Freienstein: Jahresbericht 1991 des Schulheims

«Wir Freiensteiner sind Teil der Welt»

Vor einigen Tagen ist der Jahresbericht 1991 des evangelischen Schulheims Freienstein erschienen, ein lebendig gestaltetes Büchlein mit dem Titel «Der Freiensteiner», das neben den Zahlen der Jahresrechnung auch Beiträge von Heimleitung, Mitarbeitern und Schülern enthält. Denn, wie Ueli Merz, der Präsident der Trägerschaft sagt: «Nicht beachtet werden entmutigt und kränkt. In unserem Heim geht es aber um das Gegenteil, um Ermutigung, um Aufbau von Selbstwertgefühl und Zuversicht.» Deshalb sollen alle Mitglieder der «kleinen Gemeinschaft auf Zeit» etwas von sich hören lassen und die Öffentlichkeit auf das Heimleben aufmerksam machen.

(scm) Das evangelische Schulheim «Auf dem Freienstein» nimmt seit 154 Jahren Schüler auf, die in ihrem Verhalten so beeinträchtigt sind, dass sie nicht im Rahmen der öffentlichen Schule ausgebildet werden können. Der Aufenthalt auf dem Freienstein soll die Kinder auf ein eigenständiges Leben in der Gesellschaft vorbereiten und sie ihren Fähigkeiten entsprechend fördern. In vier Wohngruppen leben sieben bis neun Kinder mit vier Erwachsenen zusammen. In Kleinklassen wird der Stoff der Unterstufe, Mittelstufe oder Realschule vermittelt, weiter werden die Kinder therapeutisch und kinderpsychiatrisch/-psychologisch betreut.

«Ein gutes Jahr»

Im grossen und ganzen sei es ein gutes Jahr gewesen, meint Heimleiter Guido Roppel und lässt 1991 noch einmal Revue passieren: Die Grippenwelle Anfang Jahr…, das Skilager…, die austretenden Schüler, die entweder eine Lehre beginngen, in die öffentliche Schule übertreten, in ein anderes Heim wechseln oder aber nach Hause zurückkehren können…, der Vizemeistertitel des Fussballclubs «freestone f.c.» in dieser Saison…, der Tauchkurs und das Tauchlager auf der Insel Elba…

Heimliche Erzieher

«Spielsachen, die heimlichen Erzieher» – so lautet das Thema, zu dem sich der Heimleiter, aber auch ein Schüler im «Freiensteiner» äussern. Guido Roppel: «Kinder brauchen gute Spielsachen, um sich intensiv mit ihrer Welt, auch eine dem Kind gerechte, konstruktive Weise auseinandersetzen zu können.» Doch nicht alle Spielsachen würden diesem Anspruch gerecht, so zum Beispiel hochelektronische Computerspiele wie der «Gameboy». In unserer zunehmend kinderfeindlichen, kargen Umwelt sei die Gefahr gross, dass das Kind in zunehmendem Mass lerne, Erlebnisse am «Gameboy»-Bildschirm zu konsumieren, anstelle selber Abenteuer zu erleben. «Am wichtigsten erscheint es mir, dass es uns gelingt, den Kindern echte Erlebnisbereiche als wichtiges Gegengewicht zu solchen Konsumerlebnissen zu schaffen. Dann werden die Kinder sicher die Alternative, sich aktiv in verschiedenen Bereichen zu betätigen, dem einsamen Spiel vorziehen», heisst es im Artikel.

Unbezahlbarer Freund

Der sechzehnjährige Heimbewohner Markus Espenlaub ergänzt: «Sinnvolle und gute Spiele sind meiner Meinung nach solche, die auf die Praxis bezogen und spannend sind und die positiven Eigenschaften fördern.» Gar nicht gefallen ihm unrealistische Dinge, «Barbie»-Puppen mit Ferrari und ihr männlicher Freund. Denn – wie Markus in seinem «Freiensteiner»-Artikel schreibt – ein guter Freund ist etwas Unbezahlbares.

Es ist offensichtlich, dass sich die Freiensteiner mit der Welt auseinandersetzen. Nochmals Ueli Merz: «Ja, unsere Freiensteiner sind Teil der Welt und müssen sich mit ihr auseinandersetzen. Unterstützen wir sie dabei.»

Quelle: Der Landbote, Dienstag, 21. Juli 1992

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Thema: Schulheim Jahresbericht
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