Den Viren keine Chance

Viren sind keine «höhere Gewalt». Anders als bei Naturkatastrophen kann man sich wirkungsvoll schützen.

Von Matthias Schüssler

Experten attestieren dem Urheber des Loveletter-Virus durchaus programmiererisches Geschick: «Es ist clever gemacht!», kommentierte beispielsweise Carey Nachenberg, Chef-Virenforscher bei Symantec. Hauptursache für den durchschlagenden Erfolg der gefälschten Liebesbotschaft war aber nicht die Genialität des Virencodes. Loveletter hätte kaum Schaden angerichtet, wäre bei vielen Empfängern nicht die Neugierde stärker als das Misstrauen gewesen: Tausende von Empfängern haben arglos das angehängte Virenscript per Doppelklick gestartet.

Ein Schritt im Rückstand

Auf diese Weise konnte sich Loveletter weltweit verbreiten, obwohl die Virenjäger dem Schädling dicht auf den Fersen waren und nur Stunden vergingen, bis die ersten Updates für die Antivirenprogramme verfügbar waren. Die «Guten» werden aus Prinzip stets im Rückstand sein: Virenjäger können erst dann Massnahmen ergreifen, wenn ein Virus zugeschlagen hat. Aus diesem Grund sollten Sie folgende Ratschläge beachten:

Seien Sie misstrauisch gegenüber Mailattachments: Stammt die empfangene Botschaft wirklich vom angegebenen Absender? Im Web lassen sich Identitäten leicht fälschen.

Installieren Sie ein Antivirenprogramm – am besten eines, das Mails noch während des Downloads überprüft. Bewährt im Kampf gegen Schädlinge sind Norton Antivirus (http://www.symantec.com/avcenter), McAfee ActiveShield (http://www.mcafee.com/centers/anti-virus), FP-Win (FP-Prot für Windows; http://www.fpwin.de/) oder Norman Virus Control (http://www.norman.no/). Der Newcomer «Panda Antivirus Platinum» kommt vor allem im Firmenumfeld zum Einsatz, da die Firma umfassenden Support leistet.

Die Schweizer Virenzentrale mit umfangreicher Enzyklopädie findet sich unter dem Link http://www.avp.ch/.

Speichern Sie Attachments vorerst auf der Festplatte, und untersuchen Sie sie mit Programmen, die keine Scripts ausführen können. Vermeiden Sie den Doppelklick, sondern starten Sie erst die Anwendung und wählen den Befehl «Datei -> öffnen». Benützen Sie das Programm Wordpad, um Winword-Dokumente zu lesen: Auf diese Weise haben Makroviren keine Chance. Für Textdateien verwenden Sie den Windows Editor: Dieser kann keine Virenscripts ausführen. Wenn nicht ersichtlich ist, um welchen Dateityp es sich beim Attachment handelt, fragen Sie beim Absender nach. Es besteht auch die Möglichkeit, eine verdächtige Datei an den Hersteller des Antivirenprogramms einzusenden. Dort überprüfen Fachleute die Datei, geben Entwarnung oder empfehlen wenn nötig Gegenmassnahmen.

Neue Technologien bergen zusätzliche Gefahren: Seien Sie zurückhaltend bei der Installation von Kommunikationstools, Chat-Clients und ähnlicher Software.

Beobachten Sie die Statusanzeige des DFÜ-Monitors (im «Systray» neben der Uhr): Wenn sie grosses Datenaufkommen anzeigt, die beiden Indikatoren blinken und signalisieren, dass Daten gesendet und empfangen werden, obwohl Sie keine Mails abfragen und der Browser nicht gestartet ist, könnte das ein Hinweis auf ein aktives Virus oder ein Spionagetool sein. Beenden Sie in einem solchen Fall sofort die Verbindung zum Internet und checken Sie die Festplatte mit einem aktuellen Virenscanner durch.

Und schliesslich: Sichern Sie Ihre Daten – gegebenenfalls auch das Betriebssystem – regelmässig auf ein Wechselmedium, einen Streamer oder auf CD-R. Virenattacken lassen sich trotz aller Vorsichtsmassnahmen nie ganz ausschliessen. Wer jedoch Back-ups anfertigt, dem geht es nicht so wie der norwegischen Bildagentur ScanPix, die wegen des liebestollen Virus 4500 Fotos verlor.

Explosiv: Im Attachment steckt der Loveletter-Virus. SCREEN TA

Quelle: Tages-Anzeiger, Montag, 8. Mai 2000

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