Die Diva unter den Kameras

Die Fuji Finepix X100 ist Kamera-Hightech in Retrogestalt – und hat einen stolzen Preis.

Von Matthias Schüssler

Die Finepix X100 zieht die Blicke auf sich, wie das im Fotostudio sonst nur die schönsten Models tun. Die Digicam hat das zeitlose Retrodesign einer Leica und ist, genau wie die Kamera der Fotojournalismus- und Künstler-Avantgarde, nicht fürs Studio, sondern für die Strasse gedacht. In der Street-Photography kommen klassischerweise Messsucherkameras zum Einsatz. Ihr separater Sucher zeigt auch während der Auslösungen das Bild und ist heller als der Sucher einer Spiegelreflexkamera.

Die X100 hat zwar keinen richtigen Messsucher, macht aber immerhin technische Anleihen beim Vorbild. Der sogenannte Hybridsucher kombiniert das herkömmliche Sucherbild mit LCD-Display. Während des Komponierens blickt man durch den optischen Sucher. Drückt man den Auslöser, blendet die Kamera Informationen über das Bild: Sie zeigt die Blende und Belichtungszeit, Fokuspunkt, Histogramm und sogar einen künstlichen Horizont fürs Ausrichten der Kamera. Der Sucher zeigt ein deutlich grösseres Bild als das fertige Foto, wobei der Ausschnitt durch einen Rahmen angezeigt wird – das hilft, den richtigen Moment einzufangen.

Über den Schalter neben dem Objektiv schaltet man den Sucher zwischen Liveview-Bild und optischem Durchblick um. Als dritte Möglichkeit (via «View»-Taste) lässt sich auch das grosse Display auf der Kamerarückseite mittels Liveview zur Komposition nutzen. Es gibt auch einen Modus, bei dem die Kamera automatisch zwischen grossem Display und Sucher umschaltet, wenn der Fotograf das Auge zum Sucher bewegt. Das sind viele Möglichkeiten, die im ersten Moment verwirren. Wegen der ungewohnten Bedienung wurde die X100 auch schon die «Diva» unter den Kameras genannt – schön und genial, aber auch ganz schön zickig im Umgang.

Fotografieren ohne Zoom

Das Objektiv hat eine Festbrennweite von umgerechnet 35 Millimetern, eine maximale Blende von 2, einen Blendenring, der auch eine Automatikposition aufweist und einen manuellen Fokusring. An der Oberseite der Kamera gibt es ein Rad für die Belichtungszeit (ebenfalls mit Automatikposition) und ein Rad für die Belichtungskorrektur.

Die X100 hat 12,3 Megapixel, fotografiert in RAW und deckt den ISO-Bereich von 200 bis 6400/12800 ab.

Fazit: Mit der X100 ist Fuji ein innovatives Konzept gelungen. Die Kamera ist bis und mit Ledertasche und Objektivdeckel solide verarbeitet. Sie ist vergleichsweise klein und leicht (445 g) und eignet sich so bestens als Zweitkamera. Negativ: die Marotten der Software, die im Test ein gelegentliches «Resetten» nötig machten, ferner die nicht selbsterklärende Bedienung und der stolze Preis von gut 1300 Franken.

Die Fuji X100 gibt selbst ein schönes Fotosujet ab. Foto: PD

Quelle: Tages-Anzeiger, Montag, 29. August 2011

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