Druckertreibern Sie es auf die Spitze

Die Normalanwender sind mit ihren Druckertreibern dann zufrieden, wenn sie nicht mit ihnen konfrontiert werden. Der Power-User dagegen schenkt diesen willigen Helfen im Betriebssystem-Untergrund die nötige Aufmerksamkeit. Kennt man nämlich deren Funktionsweise, lassen sich viele Aufgaben einfacher lösen, widrige Fussanglen elegant umgehen und Dinge erledigen, die Unwissende schlicht für unmöglich halten.

Matthias Schüssler und Martin Spaar

Programmierer, die Druckertreiber schreiben, müssen bescheidene Leute sein: Das Gros der Computer-User hat keine Lust, den Früchten ihrer Arbeit Beachtung zu schenken, sondern ist zufrieden, wenn es problemlos druckt. Nur beim Auswählen der Optionen im Dialog nimmt «Otto Normalverbraucher» von diesem Stück Software Notiz, welches dafür sorgt, dass die Einladung für die Omi, der Beschwerdebrief an die Krankenkasse oder eine interessante Web-Seite auch so auf dem Papier landet, wie sie auf dem Bildschirm ausgesehen hatte. Sobald allerdings Druckaufträge extern vergeben werden, kommt man um die Beschäftigung mit diesen Gerätetreibern nicht mehr herum. Schon manch einer hat eine böse Überraschung erlebt, als er ein liebevoll gestaltetes Word-Dokument professionell ausgeben lassen wollte: Schriften liefen anders, der Seitenumbruch war im Eimer und das Resultat in keiner Weise den Erwartungen entsprechend. Profis im Publishing-Bereich kennen daher den Umgang mit Druckertreibern, arbeiten in vielen Fällen mit Druckdateien und umgehen auf diese Weise so manche Klippe. Ausserdem lassen sich mit diesem Know-How im Rücken Druckertreiber für Autgaben einsetzen, für die sie ursprünglich gar nicht gedacht waren, bei denen sie trotzdem fast Wunder wirken. Druckertreiber ermöglichen die Kommunikation zwischen Drucker und Betriebssystem. Diese kleinen Softwareprogramme setzen die Mit Druckinformationen, von einer Anwendung gemäss dem Windows-Standard erzeugt, für das spezifische Ausgabegerät um. Weiter wissen sie über die technischen Spezifikationen des Printers Bescheid und können das Betriebssystem über Farbfähigkeit, Auflösung, Speicher, bedruckbare Fläche und weiteres in Kenntnis setzen.

Kein Exorzist ist gefragt, sondern…

Gewisse scheinbar unerklärliche Phänomene werden plötzlich verständlich, wenn man das Zusammenspiel von Betriebssystem, Anwendungsprogramm und Drucker durchschaut. Der Briefonkel von jedem PC-Kummerkasten kennt beispielsweise jene verzweifelte Klage der Computerbenutzer, in Winword oder einer anderen Textverarbeitung seien nur wenige Schriften zu sehen (meist «Modern» und «Roman 10cpi»), obwohl doch unzählige Schriften installiert seien; und auch Änderungen des Schriftgrades bleiben unberücksichtigt. Kein Defekt, kein Virus ist Grund für dieses Verhalten, sondern die Tatsache, dass sich Winword bei der Darstellung der Dokumente an den Fähigkeiten des gewählten Druckers orientiert und momentan kein oder ein falscher Druckertreiber aktiv (d.h. in der Systemsteuerung als Standard gesetzt) ist. Probieren Sie es aus: Installieren Sie den Treiber «Universal – Nur Text» in Ihrem System und wählen Sie diesen als Standard. Word wird keine der Formatierungen mehr anzeigen. Kennt man diese Verhaltensweise, kann man sie sich zu Nutze machen: Besitzt man beispielsweise eine Anwendung, die nützliche Informationen bietet, es aber nicht erlaubt, diese auf Festplatte zu speichern, kann man die Druckfunktion für diesen Zweck missbrauchen. Man wählt den eben erwähnten Treiber «Universal/Nur Text» erzeugt und druckt nicht an einen Drucker, sondern in eine Datei. Nun müssen Sie nur noch die hässlichen Steuerzeichen aus der Druckdatei entfernen und schon haben sie die gewünschten Infos als ANSI-Text verfügbar.

Profis würden in Dateien drucken

Der Trick, nicht direkt an einen Drucker, sondern in eine Datei zu drucken, ist äusserst hilfreich in vielen Lebenslagen. Er ermöglicht es, flexibel Dateien auf fremden Druckern auszugeben, ohne dass diese am eigenen Gerät hängen. Desktop-Publishing-Profis geben ihre Daten oft als Druckdatei zum Belichter, weil ihnen das vielerlei Sorgen abnimmt: Verfügt der Belichter über alle verwendeten Schriften? Besitzt der die gleichen Programme in derselben Version wie ich? Wurden alle Grafiken mitgeliefert) An all diesen Punkten kann ein Druckauftrag scheitern, wenn Sie das Dokument und nicht die Druckdatei abgeben. Auch dem eingangs erwähnten Winword-Problem schlagen Sie auf diese Weise elegant ein Schnippchen. Wenn sie bei sich zu Hause denjenigen Druckertreiber installieren, mit dem das Dokument am Schluss ins Reine gedruckt wird, und diesen beim Editieren eingestellt haben, dann wird’s keine bösen Überraschungen und völlig «versaute» Umbrüche geben. Sie können auf diese Art beispielsweise auch leicht ein Dokument auf dem Farb-Inkjet oder -laserdrucker Ihres Arbeitskollegen ausdrucken, ohne dass dieser nun alle Ihre Anwendungen und Fonts installieren muss.

Spielen Sie den entsprechenden Treiber auf Ihr System, drucken Sie in ein Printfile und schicken Sie dieses auf den Drucker Ihres Kollegen. Und so drucken Sie in eine Druckdatei: Installieren Sie den entsprechenden Druckertreiber und verbinden Sie diesen dann nicht mit einer Schnittstelle, sondern mit einer Datei. Aktivieren Sie hierzu zuerst (unter Windows 95/NT) den Eigenschafts-Dialog des entsprechenden Druckers («Arbeitsplatz» – «Drucker» – und dann ein Rechtsklick auf das Ikon). Wählen Sie dann im Reiter «Details» unter «Anschluss für die Druckausgabe» den Eintrag «FILE: (Erstellt eine Datei)». Nun werden Sie, wenn Sie den Druckbefehl anwählen, mit einer Dialogbox konfrontiert, bei der Sie Speicherort und -namen der Druckdatei angeben können. Diese Datei kann dann sogar vom DOS-Prompt aus auf dem entsprechenden Gerät ausgedruckt werden. Geben Sie dafür an der Kommandozeile

COPY A: i TEST.PRN /B PRN

ein, um eine Druckdatei mit dem Namen «Test.PRN» von Diskette auszudrucken. Während bei billigeren Geräten der Datenverkehr zwischen Drucker und Druckertreiber in einer eigenen, nichtnormierten «Sprache» stattfindet, arbeiten teurere Geräte mit PostScript. Dies

bietet verlässliche Qualität. Es kann also nicht passieren, dass gewisse Formatierungen beim Druck nicht berücksichtigt werden. Ärgerliches Beispiel hierfür: Ein Brother-Laserdrucker HL-660 (ohne Post-Script) ignoriert manuelle Änderungen der Buchstabenbreite. Zum zweiten sind solche PS-Druckdateien auch portabel: Eine Druckdatei für einen Linotronic-Belichter läuft auch auf einem Lexmark-Laserdrucker und auch vor fremden Betriebssystemen ist kein Halten. PostScript-Code kann unter Unix, Macintosh und Windows gleichermassen verwendet werden. Auch bei den Druckertreibern haben Besitzer von postscript-tauglichen Ausgabegeräten mehr ’ Freiheiten. Neben dem Treiber des Hersteller s kann auch der Druckertreiber vom PostScript-Erfinder Adobe eingesetzt werden. Trotz seiner Universalität kann dieser Treiber exakt auf die technischen Möglichkeiten (Papierschächte, Speicherausbau, Duplexfähigkeit etc.) eines jeden PostScript-Druckers eingestellt werden. Dies erfolgt über sogenannte PPDs («PostScript Printer Description») – ASCI-Steuerfiles –, in dem alle Parameter des entsprechenden Ausgabegeräts definiert sind. Dieses Konzept mutet nachgerade genial an: Für ein neues Druckermodell muss kein eigener (meist doch recht grosser) Treiber programmiert und installiert werden – es reicht, ein entsprechendes PPD zu erstellen. Ausserdem ermöglicht er es dem Anwender, das PPD für seinen Drucker zu modifizieren: Optionen können ausgeblendet und Parameter den eigenen Bedürfnissen (natürlich innerhalb der Hardwaremöglichkeiten) angepasst werden. Praktisch für Systembetreuer, die den Anwendern das Leben leichter machen möchten, indem sie ihnen ein massgeschneiderten Druckertreiber zur Verfügung stellen, der nur die für die jeweilige Aufgabe relevanten Einstellungen enthält.)

PS-Driver 4.1 f: Hilf Dir selbst, dann hilft Dir Adobe

Die aktuelle Version des «Adobe-PS- Drivers» ist 4.11 und diese bietet in vielen Fällen mehr Optionen als der Treiber des Hardwareherstellers. Erst noch äusserst nützliche – genannt seien en passant folgende: Ausgeklügelte Duplex- Funktionen, Mehrseitendruck (je nach Wahl können zwischen zwei und sechzehn Seiten platzsparend auf einem Papier gedruckt werden). Seiten können skaliert, invertiert und gespiegelt werden – alles Funktionen, die für die professionelle Ausgabe unerlässlich sind. Natürlich lassen sich auch die Hardwareparameter anpassen: Welche Papierschächte sind eingebaut, wieviel Memory sitzt im Gerät, welche Verbindungen werden unterstützt etc. Der Treiber unterstützt «Watermarks», d.h. er hinterlegt Dokumente mit Wasserzeichen wie «Vertraulich», «Dringend» oder ähnliches, womit es ein Einfaches ist, jedem schmächtigen Brieflein den Anstrich von Wichtigkeit zu verleihen. Echt nützlich ist die Schriftenersetzungstabelle, die es einem ermöglicht, TrueType-Schriften durch Type 1- Schriften substituieren zu lassen – und zwar gemäss den eigenen Vorstellungen; die Tabelle ist leicht konfigurierbar. Besonderes Augenmerk sollte man bei der Konfiguration dem Reiter «PostScript» schenken. Hier kann man die maximale Kompatibilität des erzeugten

PostScript-Codes sicherstellen, indem man unter «PostScript output format» «PostScript (optimize for portability ADSC) – ADSC)» wählt. Unter «Advanced» kann man weiter an den Einstellungen «schräubeln», um den Treiber besonders gezielt auf die bevorstehende Aufgabe einzurichten: Unter «Data format» wird man, wenn man auf ein fremdes Gerät geht, «ASCII data» wählen – denn damit ist der erzeugte Code platt- formübergreifend verwendbar. Für die Ausgabe auf älteren Geräten wird man vorsichtshalber die Funktion «Use PostScript Level 1 features» ankreuzen und die «Bitmap compression» ausschalten.

Verborgene Perlen

Im bereits erwähnten Feld «PostScript output format» verbirgt sich übrigens eine echte Perle: Die Option «Encapsulated PostScript» nämlich. Hat man diese Einstellung gewählt, erzeugt der Druckertreiber keinen druckbaren PostScript-Code, sondern ein EPS. Dieses lässt sich dann in verschiedensten Anwendungen wie eine normale Grafik einbinden und ausdrucken – u.a. in WinWord, PageMaker oder Quark XPress. Als Besitzer von Adobe l llustrator können Sie eine solche Datei sogar öffnen und editieren. Mit dem Wissen um diese Option stellen fehlende Importfilter zukünftig kein Problem mehr dar. Müssen Sie eine Powerpoint-Folie, eine ausgeklügelt formatierte Excel-Tabelle oder eine Corel-Grafik in Programm übernehmen, das keinen r nur eine A mangelhaften Importfilter f ü r das gewünschte Format besitzt? Erzeugen Sie mittels Adobe-PostScript-Treiber und der beschriebenen Option eine EPS-Grafik und Sie sind gerettet! Es empfiehlt sich übrigens, für solche Aufgaben einen eigenen «Drucker» im System einzurichten: Wählen Sie als Basis ein passendes PPDs – wir empfehlen «Colour General», welches sich für Exportaufgaben eignet und auch keine Umwandlung in Graustufen durchführt – und fügen mittels Adobe-Setup-Programm einen Drucker hinzu. Wählen Sie dann unter Eigenschaften die entsprechenden Optionen aus, und speichern sie den virtuellen Drucker unter einem sprechenden Namen («EPS exportieren» o.ä.). Nun müssen Sie für diese Aufgabe jeweils nur noch diesen Drucker wählen. Das Hantieren mit Optionen entfällt und Sie haben dafür ein paar freie Minuten für ein Schwätzchen mit Ihrem Lieblings-Bürokollegen. Als Besitzer eines aktuellen Adobe-Programms finden Sie den «Adobe-PS-Driver 4.11» auf der Programm-CD.

Zudem können Sie eine Adobe-Demo-CD bestellen, die die aktuelle Vollversion des Treibers enthält. Sie erhalten die CD gegen eine Schutzgebühr von 25 Franken (+ Versandspesen) bei der User Group for Adobe Products (UGAP), Flüelastrasse 47, 8047 Zürich, Tel 01 401 40 41. Die schlechte Nachricht zum Schluss: Der Treiber existiert noch nicht für Windows NT.

Quelle: M+K Computer-Markt, Montag, 1. Dezember 1997

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Thema: Computerfitness Druckertreiber
Nr: 185
Ausgabe: 97-12
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