Windows 98 mit Farbmanagement

Ein unscheinbarer Reiter, eingeklinkt in den «Eigenschaften der Anzeige»-Dialog der Systemsteuerung, kündigt davon: Windows kann nun Farbe managen. Ein weiteres DTP-Feature des neuen Windows: Multiple Display Support. Nun können auch die Windows-Desktopper die vielen Illustrator-Paletten auf einem separaten Monitor anordnen, so wie man’s auf dem Mac schon lange macht.

Wirklich epochemachende Neuerungen bringt Windows 98 keine. Das Hauptfeature, die Verknüpfung von Internet Explorer und Datei-Explorer kennt man bereits. Und dieses ist bei den vielen Netscape-Fans eh kein Argument fürs Update. Eine andere Neuerung, weniger beworben und ins Scheinwerferlicht gezerrt, ist für die Desktop Publisher weit wichtiger. Windows 98 bringt nun von Haus aus ein CMS mit, welches ICC-2.0-Profile systemweit verfügbar macht. Damit ist der Weg für diese Technologie geebnet: ICM 2.0. Künftige Versionen von Layoutprogrammen, Pixel- und Vektoreditoren werden auch Windows-seitig auf ICC setzen und proprietäre Lösungen in den Hintergrund drängen.

Erstmals CMYK-tauglich: ICM 2.0

Zur Präzisierung: Schon Windows 95 hat Farbmanagement-Schnittstellen unter der «Motorhaube». Die ICM-Engine 1.0 ist aber für die Verarbeitung von RGB ausgerichtet.

ICM 2.0 (Image Color Matching), wie es in Windows 98 eingebaut ist und auch in Windows NT 5.0 enthalten sein wird, leistet drei Dinge:

  • Es gleicht Farben verschiedener Geräte (Scanner, Monitore) ab.
  • Es führt Konvertierungen der Farbinformation von einem Farbraum in einen anderen (z. B. von RGB in CMYK) durch.
  • Es ermöglicht farbechte Darstellung am Bildschirm und beim Ausdruck. Das erlaubt Farbkorrektur am Schirm.

ICM 2.0 unterstützt im Vergleich zur Vorgängerversion mehr Farbräume: Also neben RGB auch CMYK und den geräteunabhängigen Farbraum CIELAB. Darüber hinaus gibt es auch Unterstützung für bis zu acht Zusatzfarben (HiFi-Color). Microsoft hat dazu von Linotype Hell AG den Industriestandard LinoColor CMM (Color Management Module) lizensiert. Daher ist ICM 2.0 kompatibel zu anderen Plattformen – «ein wichtiger Faktor, wenn man bedenkt, dass im Farbpublishing-Prozess verschiedene Plattformen zum Einsatz kommen», wie Microsoft mit unerwarteter Einsicht schreibt. Microsoft wünscht, dass alle Hardwarehersteller von «Windows-kompatibler» Peripherie ICC-Profile mitliefern, damit diese einfach ins Windows-eigene Farbmanagement eingebunden werden können.

Glasnost in Sachen Farbe

Laut Microsoft ist die Konfigurierung von ICM 2.0 komplett transparent möglich. Im ganzen Verarbeitungsprozess sei so Farbkonsistenz gewährleistet, schreibt Microsoft in den White Papers zum CMS.

Ausserdem sind die Programmierschnittstellen laut Eigendeklaration leicht zu benützen: Anwendungsentwickler hätten es somit leicht, die APIs für eigene Programme zu nutzen.

Profil oder kalibriertes RGB

Damit die Farbechtheit zwischen Eingabe- (z. B. Scanner) und Ausgabegerät (z. B. Monitor) gewährleistet ist, können ICC-Profile direkt ins Bild eingebettet werden. Allerdings: Nicht überall ist dieser zusätzliche «Ballast» gewünscht, und nicht jedes Bildformat unterstützt eingebettete Profile. Speziell Webgrafiken bieten diese Möglichkeit nicht. Daher hat Microsoft zusammen mit Hewlett-Packard einen neuen Farbraum geschaffen: sRGB. Dieses «kalibrierte RGB» ermöglicht sichere Übermittlung im Internet ohne den zusätzlichen Wasserkopf, wie ihn ein eingebettetes Profil erzeugt. Rückwärtskompatibilität ist ebenso gewährleistet wie eine gute Qualität. Dieser Farbraum eignet sich für Monitore, Fernsehen, Scanner, Digitalkameras und Drucksysteme und scheint wegen der Kostengünstigkeit auf allgemeine Akzeptanz zu stossen.

sRGB: Auch Farbraum des Webs

Auch das World Wide Web Consortium (W3C) hat sRGB in die Spezifikationen aufgenommen. sRGB ist der Standardfarbraum für HTML 3.2 und die Cascading Style Sheets (CSS). sRGB soll in künftigen Windows-Versionen der Standardfarbraum sein. Somit kann man dann zu jedem Zeitpunkt davon ausgehen, dass die Farbe eines Bildes eindeutig und konsistent definiert ist: Entweder besitzt das Bild ein eingebettetes ICC-Profil. Wenn nicht, geht man davon aus, dass es sich um sRGB handelt.

Bis vier Bildschirme für ein Windows

Ein weiteres DTP-Highlight ist die Unterstützung mehrerer Bildschirme. In Zeiten, in denen die Symbolleisten und Toolboxes grösser sind als das Dokumentenfenster, ist die Expansion des Desktops via zusätzlichen Monitor eine verlockende Alternative. Wenn man bei der Wahl der sekundären Grafikkarte eine gute Wahl trifft, kann man unter «Eigenschaften der Anzeige» im Reiter «Einstellungen» mittels Maus die Monitore so anordnen, dass der Windows-Desktop sich ihren Wünschen gemäss auf den beiden Monitoren verteilt. Wenn nicht – dann nicht. Nur wenige Grafikkarten sind als sekundäre Adapter geeignet (Modelle von ATI, Cirrus, S3 und Trident – erkundigen Sie sich unbedingt vor einem Kauf!).

Quelle: Publisher, Donnerstag, 2. Juli 1998

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Thema: Microsoft Windows 98
Nr: 227
Ausgabe: 98-3
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