Ein Internetphänomen, das überhaupt nicht bewegt

Von Matthias Schüssler

Es ist der grosse Hit zurzeit im Web: Die Mannequin-Challenge. Wie funktionierts? Wer kanns? Plus die besten Beispiele.

Den Sieg hat Hillary Clinton auch dieses Mannequin-Challenge-Video mit Bon Jovi nicht gebracht. Video: Tamedia

Der Mannequin-Challenge ist ein Internetphänomen, das im Oktober in einer Highschool in Jacksonville gestartet wurde und seitdem viele Künstler, Sportler und Politiker zur Nachahmung inspiriert. Die Herausforderung besteht darin, ein Video zu drehen, das gewissermassen die Zeit anhält. Im Clip bewegt sich nur die Kamera, während die Protagonisten wie eingefroren in ihren Posen verharren. Am Ende des Videos wird die Erstarrung gebrochen und das Leben kehrt in die erstarrten Personen zurück. Das ist umso eindrücklicher, je mehr Leute mitmachen und je komplexer die Haltungen sind, in der die Leute stehen bleiben.

Das erinnert an die Effekte in Serien und Kinofilmen, namentlich an Bullet Time. Er verlangsamt die Zeit so stark, dass der Zuschauer eine Pistolen- oder Gewehrkugel im Flug verfolgen kann. Der Film «Matrix» hat den Effekt verwendet, um den Kampfszenen einen dramatischen und übermenschlichen Anstrich zu verleihen, indem sich die Kamera 360° um die Protagonisten dreht. Die Bullet Time hat Vorläufer, die in die 1960er-Jahre zurückreichen, wo die japanische Zeichentrickserie «Speed Racer» sie andeutete. Man kann sich aber auch an die Tableaux vivantserinnert fühlen, als gegen Ende des 18. Jahrhunderts Schüler und aristokratische Familien bekannte Gemälde nachstellten – wie übrigens sehr schön in Jack Finneys Zeitreiseroman «Das andere Ufer der Zeit» beschrieben wird.

Das ganze Geheimnis: Stillstehen können

Für den Bullet-Time-Effekt werden mehrere Dutzend Kameras benötigt. Er lässt sich inzwischen aber auch günstig mit einer Smartphone-App herstellen, die via WLAN eine grössere Zahl an Handys verbindet. Bei der Mannequin-Challenge hingegen ist keine elaborierte Technik im Spiel: Es geht einfach darum, dass alle Beteiligten möglichst stillstehen, bis der Clip im Kasten ist – zumindest in den meisten Fällen. Wer Bälle in der Luft erstarren lässt oder sich mitten im Sprung einfriert, der braucht einen erfahrenen Video-Editor, der es schafft, Standbilder glaubwürdig in den bewegten Clip zu montieren – siehe Beispiel unten von Zach King.

Der Hype unter dem Hashtag #MannequinChallenge hat längst die Sport- und Musikwelt erfasst. Paul McCartney hat ein Video gedreht, Adele und Beyoncé sowieso. In der Sportwelt haben die New York Giants die Zeit in ihrer Kabine angehalten (was auch Locker Room Talk wirkungsvoll verhindert) und Kelly Rowland von Destiny’s Child. Einen wirklichen Erkenntnisgewinn bringen die Mannequin-Challenge-Videos nicht, und anders als bei der Ice-Bucket-Challenge von 2014, bei der man sich einen Kübel Eiswasser über den Kopf kippen musste, werden hier auch keine Spendengelder gesammelt.

Love those Black Beatles #MannequinChallengepic.twitter.com/aAu9umHKI7

— Paul McCartney (@PaulMcCartney)

10. November 2016

CHALLENGE ACCEPTED! #mannequinchallenge #GiantsPride

Ein von New York Giants (@nygiants) gepostetes Video am 6. Nov 2016 um 15:24 Uhr

Mannequin challenge

Ein von @adele gepostetes Video am 7. Nov 2016 um 16:48 Uhr

Ein von kellyrowland (@kellyrowland) gepostetes Video am 7. Nov 2016 um 9:13 Uhr

Who has heard of the #mannequinchallenge ? Grab some friends this week and create your own version!

Ein von Zach King (@zachking) gepostetes Video am 5. Nov 2016 um 8:02 Uhr

Erstellt: 14.11.2016, 11:11 Uhr

Quelle: Newsnetz, Montag, 14. November 2016

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