Thalheim an der Thur: Keine Opposition gegen den Werkgebäude-Ausbau an der Gemeindeversammlung

1 079 000 Franken für Werkgebäude bewilligt

Der Gemeinderat war sichtlich überrascht, dass an der Gemeindeversammlung letzten Freitag keine Opposition gegen den geplanten Werkgebäude-Ausbau im Püntenrain aufkam. Bei der Abstimmung gab es zwar Nein-Stimmen, doch die Thalheimer Stimmberechtigten stellten weder einen Rückweisungsantrag, noch brachten sie die Werkstatt der Landwirtschaftlichen Genossenschaft im Oberdorf ins Spiel. Dafür gab die Tatsache zu engagierten Diskussionen Anlass, dass die Schulkinder scheinbar nicht mehr «Grüezi» sagen.

(msc) Die vorletzte Gemeindeversammlung hatte einen schwierigen Entscheid erwarten lassen: Bei der ersten Information über das geplante Werkgebäude, welche damals noch durch alten Gemeinderat erfolgte, wurde das Projekt angegriffen. Der vom Bund bewilligte Investitions-Bonus von 123 000 Franken, welcher nur bei einem Baubeginn vor dem 1. Mai 1995 ausgezahlt wird, habe den Gemeinderat verleitet, ein halbfertiges Projekt vorzulegen. Es stünden billigere Alternativen zur Verfügung, beispielsweise die freiwerdende Werkstadt der Landi Dägerlen-Thalheim, oder das Feuerwehrgebäude, beide zentraler im Dorf gelegen. Ausserdem könnte bei einem Gesamtkonzept auch die seit Jahren zur Diskussion stehenden Alterswohnungen einbezogen werden, oder das Problem des neuen Standorts der Post geklärt werden. Besonders die Höhe der Kosten wurde bemängelt; Thalheim solle darauf bedacht sein, nicht in den Steuerfussausgleich zu gelangen.

Wider Erwarten keine Anträge

So hatte der neue Gemeindepräsident Anton Meier wohl damit gerechnet, schon bei seinem ersten Auftritt vor der Gemeinde eine kontroverse Diskussion leiten zu müssen. Doch offensichtlich überzeugten die Ausführungen von Bauvorstand Peter Wettstein, welcher den Umbau der Liegenschaft Püntenrain vorstellte, die 69 anwesenden Stimmberechtigten, es wurden keine Anträge gestellt, sondern lediglich Präzisierungen verlangt. Der Kredit von 1 079 000 Franken setzt sich aus 777 000 Franken Baukosten und aus einem – rein buchhalterischen – Übertrag vom Finanz ins Verwaltungsvermögen zusammen. Letzterer wird nötig, weil die Liegenschaft nach dem Umbau im Verwaltungsvermögen geführt wird und abgeschrieben werden muss. Ein Anwesender stellte die Frage, ob es nicht sinnvoller wäre, anstelle einer 2½ , eine 3½-Zimmerwohnung zu realisieren, damit auch ein Gemeindearbeiter mit Familie in der Wohnung unterkäme. Wettstein meinte, eine 2½-Zimmerwohnung sei die Maximalvariante, für den Gemeindearbeiter mit Familie stünde ausserdem ja das Wohnhaus zur Verfügung. Zu einer Frage nach Alterswohnungen im Püntenrain sagte der Bauvorstand, denn die notwendige Rollstuhlgängigkeit wären nur mit sehr grossen Mehrkosten zu verwirklichen. Der Kredit von 1 079 000 Franken wurde mit einer deutlichen Mehrheit von 49 gegen 12 Stimmen bei 8 Enthaltungen genehmigt, die Mehrkosten von 63 000 Franken für den Einbau einer Schnitzelheizung wurde einstimmig akzeptiert, die Abstimmung über die ½-Zimmerwohnung endete mit 50 Ja gegen 10 Nein (9 Enthaltungen).

Die laufende Rechnung der Gemeinde schliesst mit einem Ertragsüberschuss von 51 500 Franken – budgetiert worden war ein Rückschlag von 96 000 Franken. Möglich machte dieses angenehme Resultat die restriktive Ausgabenpolitik, überdies mussten keine Abschreibungen vorgenommen werden, da sämtliche Investitionen mit Gebühren und Beiträgen gedeckt werden konnten. Ein Sorgenkind bleibt die Wasserversorgung, hier blieb trotz Gebührenerhöhung ein Defizit von knapp 20 000 Franken. Die Grundgebühr wird deshalb nochmals um 10 auf 50 Franken steigen. Die Investition schliesst bei einem Gesamtaufwand von 224 000 Franken mit einem Vorschlag von 243 000 Franken. Die Stimmbürger bezeugten einstimmiges Einverständnis. Ebenso angenommen wurde die «Laternengarage-Verordnung», welche Privatfahrzeuge, die keinen Parkplatz nachweisen können, gebührenpflichtig macht. Die RPK stellte den Antrag, die monatlichen Gebühren auf 25, resp. 50 Franken für Fahrzeuge über 750 Kilogramm zu reduzieren, unterlag aber mit 42 gegen 18 Stimmen. Die Gebühren betragen nun 30, resp. 60 Franken. Die Steuerkommission und das Wahlbüro wurden gemäss dem Vorschlag des Gemeinderates gewählt.

Schulgemeinde

Die beiden Bauabrechnungen der Schulgemeinde wurden einstimmig genehmigt. Die Bauabrechnung über den Kindergarten schliesst bei Bruttokosten von 1 174 000 Franken mit Mehrkosten von 28 000 Franken; der zugesprochene Staatsbeitrag ist 13 500 Franken. Die Renovation und der Umbau der Mehrzweckhalle kostete 1 456 000 Franken, hier sind Kostenüberschreitungen von 62 000 Franken festzustellen. In der Abrechnung ist ein Staatsbeitrag von 150 000 Franken allerdings noch nicht enthalten. Die Schulgutrechnung weist bei einem Gesamtaufwand von 835 000 Franken gegenüber dem budgetierten Rückschlag von 45 100 Franken einen Ertragsüberschuss von 1700 Franken auf. Das positive Resultat war trotz einem Rückgang des Finanzausgleichs um 46 000 Franken dank fast 100 000 Franken mehr Gemeindesteuern möglich.

Grüezi-Sagen

Die letzte Diskussion, die Oskar Schiess, welcher nach 16 Jahren sein Amt als Schulpflegepräsident abgibt, mit der Gemeinde führte, hatte das Betragen der Schüler zum Inhalt: «Die Kinder sagen nicht mehr ‹Grüezi›, sondern blicken nur geradeaus», beanstandete ein Anwesender und sprach damit ein akutes Problem aus. Eine ältere Frau doppelte nach: «Wir sind doch nicht in der Stadt!» Oskar Schiess stimmte grundsätzlich zu, doch er stellte fest, dass dies wohl nur Zeichen einer allgemeinen Entfremdung und Individualisierung sein. Jedenfalls das «Grüezisagen» offensichtlich ein brennenderes Thema als der Millionenkredit fürs Werkgebäude.

Die Kirchgemeindeversammlung hatte zwei Ersatzmitglieder in die RPK zu wählen, da das Gesetz zwingend vorschreibt, dass alle fünf Mitglieder evangelischer Konfession sein müssen. Gewählt wurden Ingrid Grob und Ruth Benz. Auch in der Kirchengutsrechnung sticht ein Ertragsüberschuss von 9000 Franken ins Auge, weil die Gemeindesteuern den budgetierten Betrag um 16 000 Franken überstiegen, musste nicht der Aufwandüberschuss von 16 000 Franken vermeldet werden.

Quelle: Der Landbote, Montag, 27. Juni 1994

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Thema: Gemeindeversammlung
Nr: 63
Ausgabe: 94-147
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