Schüssler

Kleiner Browser-Entwickler, der Google Paroli bietet

Vivaldi ist einer der erfolgreichsten Browser. Zumindest, wenn man die Funktionsvielfalt als Massstab anlehnt: Dieses Surfprogramm lässt sich auf so vielfältige Weise anpassen, dass die Konkurrenz – Google Chrome, aber auch Firefox, Microsoft Edge und Apple Safari – alt aussieht. Diese Woche erschien die Version 6 des Browsers, mit der die Anpassbarkeit auf die Spitze getrieben wird.

Die flexible Oberfläche ist die Stärke dieses Browsers. Die Leiste mit den Reitern für alle geöffneten Websites ist bei den Browsern traditionell am oberen Rand zu finden. Bei Vivaldi lässt sie sich auch links, rechts oder unten andocken. Die seitliche Platzierung ist auf grossen Monitoren praktisch. In Vivaldi sortieren Sie Websites nach Arbeitsbereichen: So trennen Sie private Dinge und Berufliches. Sie können für Projekte oder bestimmte Recherchen eigene Arbeitsbereiche anlegen oder News und soziale Medien auslagern. Das ermöglicht es, viele Websites offen zu halten und sich dennoch auf eine bestimmte Sache zu konzentrieren.

Auch die Stacks helfen dabei, die Übersicht zu wahren. Durch das «Stapeln» organisieren Sie Reiter zu einer Gruppe, deren Inhalt nur im geöffneten Zustand sichtbar ist. Das klingt verwirrend, erschliesst sich beim Ausprobieren jedoch schnell: Stellen Sie sich einen Arbeitsbereich für «News» vor, in dem es Stacks für Ihre Hauptmedien, für Magazine und für Spezialinteressen gibt. Diese Sortierung bleibt beim Neustart erhalten. Wenn Sie am Morgen den Browser öffnen, müssen Sie keine Adressen aufrufen, sondern Sie blättern sich einfach durch den Arbeitsbereich.

Die neue Version 6 ist auch bei der Optik anpassungsfähig. Die «Themen» bestimmen die Farbgebung, den Hintergrund und die optische Erscheinung. Sie wählen aus vorgefertigten Themen oder konfigurieren die Darstellung mittels Editor nach Ihren Wünschen. Neuerdings lassen sich sogar die Icons anpassen. Es gibt eher unauffällige Looks und solche mit mehr Pep – und eine Retrovariante, die das Erscheinungsbild von Windows 95 imitiert.

Doch so vielseitig der Browser auch ist: Gemessen am (kaum messbaren) Marktanteil ist er ein Versager. Und ja, Vivaldi ist anspruchsvoll. Es ist aber auch eine Tatsache, dass gegen die Marktmacht von Google, Microsoft und Apple nur schwer anzukommen ist. Auch der bekannteste unabhängige Browser, Firefox, ist auf dem Rückzug. Immerhin geben sich Microsoft und Apple Mühe, ihre Browser zu verbessern. Von Google lässt sich das nicht behaupten: Chrome ist trotz des höchsten Marktanteils inzwischen der schlechteste Browser von allen.

Darum haben die «Underdogs» eine Chance verdient: Probieren Sie es mit Vivaldi, den Sie gratis von Vivaldi.com herunterladen und auch parallel zu Ihrem angestammten Browser verwenden können. Übrigens: Falls Ihnen eine Ähnlichkeit zum Opera-Browser auffällt, der schon 1994 auf den Markt kam und zu den Urgesteinen des Web zählt, dann kommt das nicht von ungefähr: Vivaldi wird seit 2016 von Jon von Tetzchner entwickelt. Der Isländer war Mitbegründer des Unternehmens hinter Opera.

Matthias Schüssler ist Digitalredaktor der SonntagsZeitung.

Quelle: Sonntagszeitung, Sonntag, 23. April 2023

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