Kritik an Microsoft und Google

Spam Datenschützer Max Schrems behauptet, die Konzerne würden gegen EU-Recht verstossen.

«Es ist eine bodenlose Frechheit, was der grosse Softwareanbieter mit uns Kleinkunden macht. Bill Gates soll dafür in der Hölle schmoren», schrieb im April 2022 ein erboster Leser: Er verwendet Microsofts Maildienst Outlook.com und hat dort in seinem Posteingang eine Nachricht gefunden, die ihn zu einem «Upgrade seines Kontos» auffordert.

Die Nachricht stammt von Microsoft selbst und ist als «eine neue Art der Werbeanzeige» gekennzeichnet. Es handelt sich aber nicht um eine normal zugestellte Nachricht, sondern um ein als E-Mail getarntes Werbebanner direkt im Posteingang. Das Entfernen über das Papierkorbsymbol würde nichts helfen, ergänzt der Leser noch.

Bill Gates ist wahrscheinlich nicht schuld

Die Wut des Lesers auf Microsoft ist verständlich – auch wenn die Verwünschung von Bill Gates etwas überzogen scheint, zumal dieser seit 2007 nicht mehr fürs operative Geschäft zuständig ist. Doch diese «neue Art der Werbeanzeige» erinnert sehr an die klassische Form des Spams – und das vom Hersteller selbst. Sie ist kein Zufall: In den letzten Tagen gab es auf Twitter Reklamationen darüber, dass auch in den mobilen Apps Werbung auftaucht, die wie E-Mails gestaltet ist.

Betroffen sind bei Microsoft Kunden, die Outlook.com gratis nutzen. Wer ein Abo für Microsoft 365 hat (vormals Office 365), bleibt verschont.

Diese Werbeform ist aufdringlich, und sie widerspricht Gesetzen gegen Spam, die es in der EU und auch in der Schweiz gibt. Auch Google steht ihretwegen in der Kritik. Ein österreichischer Datenschutzverein hat letzte Woche bei der französischen Datenschutzbehörde CNIL Beschwerde gegen den Suchmaschinenkonzern eingereicht. Beschwerdeführer ist die Bürgerrechtsorganisation Noyb. Sie wurde von Max Schrems mitbegründet. Der Aktivist konnte bereits mehrere Urteile gegen Facebook und die US-Techkonzerne erwirken.

Die Datenschützer kritisieren, mit der neuen Methode würden eine zweite Art von Spam entstehen: «Während Google Mail die meisten externen Spam-Nachrichten erfolgreich in einen separaten Spam-Ordner verschiebt, werden die unerwünschten Spam-Nachrichten von Google direkt an den Posteingang der Nutzerinnen gesendet. Dadurch wird der Eindruck erweckt, dass diese E-Mails oder Dienste abonniert wurden, obwohl in Wirklichkeit keine Zustimmung der Nutzer vorliegt», erläutert Noyb.

Dem Protest der Datenschützer zum Trotz dürfte das erst der Anfang einer Werbeoffensive der Techkonzerne sein: Das Microsoft-Portal hat im März in einer Testversion von Windows 11 ein Werbebanner im Datei-Explorer entdeckt. Gemäss «Bloomberg» lässt auch Apple entsprechende Testballone steigen: In der (hierzulande nicht verfügbaren) Nachrichten-App gibt es bereits solche Werbung, ebenso im App Store. Als Nächstes könnte Werbung in der Karten-App auftauchen, spekuliert der Artikel.

Matthias Schüssler

Quelle: Tages-Anzeiger, Mittwoch, 31. August 2022

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