Die Techniktrends müssen dieses Jahr am Bildschirm bestaunt werden

Consumer Electronics Show Pandemiebedingt findet die Hightech-Messe in diesem Jahr nur als Streaming-Event statt. Das ist für den Veranstalter ein Problem – das Publikum erhält trotzdem einen umfassenden Überblick.

Matthias Schüssler

Die CES in Las Vegas ist die wichtigste Technikmesse der Welt, die jeweils Anfang des Jahres einen Einblick gibt, welche Trends die Hersteller für wichtig erachten und mit welchen Produkten sie die Käufer anlocken wollen. Dieses Jahr findet die CES nur virtuell statt. Das verunmöglicht es, die spannendsten Gadgets real in Augenschein zu nehmen.

Das ist sowohl für die Veranstalter als auch fürs Publikum ein Nachteil. Doch allen Corona-Widrigkeiten zum Trotz gibt die CES auch dieses Jahr einen Überblick über die Tech-Trends, die uns im neuen Jahr erwarten:

— Der Fernseher, der sich wölbt

Zu den wohlgelittenen Gästen in Las Vegas zählen die Fernsehhersteller, deren Produkte sich für den persönlichen Augenschein besonders gut eignen. Auch dieses Jahr werden die Fernseher noch heller und kontrastreicher. Mehrere Hersteller, darunter Samsung und LG, zeigen zu diesem Zweck Fernseher mit 4k- und 8k-Auflösung sowie Hintergrundbeleuchtung durch Mini-LEDs. Samsung will ausserdem die Fernbedienung umweltfreundlicher machen: Dazu werden ein gewisser Anteil an rezykliertem Plastik sowie Solarzellen in die Fernbedienung eingebaut, um den Batterieverbrauch zu reduzieren.

Und während letztes Jahr ein rollbarer Fernseher der grosse Star der Messe war, stellt LG dieses Jahr ein Modell vor, dessen Bildschirm sich auf Knopfdruck wölbt: Im planen Modus dient er als normaler Fernseher, durchgebogen als Monitor fürs Gamen.

Noch spektakulärer ist allerdings der durchsichtige Bildschirm von LG: Das Oled-Panel mit 55 Zoll Durchmesser erzielt eine 40-prozentige Transparenz, sodass das Bild vor dem Hintergrund zu schweben scheint. LG produziert seit einiger Zeit transparente Panels für digitale Informationstafeln in öffentlichen Räumen. Doch es gibt auch eine Variante, die im Fussende eines Betts steckt und bei Bedarf hochgefahren werden kann.

— Virenkiller für zu Hause

«Viele Hersteller springen auf den Pandemiezug auf», stellte das Fachmedium Cnet.com in Aussicht: Rund um Covid-19 ist mit unzähligen Gadgets zu rechnen, mit denen die Luft gereinigt, Keime und vor allem Viren abgetötet und berührungslos mit dem vernetzten Zuhause interagiert wird.

Cloi UV ist ein Robotervon LG, der sich selbstständig fortbewegt und mithilfe von ultraviolettem Licht stark frequentierte Bereiche von Viren befreit. Er ist aber nicht für den privaten Einsatz, sondern für Gastgewerbe, Bildungswesen und Unternehmen vorgesehen.

Die Unterhaltungsindustrie ist bemüht, den zu Hause festsitzenden Menschen das Leben so angenehm zu machen, wie das mit technischen Mitteln möglich ist. Zu diesem Zweck wurde eine Vielzahl an neuen Fernsehern, Unterhaltungsboxen und Soundbars angekündigt.

— Die WLAN-Revolution

Wi-Fi 6 ist der neue Standard fürs WLAN, der heuer breit eingeführt werden soll: Viele neue Smartphones, Laptops, Fernseher und Router werden damit ausgestattet sein, und einige davon werden hier bereits virtuell vorgestellt.

Der neue Standard soll mehr Tempo und auch mehr Zuverlässigkeit bringen, was insbesondere daran liegt, dass Geräte neu auch das 6-Gigahertz-Band verwenden können – diese werden mit der Kennung Wi-Fi 6E bezeichnet. Der neue Frequenzbereich löst das Problem, dass die bisherigen Bänder inzwischen oft so stark benutzt sind, dass es zu Störungen kommt.

Die Wi-Fi Alliance ist die Zertifizierungsstelle für Produkte, die den Drahtlosfunkstandard verwenden, und sie liess verlauten, das sei die grösste Verbesserung seit 20 Jahren. Die neuen Frequenzen müssen erst noch zugelassen werden, aber gemäss dem Bundesamt für Kommunikation wird das in der Schweiz und in Europa im Verlauf des Jahres geschehen.

Daneben ist an der CES 2021 auch 5G weiterhin ein grosses Thema, wobei es neben den neuen 5G-tauglichen Geräten auch um die Einsatzgebiete geht.

— Konzepte fürs Autocockpit

Seit einiger Zeit sind die Autohersteller an der Messe mit ihren Unterhaltungs- und Bediensystemen und Zukunftskonzepten präsent. Der Trend geht hier zu Riesen-Bildschirmen, die die klassischen Instrumente ablösen. Ein Beispiel ist der MBUX Hyperscreen von Mercedes, der das ganze Armaturenbrett abdeckt. Damit wird darauf reagiert, dass Kunden ihre Autos immer weniger nach den Leistungsdaten, sondern immer häufiger aufgrund der digitalen Funktionen auswählen.

— Rollbare Handydisplays

In den letzten zwei Jahren waren die Falthandys ein grosser Trend. Dieses Jahr erscheinen erste Prototypen der Mobiltelefone mit ausrollbarem Display. Die chinesischen Hersteller TCL und Oppo arbeiten an solchen Modellen, ebenso das südkoreanische Unternehmen LG, dessen LG Rollable sich auf Tablet-Grösse ausdehnen lässt.

Bei den ganz klassischen digitalen Gadgets, den Computern, wartet Lenovo mit einer ganz konkreten Produktankündigung auf: Das Idea Pad 5G ist ein 14-Zoll-Notebook, das per Mobilfunknetz mit dem Internet verbunden werden kann, 5G unterstützt und bereits bestellbar ist.

Mit dem Yoga AIO 7 lanciert der chinesische Hersteller zudem einen All-in-one-PC mit 27-Zoll-Bildschirm und 4K-Auflösung, der sich von derwaagrechten Position in die Vertikale drehen lässt.

Infos zu den Referaten finden Sie auf der CES-Website.

Aus der Publikumsveranstaltung CES mit Zehntausenden von Besuchern ist eine reine Fernsehshow geworden. Fotos: PD

Der Roboter Cloi UV von LG bekämpft Viren mit UV-Licht.

Netgears Nighthawk RAXE500 ist der erste Wi-Fi-6E-Router.

Riesiges Armaturendisplay, das im Mercedes EQS verbaut wird.

Gefahr für Veranstalter: Bei Erfolg könnten Aussteller abspringen

Die CES hat sich in ihrer über 50 Jahre alten Geschichte zu einer Tech-Show der Superlative gemausert. Während 1967, damals noch in New York, um die 17’500 Besucher anwesend waren, fanden sich 2020 mehr als 170’000 Teilnehmer, darunter 6500 Journalisten, in Las Vegas ein, um die Produkte zu sehen, die von den 4400 Ausstellern präsentiert wurden. Dieses Jahr ist pandemiebedingt alles anders: Die Messehallen bleiben leer. Stattdessen findet die Veranstaltung vom 11. bis 14. Januar rein virtuell statt. Was das Gadget-Portal «Engadget» zum Kommentar verleitete: «Stürzt euch in eure Trainingshose, die virtuelle CES fängt gleich an!»

Gestreamte Veranstaltungen sind ein bescheidener Ersatz für einen Vor-Ort-Besuch. Die CES war äusserst beliebt, weil es Prototypen zu sehen und erleben gab, die es entgegen den Ankündigungen der Hersteller nur mit grosser Verzögerung oder überhaupt nie in den Handel schafften.

Dem Veranstalter drohen nun neben den Einnahmeausfällen noch weitere Probleme: Wenn die Aussteller mit ihren virtuellen Auftritten zufriedensind, werden sie sich künftig ihre Teilnahme vor Ort zweimal überlegen, zumal die Kosten dafür horrendsind. Für 2022 kündigte Messechef Gary Shapiro bereits einen hybriden Event an: Neben den Veranstaltungen vor Ort sollten die besten virtuellen Elemente beibehalten werden, erklärte er in einem Interview. (schü.)

Quelle: Tages-Anzeiger, Mittwoch, 13. Januar 2021

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