonsum gedacht. Doch über die Jahre haben sich der Mac und das Tablet angenähert: Inzwischen verwenden beide Geräte den gleichen Prozessor.

Auf den neuen Macbooks lassen sich iPad-Apps ausführen. Mit der neuen Stage-Manager-Funktion ist das iPad in der Lage, mehrere Apps als überlappende Fenster anzuzeigen, was bisher eine Besonderheit des klassischen Desktop-Betriebssystems war. Und es ist auch längst kein Problem mehr, das iPad mit Maus und einer «richtigen» Tastatur zu bedienen.

Heute ist die Fusion überfällig: Viele Mac-Anwender würden es schätzen, wenn ihr Computer einen Touchscreen hätte und sie ihre Programme auch mit Stift bedienen könnten. Umgekehrt wäre es toll, am iPad sämtliche Funktionen zur Verfügung zu haben, die ein offeneres System und das Mac-Dateiverwaltungsprogramm Finder zur Verfügung stellt.

Aber Apple hält die seit Jahren unsinnige Aufteilung aufrecht. Der Grund liegt auf der Hand: Apple verdient auf diese Weise mehr. Ein Teil der Kundschaft kauft zur Ergänzung seines Mac ein iPad – oder umgekehrt. Das spült Geld in die Kasse, viel Geld.

Ich habe mir Anfang Jahr ein Convertible von HP gekauft, das sich mit zurückklappbarer Tastatur auch als Tablet verwenden lässt. Trotz Luxus-Ausstattung mit einem Datenspeicher von zwei Terabyte und 32 GB-Arbeitsspeicher bin ich (allerdings mit Rabattglück) mit 1700 Franken davongekommen. Ein Macbook Pro mit der gleichen Ausstattung kostet 3629 Franken – und ja, ich weiss, dass das Macbook Pro meinem Windows-Laptop bei der reinen Rechenleistung überlegen ist und zum Beispiel 4k-Video viel schneller bearbeitet. Allerdings bin ich selten in der Situation, dass es mir darauf ankäme.

Unübersehbar ist indes, dass das Macbook – anders als mein Windows-PC – keinen Touchscreen und keinen mitgelieferten Stift hat. Für Tablet-Zwecke bräuchte ich zusätzlich ein iPad, das in der Pro-Variante ungefähr ab 600 Franken erhältlich ist. Und ich müsste zwei Geräte mit mir herumtragen.

Unter diesen Umständen ist mir der Entscheid fürs Windows-Convertible leichtgefallen. Das hätte auch anders sein können: Würde Apple die Möglichkeit anbieten, auf dem iPad auch das Desktop-Betriebssystem macOS auszuführen, wäre es vielleicht das teure iPad-Pro-Modell geworden.

Quelle: Newsnetz, Dienstag, 28. Juni 2022

Rubrik und Tags:

Link zum Original

Metadaten
Thema: Newsnetz
Nr: 19312
Ausgabe:
Anzahl Subthemen:

Obsolete Datenfelder
Bilder:
Textlänge:
Ort:
Tabb: false